«Eine ganz wichtige erste Hilfe für KMU»

  30.04.2020 Finanzen, Fricktal

Interview mit dem Regionalleiter Fricktal der Aargauischen Kantonalbank

Den Banken kommt bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen im Zusammenhang mit der Corona-Krise eine wichtige Rolle zu. Sie sollen die Betriebe im Auftrag des Bundes mit Liquidität versorgen. Was bedeutet das für die Banken? Lukas Fässler, Regionalleiter Fricktal bei der Aargauischen Kantonalbank, gibt Auskunft.

Valentin Zumsteg

NFZ: Herr Fässler, arbeiten Sie derzeit im Büro oder im Homeoffice?
Lukas Fässler:
Ich arbeite im Büro. Ich kann die derzeit gültigen Abstands- und Hygienevorschriften aufgrund der räumlichen Verhältnisse auf der Bank problemlos einhalten. In der AKB sind gesamtkantonal zurzeit 70 Prozent der Mitarbeitenden im Homeoffice tätig; wir haben in der Bank somit sehr viel Platz.

Was bedeutet die Corona-Krise für die AKB im Fricktal?
Insgesamt arbeiten wir bei der AKB im Fricktal (inklusive allen Geschäftsstellen) zu zirka 50 Prozent im Homeoffice und zu 50 Prozent vor Ort. Wir achten wie andere Firmen darauf, dass die Teams nicht durchmischt werden. Seit Anfang April haben wir zudem die Schalteröffnungszeiten reduziert und Plexiglasscheiben schützen unsere Mitarbeitenden am Schalter vor Ansteckung.

Wie ist das KMU-Kreditprogramm des Bundes, das über die Banken abgewickelt wird, im Fricktal angelaufen?
Wir hatten vor allem in den ersten beiden Tagen, an denen die Anträge mit Unterstützung des Bundes bei uns platziert werden konnten, ein hohes Auftragsvolumen zu bearbeiten. Dank Unterstützung von Praktikanten, Trainees und auch Lernenden konnte das Volumen von Anfang an zügig bearbeitet und für unsere Kunden zeitnah zur Benützung freigeschaltet werden. Wir waren über das erste Wochenende nach Start des Pakets auf Pikett, mussten aber von Rheinfelden niemanden zur Unterstützung in die Verarbeitung nach Aarau schicken.

Wie viele Gesuche haben Sie bekommen, mit welchem Gesamtbetrag?
Bis am 20. April 2020 konnten wir im Fricktal 174 Gesuche mit einem Totalvolumen von knapp 15 Millionen Franken auszahlen. Die AKB hat im ganzen Kanton total rund 1800 Kredite im Umfang von über 215 Millionen Franken vergeben.

Sie haben Kontakt mit vielen Fricktaler Unternehmern. Wie ist die Stimmung?
Die rasche Ausbreitung der Corona-Krise hat auch nicht vor den KMU im Fricktal Halt gemacht. Ganz besonders stark betroffen sind diejenigen Unternehmungen, welche ihre Tätigkeit vollumfänglich einstellen mussten, zum Beispiel Restaurants, Fitness-Studios, Bäder, Coiffeur-Salons, Blumenläden oder Zahnärzte. Glücklicherweise haben viele unserer Kundinnen und Kunden in guten Zeiten Rücklagen getätigt, von denen sie nun zehren können. Trotz zum Teil sehr kreativer Lösungen, wie Take-away und Heimlieferservice, wird es für die Mehrzahl unserer KMU schwierig werden, die Ausfälle bis Ende Jahr kompensieren zu können. Glücklicherweise gab es keinen nationalen Baustopp, sodass Bauhaupt- und -nebengewerbe bisher nur moderat betroffen sind. Wir sind sehr stolz, dass wir unsere Firmenkunden, welche aufgrund der Corona-Krise unverschuldet in Liquiditäts- und Finanzierungsschwierigkeiten geraten sind, gleich zu Beginn des Lockdowns mit unkomplizierten Massnahmen unterstützen und so unsere Verantwortung als Kreditversorgerin der Wirtschaft in ausserordentlichen Situationen wahrnehmen konnten.


