Die etwas andere Art des Sparens
18.02.2020 Densbüren, FricktalIm Fricktal gibt es noch Einlegervereine
Ritual, Tradition und Kundenbindung: Noch heute nutzen einige Fricktaler ein Kästchen eines Einlegervereins um zu sparen. Dies obwohl ihnen bei Nichterfüllung ihrer Pflicht eine Busse droht.
Bernadette Zaniolo
Einlegervereine haben eine lange Tradition. In Densbüren trafen sich die Mitglieder bis vor vier Jahren jeweils im «Bärenstübli». Als Annemarie Friedli dort mit dem Wirten aufhörte, gründete sie den «Sparverein zum Batze» und das Einlegerkästchen fand eine neue Heimat im Restaurant Pinte. Aktuell sind es zirka 30 Mitglieder.
Während heute das spielerische Element des Sparens im Vordergrund steht, war dies früher ganz anders. Die Arbeiter erhielten jeweils am Freitagabend ihren Wochenlohn. Viele zog es danach ins Wirtshaus. Damit die Männer nicht ihren ganzen Zahltag «versoffen», wurden Einlegervereine gegründet. In den Lokalen wurden Einlegerkästen montiert. Diese sind mit Nummern und Schlitzen versehen, in denen die Männer einen Teil ihres Verdienstes deponierten.
Diese Kästen mit ihren nummerierten Boxen waren quasi das «Sparsöuli» in den Lokalen. Das Geld wurde dann auf die Bank gebracht. Dies machte es den Männern möglich, ihren Frauen und Kindern zu Weihnachten ein Geschenk zu machen; Freude in die Stube zu bringen.
Für was wird gespart?
Doch für was wird heute gespart? Präsidentin Annemarie Friedli lacht: «Es wird nicht viel darüber geredet.» Schmunzelnd ergänzt sie: «Ich habe jeweils für den 13. Monatslohn meiner Serviertochter gespart.» Zinsen (als es diese noch gab), Bussen, Jahresbeiträge und Zusatzeinnahmen – etwa von einem Lottospiel – werden jeweils für ein gemeinsames Essen an der Generalversammlung verwendet. An dieser erhält das Mitglied jeweils auch seinen Sparbatzen ausbezahlt.
«Falls ein Mitglied innerhalb einer Woche die Mindesteinlage nicht erfüllt (in Densbüren pro Woche 15 Franken), wird eine Busse von fünf Franken belastet», heisst es in den Statuten des Densbürer Vereins; ausser es liegt eine Entschuldigung vor. Die Bussen werden Ende des Jahres vom Einlageguthaben abgezogen. «Vier aufeinanderfolgende Bussen bewirken den definitiven Ausschluss», so die markigen Bestimmungen.
Gemäss der Pinte-Wirtin, Martha Müller, stammt die Tradition des «Einlegens» aus Norddeutschland und wurde 1847 erstmals urkundlich erwähnt. Diese Sparform verbreitete sich bis in den süddeutschen Raum, in Österreich und in der Schweiz. Die Zahl der Einleger-Sparvereine war eine zeitlang rückläufig, erlebte jedoch in den letzten Jahren hierzulande eine Rennaissance.
Wo sind die Einlegerkästen geblieben?
«Schwierig», so Annemarie Friedli, «ist die Beschaffung eines Einlegerkasten.» Denn die Schweizer Exemplare von «CagnoMatic» sind grösstenteils verschwunden, verrostet oder entsorgt. Annemarie Friedli vermutet, dass viele Einlegerkästen entsorgt wurden, dies beispielsweise bei Wirte-Wechsel oder durch Umbauten zu Wohnhäusern. Laut Friedli kauft der Wirt jeweils den Kasten. Sie hat damals 1000 Franken für eine «Schweizer Ausgabe» gezahlt; die Schweizer Ausgabe hat 60 Einlegerfächer, die Deutsche gar 98 Fächer. Die Leerung erfolgt vier bis fünf Mal im Monat.
Einlegervereine bringen den Gastronomen zusätzliches Geld. Ihre Mitglieder treffen sich regelmässig am Stammtisch und geniessen bei guten Gesprächen gemeinsam ein Glas Bier, Wein oder auch ein alkoholfreies Getränk. Längst ist der Stammtisch nicht mehr eine reine Männerrunde; auch Frauen sind willkommen. Gewandelt hat sich auch die Gesellschaft der Einleger.
Übrigens: Einlegerkästen gibt es auch noch in anderen Fricktaler Gaststätten, so etwa in Herznach (Löwen/30 Mitglieder) und in Zuzgen (Rössli/40 Mitglieder). Die Aufzählung ist jedoch nicht abschliessend. Unterschiede gibt es auch bei der Mindesteinlage. Erfinder der «Cagnomatic»-Sparschränke ist der Schweizer Jean Baumann.