Gelungene «Ladenbesetzung» durch Künstler

  11.09.2018 Rheinfelden

Zusammen mit der «Usestuehlete» in der Rheinfelder Marktgasse, bei der die Geschäfte zum Essen an Tischen auf der Strasse einluden, eröffneten elf lokale Künstler am Freitag die Ausstellung «Arte Temporis» im ehemaligen Modeladen OVS.

Boris Burkhardt

Andrea Berthels Gemälde links neben der Apérobar fallen gleich ins Auge. Auf einem hält sich ein kleiner schwarzer nackiger Bub an einer Wäscheleine fest. Berthel, mit dem Atelier in der Baslerstrasse in Rheinfelden, ist eigentlich Wandmalerin: «Für meine Kunden muss ich schöne Landschaften malen. Wenn ich für mich selbst male, dann das, was mich innerlich beschäftigt; und das ist meist politisch.» Das erwähnte Bild ist inspiriert von ihrer Zeit in Südafrika. Auf den zweiten Blick sieht man: Die Hautfarbe des Buben wird nach unten hin immer heller, bis sie weiss ist – eine kritische Auseinandersetzung mit dem Slogan des Waschmittels Omo, das laut Werbung «whiter» (weisser) und «brighter» (strahlender, aber auch: heller im Sinne von schlauer) wäscht. Für Berthel ein Sinnbild für den einseitigen Assimilationsdruck der Schwarzen in Südafrika.

Berthel ist eine von elf Malern, Photographen und Objektkünstlern aus Rheinfelden und dem badischen Grenzach-Wyhlen, die seit vergangenem Freitag ihre Kunstwerke im ehemaligen Modegeschäft OVS in der Marktgasse 25/27 ausstellen. Im Rahmen der «Usestuehlete» in der Rheinfelder Altstadt fand an jenem Abend die Vernissage statt; die Ausstellung ist eine Zwischennutzung der Geschäftsräume auf 350 Quadratmetern (die NFZ berichtete). Fernand Hofer hat die Ausstellung «Arte Temporis» mit seiner Frau Therese Hofer, die selbst malt, sowie dem erfahrenen Aussteller Markus Raub vom «Kulturtreffpunkt Rheinfelden» organisiert. Er freute sich am Freitagabend über reges Publikumsinteresse.

Der nicht ganz korrekt lateinische Name der Ausstellung (es müsste «Ars Temporis» heissen) kann laut Fernand Hofer als «zeitgenössische Kunst», aber auch als «Kunst auf Zeit» interpretiert werden. «Es ist bereits das zweite Mal, dass meine Frau und ich einen Laden besetzen», sagt er scherzhaft: «Beim ersten Mal konnte er relativ kurzfristig weitervermietet werden: Hier hoffen wir das und hoffen es nicht.» Zwei Wochenenden hätten die Künstler von der Vermieterin für die Zwischennutzung garantiert bekommen; geöffnet ist die Ausstellung also auf jeden Fall noch am 15. und 16. September. Falls es bis dahin keinen neuen Mieter geben sollte, will Hofer die Ausstellung bis höchstens Ende Oktober laufen lassen, bevor er sie neu zusammensetzen würde.

Auch dem Objektkünstler Walter Eisenring mit einem Atelier in der alten Zigarrenfabrik Wuhrman war es ein Anliegen, die «etwas beelendenden» leeren Schaufenster in der Marktgasse mit Leben zu füllen: Hofers hätten mit der Zwischennutzung «eine geniale Idee gehabt». Der pensionierte Architekt stellt Kunstwerke aus, die er mit Vorliebe aus Materialien baut, die er in der Brockenstube oder im Sperrgut findet, so etwa einen «Bettfederhocker» oder eine Kombination aus einer alten Klappleiter, einem Lampenständer und einem Velosattel, die er ironisch «Den Überblick nicht verlieren» nennt.

Jane Weinmann hingegen fotografiert seit ihrem zehnten Lebensjahr. Die gebürtige Engländerin stellt unter anderem eine Fotoserie zum Thema «Wechseljahre» aus: Es sind Selbstportraits in der Natur in schwarz-weiss, auf denen farbige Emoticons bestimmte Gefühle ausdrücken. «Ich will zum Gespräch zwischen den Generationen, zum Beispiel Mutter und Tochter, anregen», erklärt Weinmann.


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