«Viele Unternehmen sind in ihrer Existenz gefährdet»

Interview mit Lukas Fässler (Teil 2)

Das KMU-Kreditprogramm des Bundes ist für viele Unternehmen essenziell, erklärt Lukas Fässler, Regionalleiter Fricktal der Aargauischen Kantonalbank. Für kommendes Jahr rechnet er wieder mit einem Wirtschaftswachstum.

Valentin Zumsteg

NFZ: Herr Fässler, wie beurteilen Sie das KMU-Kreditprogramm des Bundes?
Lukas Fässler:
Die Corona-Krise und die damit verbundenen notwendigen Massnahmen des Bundes schränken unser Leben stark ein. Viele Unternehmen sind je nach Dauer des Lockdowns in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet. Das KMU-Kreditprogramm des Bundes ist für viele unserer KMU deshalb essenziell. Die im Vergleich tiefe Staatsverschuldung der Schweiz liess eine rasche und unkomplizierte finanzielle Unterstützung des Bundes zu. Der Bundesrat hat hier in Zusammenarbeit mit den Banken in meiner Beurteilung einen sehr guten Job gemacht.

Kann Ihre Bank die vielen Gesuche bewältigen?
Alle Führungskräfte und Kundenberater der Bank wurden am 25. März, unmittelbar nach der Information des Bundesrates zum COVID-19 Kreditprogramm, im Rahmen einer Telefon-Konferenz im Detail von der Geschäftsleitung instruiert. Durch die sehr gute Vorbereitung und Information unserer unterstützenden Kreditbereiche konnten die Anträge ab dem 26. März von Beginn weg ohne grosse Probleme bewältigt und die Limiten für die Kunden sehr rasch freigeschaltet werden.

Gab es auch Gesuche, die Sie ablehnen mussten?
Wir mussten bis am 15. April 2020 im Fricktal insgesamt sechs Gesuche begründet ablehnen.

Wie lange dauert es, bis ein solches Gesuch bewilligt ist und Geld auf das Konto fliesst?
Im Durchschnitt konnten die eingereichten Gesuche innerhalb von 15 Minuten bewilligt und auf dem Kundenkonto zur Benützung ausgesetzt werden. Für die KMU war das eine ganz wichtige erste Hilfe.

Für die Banken ist das Programm auch ein Segen. Durch die Bürgschaften des Bundes minimiert sich das Risiko von Ausfällen im Zusammenhang mit Firmen, die schon bisher gefährdet waren. Sehen Sie das auch so?
Das COVID-19-Kreditprogramm unterstützt die KMU bei Liquiditätsengpässen als direkte Folge der Corona-Krise. Der Bund verbürgt die Kredite bis 500 000 Franken zu 100 Prozent. Für Kreditanfragen, die den oben aufgeführten Grenzwert von 500 000 Franken überschreiten, haftet der Bund zu 85 Prozent des zusätzlichen Kreditbetrages. Das Restrisiko trägt die Bank. Wir gehen nicht davon aus, dass sämtliche Firmen nach Beendigung des Lockdowns sofort wieder voll produzieren können. Je nach wirtschaftlicher Entwicklung könnte sich ihre jeweilige Situation sogar weiter verschlechtern. Es ist für uns deshalb heute schwierig abzuschätzen, ob und in welchem Umfang wir als Bank in kurz- respektive mittelfristiger Zukunft ausserhalb des COVID-19-Kreditprogramms Kreditausfälle zu verzeichnen haben.

Mit welcher Wirtschaftsentwicklung rechnen Sie in den kommenden Monaten und Jahren?
Wir rechnen im ersten Halbjahr 2020 mit einer Rezession. Ausgehend von einer konjunkturellen Aufhellung im zweiten Halbjahr 2020 gehen wir für die Schweiz 2020 insgesamt von einem Rückgang des Bruttoinlandproduktes von -3.5 Prozent aus. Für 2021 rechnen wir unter Einbezug von 0,3 Prozent Lizenzeinnahmen aus den auf 2021 verschobenen Olympischen Spielen und der Fussball-Europameisterschaft mit einem Wirtschaftswachstum von 2,8 Prozent.


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