Fricktaler Spitalzukunft: warum die grosse Eile?
19.04.2018 FricktalWalter Herzog, Chefredaktor
Die Gesundheitslandschaft Schweiz ist in Bewegung. Seit Jahren steigt der Druck auf die Spitäler, um die Qualität auf hohem Niveau zu gewährleisten und die Kosten möglichst nicht weiter ansteigen zu lassen. Auch die Fricktaler Spitäler in Rheinfelden und Laufenburg, unter dem gemeinsamen Dach des Gesundheitszentrums Fricktal (GZF), können sich diesem Trend nicht entziehen.
In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hat sich das GZF tapfer geschlagen. Unter der Regie des langjährigen VR-Präsidenten und «Patron» Kurt Jakober und der Geschäftsführerin Anneliese Seiler war es gelungen, die Doppelstrategie Rheinfelden/Laufenburg zum Erfolg zu führen. Die erforderlichen Leistungsausweise konnten geliefert werden und hohe Millionenbeträge, dank guten Gewinnen, in Gebäude und Technik, vor allem in Rheinfelden, investiert werden. Von aussen schien alles gut, fast alles.
Bis vor zwei Wochen die Spitalleitung überraschend verkündete, wegen drei Personalabgängen müsse eine Schliessung oder zumindest eine Teilschliessung des Regionalspitals Laufenburg beschleunigt an die Hand genommen werden!
Das Spital Laufenburg auf dem Notfall – quasi.
Nicht unbedingt der Inhalt, aber der Zeitpunkt dieser Ankündigung kam für viele überraschend.
Warum muss so plötzlich und schnell die bewährte Fricktaler Spitalstrategie über den Haufen geworfen werden?
Warum ist plötzlich der Status Quo, das bestehende Erfolgsmodell, überhaupt keine Option mehr?
Warum soll innert weniger Wochen die teilweise oder gar völlige Schliessung des Regionalspitals Laufenburg besiegelt werden?
Was hat sich in der Zwischenzeit denn Schwergewichtiges ereignet? Fragen über Fragen.
Noch im Mai des letzten Jahres sagte Anneliese Seiler als CEO im Interview mit der NFZ: «Uns geht es richtig gut. Das Unternehmen GZF erfreut sich bester Gesundheit. Wir blicken auf ein erfolgreiches und intensives Jahr zurück.»
Nun, 11 Monate später und kaum hat Kurt Jakober seinen Posten als oberster Stratege und Verwaltungsratspräsident an Käthi Hirt übergeben, informiert Anneliese Seiler als CEO über einen unmittelbar bevorstehenden Abbau beim Spital Laufenburg. Wie passt so etwas überhaupt zusammen?
Am Spital Laufenburg sind 292 Menschen beschäftigt und eine Region von 30‘000 Bewohnern wird mit medizinischen Leistungen versorgt. Warum muss der Verwaltungsrat einen derart abrupten Wechsel der Strategie in nur zwei Monaten entscheiden? Warum diese grosse Eile?
Grössere Veränderungen der Strategie müssen in jedem Unternehmen gut überlegt und mit einem langfristigen Horizont angegangen werden. Sonst ist die Gefahr des Scheiterns gross. Die Kündigung von drei Ärzten in einem GZF mit beinahe 1000 Mitarbeitern darf nicht das Argument sein, um überstürzt zu reagieren. Gewiss ist es heute nicht einfach, gute Fachkräfte innert nützlicher Zeit zu rekrutieren. Aber wer in einem Gesundheitszentrum in der Grösse des GZF abhängig ist von drei Ärzten, hat möglicherweise vorher die Hausaufgaben nicht gemacht. Oder ist als Arbeitgeber, aus welchen Gründen auch immer, nicht attraktiv genug. Im Gesundheitswesen ist es sehr wichtig, dass laufend neue Szenarien geprüft werden. Dass aber vom Verwaltungsrat ein Beibehalten des Status Quo zum vornherein abgelehnt wird, ist nur schwer verständlich.
Das Gesundheitszentrum Fricktal ist ein wichtiger Bestandteil der ganzen Region und ein Teil der Öffentlichkeit. Die Bevölkerung hat daher Anrecht, transparent über alle Hintergründe und Konsequenzen informiert zu werden und dass ihre Interessen mitberücksichtigt werden.
Regionalspitäler sind eine Vertrauensangelegenheit, dieses Vertrauen unnötig aufs Spiel zu setzen, ist gefährlich. Unnötige, übertriebene Eile ist dabei ein schlechter Ratgeber.
Die öffentliche Informationsveranstaltung findet am Montag, 23. April, um 19 Uhr im Spital Laufenburg statt.
Zwei Spitäler – ein Unternehmen
Das Gesundheitszentrum Fricktal ist 1999 aus der Fusion der beiden Spitäler Laufenburg und Rheinfelden hervorgegangen. Heute zählt das Unternehmen rund 680 Vollzeitstellen verteilt auf zirka 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Anneliese Seiler (54) arbeitet bereits seit 21 Jahren im GZF, seit 2007 ist sie CEO. Katharina Hirt (65) ist am 4. Mai 2017 zur Präsidentin des Verwaltungsrates gewählt worden, sie übernahm die Nachfolge von Kurt Jakober. Hirt ist seit 33 Jahren im GZF respektive im Spital Rheinfelden tätig. (nfz)