Und immer wieder schafft es der Hund ins Bild

  27.08.2016 Frick, Porträt, Oberes Fricktal, Kunst, Persönlich

Von Simone Rufli

«Wenn es um meine Bilder geht, bin ich ein «Tüpflischisser», ich male jeweils sehr lange an einem Bild», gesteht Esthi Naef und erreicht das an die Wand gelehnte Werk gerade noch rechtzeitig vor Baileys, dem zehnjährigen Irish Soft Coated Wheaten Terrier. «Wenn ich meine Bilder zeige, muss ich Baileys anbinden, sonst will er in die Rahmen beissen», erzählt die Künstlerin und kommt dann auf das Bild mit den Schafen zurück. «Im September 2014 sah ich ein Bild in einer Tageszeitung und las, dass über 100 dieser Schafe einer seltenen Rasse im Wallis spurlos verschwunden und vermutlich gestohlen sind. Das Bild von den Tieren und die Meldung inspirierten mich, diese Schafe zu malen.» Hesch Bock» heisst das Werk, das sich in Gesellschaft von diversen Autobildern, von Gemälden mit Gänsen, Käfern, Gummistiefeln und Kinderporträts, von Bildern mit Paprikas und anderem Gemüse im Haus der Künstlerin befindet. Farbenfroh und kräftig sind die Werke, Acryl auf Leinwand allesamt – und immer wieder findet man auch Baileys in den Bildern. Die vielen Autos sind nicht zuletzt eine Hommage an ihren Vater, den Auto-Spengler. Und manchmal erwachen die Sujets zum Leben, so wie neulich die rote Vespa auf dem einen Gemälde. An Weihnachten stand sie unter dem Baum, ein Geschenk der Familie. «Mit dem Skihelm auf dem Kopf und dick eingemummelt tuckerte ich am 25. Dezember durchs Quartier – ein grossartiges Geschenk.»

 

Wunsch nach einem kreativen Beruf

«Ich bin mit Leib und Seele Floristin gewesen», sagt Esthi Naef und lässt den Blick über die Blumen im  Garten schweifen. «Der Garten ist in diesem Sommer so schön wie selten zuvor», stellt sie zufrieden fest. Und mit einem Leuchten in den Augen erzählt sie von ihrer Arbeit im Atelier Floral in Gipf-Oberfrick. «Weil meine Kolleginnen wussten, dass ich nicht gerne Bouquets nach preislichen oder anderweitigen Vorgaben zusammenstelle, liessen sie mir in der Regel freie Hand. „Füll uns den Laden nach deinen Vorstellungen”, dieser Aufforderung kam ich jeweils am liebsten nach.» Zehn Jahre hat sie im Atelier von Marlis Rickenbach und deren Schwester Silvia Biland gearbeitet, als Arthrose in den Fingern sie zum Aufhören zwang. Untätig blieb die Mutter zweier erwachsener Kinder deswegen nicht. «Ich begann Kleider zu nähen und irgendwann wurde in mir der Wunsch übermächtig wieder zu malen.» Wieder deshalb, weil Esthi Naef schon im Kindergarten und danach in der Schule leidenschaftlich und gekonnt zeichnete und malte.

 

Entsprechend gross war der Wunsch nach einem kreativen Beruf. Dekorateurin wollte das junge Mädchen werden, bis Esthi nach der Schule für ein Jahr in ein von Nonnen geleitetes Institut nach Frankreich ging. «Damals ging ich regelmässig mit auf den Markt und habe meine Liebe zu den Blumen entdeckt», erzählt Naef.

 

Das Jahr ging vorüber, die Faszination für die Blumen blieb. Zurück in Basel hatte sie das grosse Glück, dass sie im Blumengeschäft Bräuning am Spalenberg den Beruf der Floristin erlernen durfte. Eine Adresse, die der jungen Berufsfrau in der Folge die Türen innerhalb der Branche weit öffnen sollte. «Wenn ich mich später um eine Stelle bewarb, reichte es als Referenz aus, dass ich bei Bräuning gelernt hatte, mein Zeugnis wollte dann niemand mehr sehen», erzählt Esthi Naef und lachend fügt sie hinzu, «dabei hätte ich es doch wirklich gerne gezeigt.» Der Kontakt zu Marlis Rickenbach stammt übrigens auch aus jener Zeit in Basel. «Marlis war für ein Jahr meine Lehrtochter.»

 

Den Mann fürs Leben getroffen

Nicht nur die spätere Arbeitgeberin lernte Esthi Naef damals kennen, im Alter von 16 Jahren traf sie auch ihren Mann fürs Leben, den 21-jährigen Laboranten Werner Naef. Gerne und dankbar erinnert sie sich dabei an die Fürsorge ihres Lehrmeisters: «Mein Chef war so rührend um mich besorgt, dass er meinen Freund begutachtete, kaum dass er von uns beiden erfahren hatte.» Einige Jahre noch lebte das junge Paar in Basel vom Lohn der Floristin und den Nebeneinkünften ihres Partners, der sich sein Studium als Zeitungsverträger mitfinanzierte. Vor 32 Jahren dann zog das Ehepaar Naef nach Frick.

Mit Basel verbunden blieb Esthi Naef lange Jahre auch durch die «drey scheenschte Dääg», die Basler Fasnacht. «Ich pfiff in einer Clique, doch irgendwann kam der Moment, wo ich fand, dass Jüngere den Ton angeben sollen – zumal unsere Kinder keine Fasnächtler sind.»

Tochter und Sohn aber sind Esthi Naefs grösste Fans. Schon manches Bild hat den Weg ins Zuhause der Kinder gefunden. Und darüber ist die Künstlerin nun gar nicht traurig. «Ich tue mich schwer damit, meine Bilder zu verkaufen.» Das aber muss sie, wenn sie, wie vor drei Jahren, Teil einer Ausstellung sein möchte. Damals in ihrem Gemeinschaftsatelier in der alten Schreinerei Schweizer in der Zwidelle war der Publikumsaufmarsch überwältigend. «Ein richtiges Volksfest war das», blickt die Künstlerin zurück. Zusammen mit ihrer Kunstpartnerin verkaufte Naef zwanzig Werke. Ein andermal stellte sie in der bewohnten Galerie artune am Frickberg aus «und im nächsten Frühling könnte es sein, dass wir wieder ausstellen». Bis es soweit ist, wird sie zusammen mit anderen Malerinnen weiterhin einmal pro Woche die Dienste eines Mallehrers aus Basel in Anspruch nehmen und es werden noch viele neue Werke entstehen in der entspannenden Atmosphäre des Ateliers. Und während Esthi Naef malt, wird Baileys wieder ausgestreckt auf dem Sofa liegen und mit seinem treuen Blick dafür sorgen, dass Frauchen ihn immer wieder ins Bild rückt.

 


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