«Neue Ideen sind besser als Verbote»
04.10.2019 RheinfeldenWir dürfen nicht zu Zuschauern von Berufspolitikern werden, findet Gaby Gerber aus Rheinfelden. Aus diesem Grund kandidiert die 47-jährige Kommunikationsleiterin für die FDP.
Valentin Zumsteg
NFZ: Frau Gerber, wieso kandidieren Sie für den Nationalrat?
Gaby Gerber: Es braucht bürgernahe Politiker, die ihre Erfahrung aus der Wirtschaft einbringen. Breites Engagement für die direkte Demokratie ist wichtig. Wir dürfen nicht zu Zuschauern von Berufspolitikern werden. Wenn wir mehr Frauen in der Politik wollen, müssen wir uns der Wahl stellen. Besonders wichtig ist auch, dass das Fricktal in Bern vertreten ist.
Wie wollen Sie sich für die Region einsetzen?
Es braucht Transparenz, wie wichtig das Fricktal wirtschaftlich ist. Wir müssen die Mobilitätsthematik angehen. Das Fricktal steht im Stau. Die Projektierung des «Herzstücks» (Bahninfrastruktur) wird angegangen – wichtig für unsere Region. Dann braucht es faire Rahmenbedingungen für Handwerker, die hier besonders mit Betrieben aus der EU in Konkurrenz stehen.
Was halten Sie vom Rahmenabkommen Schweiz-EU?
Wir brauchen geregelte Beziehungen zur EU; eine Million Arbeitsplätze hängen davon ab. Ich bin gegen einen EU-Beitritt, aber der bilaterale Weg steht vor einer Erneuerung. Deshalb bin ich für ein Rahmenabkommen. Nicht in Frage kommen eine Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie oder Handwerker aus der EU, die zu Dumpinglöhnen bei uns arbeiten.
Braucht die Schweiz neue Kampfjets?
Ja. Sicherheit ist ein hohes Gut und Grundvoraussetzung für eine freie, prosperierende Schweiz. Im Minimum müssen luftpolizeiliche Einsätze möglich sein. Ohne Luftverteidigung verliert die Schweiz die Hoheit über ihren Luftraum und den Luftpolizeidienst in Friedenszeiten. Trotz stabiler Sicherheitslage sind langfristige Prognosen zunehmend komplexer.
Der menschengemachte Klimawandel ist ein viel diskutiertes Thema. Sollen das Autofahren und das Fliegen teurer werden?
Der Klimawandel ist keine abstrakte Grösse mehr. Mit bisherigen Massnahmen waren wir halbherzig. Wir brauchen bei Umweltbelastungen Kostenwahrheit und dazu gehört in der Konsequenz auch Anpassungen beim Fliegen und Autofahren. Als Innovationsnation werden wir aber auch neue Lösungen, die umweltverträglicher sind, finden. Neue Ideen sind besser als Verbote.
Sind Sie für eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters?
Ja. Unsere Bevölkerung hat eine der höchsten Lebenserwartungen weltweit. Die Finanzierung der Altersvorsorge ist im Ungleichgewicht, die Generationengerechtigkeit fehlt. Der Umwandlungssatz muss laufend auf den versicherungsmathematisch korrekten Wert angepasst werden. Eine Flexibilisierung des Rentenalters muss möglich sein und gestaltet werden.
Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
«Der Wachstumszwang» von Mathias Binswanger.
Zum Schluss: Was wollten Sie den Fricktalern schon immer mal sagen?
Das Fricktal gehört zu den am schnellsten wachsenden Regionen der Schweiz. Aus dem Fricktal stammen rund 10 Prozent aller Exporte. Gemessen an der Bedeutung und den Herausforderungen sind wir in Bern schlecht vertreten. Es braucht ein Fricktaler Powerplay in Bern! Wir Fricktaler sind offen und zugänglich – wichtige Voraussetzungen für gute Lösungen.