«Rheinfelden braucht ein Kino»
08.12.2016 Kultur, Nachtleben, RheinfeldenVon Boris Burkhardt
Sein Lieblingsfilm ist «Der dritte Mann». Aber ansonsten ist Bernd Gschöpf nicht auf ein Genre festgelegt, wenn es um Kino geht. Das liegt vermutlich an seinem Beruf; denn der 50jährige ist der Pächter und Theaterleiter des Kinos in Badisch-Rheinfelden und arbeitet seit Beginn seines Arbeitslebens in Kinos. Und wie es in vielen Berufen der Fall ist: Womit man täglich geschäftlich zu tun hat, das kommt privat meist zu kurz.
«Im Normalfall besorge ich mir Filme, die mich interessieren, auf DVD, wenn sie nicht mehr im Kino laufen», erklärt er deshalb auch fast etwas verlegen. Ins Kino gehe er prinzipiell schon gerne: «Da spielt es dann auch keine Rolle, wenn es bei der Konkurrenz ist». Aber dafür bleibe eben wenig Zeit. Beruflich hat Gschöpf natürlich eine weit nüchternere Herangehensweise bei der Filmauswahl. Dabei, sagt er, habe er durchaus «eine emotionale Bindung» zum Kino, wenn auch nicht zu Filmen als solche. Nach den Regeln der Filmverleiher bekommt jedes deutsche Kino gemäss einer Rangliste eine unterschiedlich breite Palette an Neuerscheinungen angeboten: Je mehr Besucher das Kino vorweisen kann, desto mehr und seltenere Filme kann es sich aussuchen.
Geplanter Neubau
Von diesen möglichen Filmen kann Gschöpf mit drei Sälen in Rheinfelden 50 bis 60 im Jahr zeigen. Etwa die Hälfte davon seien Kinder- und Jugendfilme, sagt er. Wenn er seinen geplanten Kinoneubau südlich des Bahnhofs in Badisch-Rheinfelden umsetzen könne (die NFZ berichtete), wolle er das jetzige Kino zu einem «Filmkunsttheater» mit Programmkino umwidmen. «Dann muss der Kunde entscheiden, ob sich das alte Kino finanziell halten kann». Eine Alternative wäre ein Kinoprogramm für ausländische Filme in der Originalsprache, in erster Linie türkische und tamilische, ein Konzept, das Gschöpf tatsächlich bei seinem vorherigen Arbeitgeber in Weil am Rhein etablierte. Denn dafür ist das jetzige Rheinfelder Kino noch zu klein, weil dann natürlich weniger Filme in deutscher Sprache gezeigt werden könnten, wie er sagt.
Das heisst natürlich nicht, dass Gschöpf keine ausländischen Kunden hat. Denn wie überall an der Grenze gehen vor allem jugendliche Schweizer Kinogänger auch in Badisch-Rheinfelden nach Deutschland, wobei für die Schweizer Rheinfelder nicht nur der Preis sondern auch die Entfernung der Basler Kinos eine Rolle spielen dürfte. Gschöpf kann das aber weder bestätigen noch widerlegen, «weil ich keine Umfragen durchführe». Zum eklatanten Preisunterschied vor allem der Basler Kinos gegenüber jenen ennet der Grenze gibt Gschöpf zu, dass die deutschen Kinopreise im internationalen Vergleich sehr niedrig seien. «Um das reine Kinogeschäft zu finanzieren, bräuchten wir in Deutschland auch Schweizer Preise.»
Vom Maschinenschlosser zum Kinopächter
Als Familie Albrecht, die das Rheinfelder Kino zuvor selbst geleitet hatte, 2012 einen Pächter suchte, stand Gschöpf vor der Wahl, sich in anderen Kinos als Geschäftsführer zu bewerben oder sich in Rheinfelden selbständig zu machen. «Rheinfelden braucht ein Kino», nennt er den Grund für seine Entscheidung. In einer kleinen Stadt wie Rheinfelden könne man als guter Kinoleiter die Besucherfrequenz erhöhen, war sein Motto, das seiner Aussage nach auch aufging: Es kämen stetig mehr Besucher – Zahlen behält er allerdings für sich.
Gschöpf begann nach seiner Ausbildung zum Maschinenschlosser durch eine zufällige Begegnung als Hilfsvorführer in einem Kino in Heidenheim an der Brenz bei Ulm. Seither führte ihn seine Karriere über Würzburg und Nürnberg als Geschäftsführer 2005 nach Weil am Rhein. Der geographische Wechsel sei für eine Karriere in der Kinobranche unerlässlich, sagt er: Die flachen Hierarchien machten einen beruflichen Aufstieg im eigenen Kino selten möglich. Seine Frau, die mit ihm nach Weil und Rheinfelden zog, lernte Gschöpf übrigens ebenfalls im Kino kennen, und zwar in Nürnberg: Sie war allerdings kein Gast, sondern eine Kollegin.