«Mein Herz ist immer noch beim Holz»

  24.09.2016 Ittenthal, Porträt, Oberes Fricktal, Persönlich

Von Simone Rufli

«Für mich war immer klar, dass ich nach der Schule einen Beruf erlernen wollte,» sagt Marcel Grenacher, nimmt einen Schluck Wasser und stellt das Glas zurück auf den selbst gemachten Terrassentisch. Nach je einer Schnupperlehre als Hochbauzeichner und Schreiner, entschied sich der heute 56-Jährige nach den Oberstufen-Jahren in Laufenburg für den Beruf des Schreiners. «Beides hat mir gefallen, da ich als Schreiner auch zeichnerisch tätig sein konnte, entschied ich mich für den Weg des Möbelschreiners.» Seine Lehre hat der Ittenthaler in der Schreinerei Huber – damals noch in der Zwidelle in Frick – gemacht. «Als Zulieferer für Team Möbel Suter in Gipf-Oberfrick haben wir damals viele Prototypen hergestellt. Das war abwechslungsreich und spannend». Heute könne sich eine Schreinerei kaum mehr nur auf die Herstellung von Möbeln konzentrieren, zu mächtig sei die Konkurrenz von Billigmöbeln aus den grossen Einrichtungshäusern. «Viele Schreinereien haben sich deshalb auf den Innenausbau spezialisiert», so Grenacher.

Obwohl er die Zeit als Möbelschreiner genoss, zog es Grenacher ein paar Jahre nach Abschluss der Lehre, Mitte der 80er Jahre, fort vom Möbelbau hin zur Restauration von antiken Möbeln. In Schöftland arbeitete er in einem Betrieb, der Antiquitäten auffrischte, Restaurationen von Holzstrukturen in Kirchen ausführte und ab und zu auch neue Möbel herstellte.

Entscheidung für Ittenthal

Der Kontakt zum Fricktal aber riss nie ab. «Weil ich weiterhin in der Schützengesellschaft in Ittenthal schoss und meine Kollegen, die Familie und die Familie meiner Frau im Dorf lebten, waren wir an den freien Abenden und an den Wochenenden selten in Schöftland.» Ein Zustand, der anstrengend zu werden drohte, weshalb die Beiden einen Entscheid fällten. «Entweder, so sagten wir uns, ziehen wir richtig weit weg von Ittenthal oder wir kehren ganz zurück.» Marcel Grenacher macht eine Pause, schaut zuerst seine Frau an und dann die prächtige Aussicht. «Wir entschieden uns für Ittenthal.»

Die Heimkehr war der Startschuss in eine äusserst intensive Lebensphase. «Wir bauten in den 1990er Jahren das Elternhaus um, bekamen unsere beiden Kinder und ich machte in der Roche in Sisseln meine zweite Lehre – eine Erwachsenen-Lehre als Chemikant.» An die Zeit in der Gewerbeschule in Basel von 1993 bis 1996 erinnert er sich gerne zurück. «Als Lehrlinge aus Sisseln wurden wir von den Städtern zwar ziemlich von oben herab behandelt, doch für uns war es eine Genugtuung zu wissen, dass wir im Betrieb in Sisseln den Baslern in punkto Ausrüstung und Einrichtung einiges voraus waren.» Dass er und ein paar andere Mitschüler bereits älter waren und schon über mehr Lebenserfahrung verfügten, machte sich in der Entschlossenheit bemerkbar, mit der sie die Ausbildung insgesamt und den Sportunterricht im speziellen angingen. «Die Jungen hatten das Gefühl, jung zu sein reicht, um uns sportlich überlegen zu sein. Doch wir setzten unseren Kopf ein und entwickelten Strategien, mit denen wir sie immer wieder bezwingen konnten», erinnert er sich schmunzelnd. Von den 27, die die Lehre mit ihm zusammen angefangen hatten, schlossen sie nur gerade 13 ab.

Heute arbeitet Grenacher noch immer in der Chemie. Aus dem Arbeitgeber Roche ist die DSM geworden. Er arbeitet Schicht, zwei Tage früh, zwei spät, zweimal während der Nacht. Immer in dieser Reihenfolge, immer mit vier Tagen Pause bevor es wieder von vorne losgeht. «So komme ich auf 80 Prozent und habe noch genug Zeit, mein Hobby, das Schreinern, zu pflegen.» Und lächelnd fügt er hinzu: «Mein Herz ist immer noch beim Holz.»

Engagiert sich wo immer es möglich ist

Und wie denkt der gebürtige Ittenthaler über die Fusion seines Dorfes mit Kaisten im Jahr 2010? «Die einen stecken den Kopf in den Sand und sind unzufrieden. Ich habe mich entschieden, mich zu engagieren und wo immer es möglich ist, etwas für Ittenthal zu erreichen.» Mit diesem Gedanken trat er der Ortsbürgerkommission bei und hilft mit bei den Vorbereitungen fürs Dorf- und Jugendfest vom September 2017 in Kaisten. Bis Ende 2009 war Grenacher Präsident der Ittenthaler Schützengesellschaft, die mit der Gemeindefusion dann aber aufgelöst wurde. Heute schiesst er in der Feldschützengesellschaft (FSG) Kaisten und engagiert sich dort als Vertreter von Ittenthal im Vorstand. Als Präsident des Dorfvereins Üttlete 1297 kümmert er sich zusammen mit den Vereinsmitgliedern um die Pflege des Schützenhüsli, das einst mit viel Geld und noch mehr Herzblut für Vereinsanlässe gebaut worden war. Der Verein setzt sich auch dafür ein, dass Ittenthal seinen Dorfladen behalten kann. «Als wir vor 25 Jahren für den Schützenverein elektronische Scheiben anschaffen mussten, haben wir eine Einnahmequelle gesucht und sie in der Zusammenarbeit mit der Kirchspieler Freizeitbühne 87 aus Leuggern gefunden. Die Theateraufführungen am Palm-Wochenende sind zur Tradition geworden genau wie der Weihnachtsmarkt, dessen Organisation Üttlete 1297 übernommen hat. Der Dorfverein organisiert auch eine Papiersammlung, «damit das Papier weiterhin in Ittenthal vors Haus gestellt werden kann und nicht nach Kaisten gefahren werden muss. Gerade ältere Einwohner sind sehr froh, um dieses Angebot», weiss Grenacher. Für einen wie ihn ist es eine Selbstverständlichkeit, sich einzusetzen für den Erhalt der Lebensqualität in seinem Dorf.


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