Apothekerin war ihr Traumberuf

  13.06.2014 Frick, Porträt, Oberes Fricktal, Persönlich

Seit zehn Generationen gibt es die Storchen-Apotheke im Unterdorf in Frick. Genau seit 1832. Aber Margrit Tscheulin war die erste Frau: Vor 40 Jahren kam die Apothekerin, die im Basler Gundeli-Quartier aufgewachsen ist, ins Fricktal. Ihr Dialekt zeugt noch immer von ihren Basler Wurzeln. Aber eines nimmt sie vorweg: «Ich habe nie bereut, dass ich nach Frick gekommen bin».

Apothekerin zu werden, war bereits ihr Kinderwunsch. Als sie vier Jahre alt war und ihr jüngerer Bruder gerade erst geboren, habe ihre Mutter sie zum ersten Mal in die Apotheke geschickt. Dabei habe ihr der Apotheker einen Malzzucker geschenkt, schildert Margrit Tscheulin ihre Kinderjahre und die Begegnungen mit dem Apotheker im Quartier, der sie nachhaltig beeindruckt hatte. Später als Bekannte fragten, was sie denn einmal werden möchte, hatte sie immer geantwortet «Apothekerin». «Die meisten Mädchen wollten damals Krankenschwester werden und die Buben Lokführer», erinnert sich Margrit Tscheulin.    Sie stammt nicht aus einer Akademiker-Familie. Ihr Vater war Bäcker-Konditor und ihre Mutter habe, wie damals viele Frauen, nicht in einem Beruf gearbeitet, sondern kümmerte sich um Haushalt und Kinder.

Beim Wunsch ist es schliesslich nicht geblieben. Margrit Tscheulin studierte von 1964 bis 1970 Pharmazie an der Universität Basel. Schon damals belegten mehr Frauen als Männer dieses Studienfach. «Es ist ein schöner Frauenberuf», findet Margrit Tscheulin. «Frauen können sich gut in die Kunden einfühlen», meint sie. Für die Labor-Analysen holten sich die Pharmazie-Studentinnen oft Hilfe bei den Biochemie-Studenten. Einer von ihnen war Günther Tscheulin. «Es hat im Labor gefunkt», sagt Margrit Tscheulin lachend.

Bereits während ihrem Studium hatte sie an Samstagen und in den Semesterferien mit Vertretungen in Apotheken ihr Studiengeld verdient. «Ich bin in normalen Verhältnissen aufgewachsen und wollte meinen Eltern nicht auf der Tasche liegen», erklärt sie. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie vier Jahre in einer Apotheke in Basel. Ihr Traum war es aber, eine eigene Apotheke zu führen. Durch eine Pharma-Assistentin, die aus Frick stammte, erfuhr sie, dass in Frick eine Apotheke zu verkaufen war. So übernahm sie die Storchen-Apotheke 1974 von Benjamin Arnold. Zu Beginn pendelte sie an ihren neuen Arbeitsort. «Als ich am Bahnhof aus dem Zug ausgestiegen bin, gab es dort jeweils einen Vieh- und Schweinemarkt», erinnert sie sich lachend. «Das Fricktal war damals viel ländlicher und es gab noch nicht so viele Einkaufsmöglichkeiten». Einen Kulturschock hatte die Städterin deswegen aber nicht. Margrit Tscheulin hatte einige Verwandte, die auf dem Land lebten und sie selbst liebt die Natur. Ihr Vater hatte ihr auf Wanderungen immer die Blumen erklärt.

1978 kam ihr erster Sohn Andreas zur Welt, zwei Jahre später ihr zweiter Sohn Michael. Früher hatte sie alle zwei Wochen Notfalldienst und ihr Mann, der damals im Management der Sandoz gearbeitet hatte, war beruflich oft im Ausland. So nahm sie ihre Kinder mit in die Apotheke, wenn jemand an der Notfalldienst-Glocke klingelte. Das hat denn wohl auch ihren jüngeren Sohn geprägt, der später ebenfalls Pharmazie studiert hat und heute eine Apotheke in Basel leitet. Heute sind die Nächte ruhiger. Oft kämen die Leute wegen starken Erkältungen, Schmerzen, Durchfall und Erbrechen oder mit Rezepten, erklärt Margrit Tscheulin.

Das Fricktal ist in den letzten Jahren stark gewachsen. So auch die Apotheke von Margrit Tscheulin. Zweimal wurde umgebaut und das Geschäft vergrössert, heute ist auch die ehemalige Drogerie Rey integriert. Margrit Tscheulin beschäftigt 16 Personen im Vollzeit- oder Teilzeitpensum. Eigentlich könnte sie sich längst in den Ruhestand verabschieden. Aber sie arbeitet noch immer Vollzeit. «Ich bin eben mit Leib und Seele Apothekerin», sagt die 68-Jährige. Sie möchte auch weitermachen, solange es ihr gut geht.

Um sich auf dem neusten Stand zu halten, besucht Margrit Tscheulin jedes Jahr Fortbildungen und Apotheker-Kongresse. «Der Austausch mit den Jüngeren ist mir sehr wichtig», erklärt sie. Früher hatte sie viele Salben und Tinkturen selber hergestellt. Heute sind es beispielsweise noch Kapseln für Kinder, welche sie selbst produziert, um die Dosis zu verringern, wenn ein Medikament zu stark ist. Aber auch viele Salben werden auf Rezepte noch selbst hergestellt. Margrit Tscheulin erinnert sich, wie sie früher literweise Eibisch-Sirup gekocht hatte gegen Erkältungen. Einmal als eine Grippeepidemie herrschte und die Nachfrage so gross war, musste sie am 1. Januar in der Früh Sirup nachkochen.

Im Vergleich zu früher sei der Medikamentenmarkt heute schnelllebiger, stellt Margrit Tscheulin fest. Heute gäbe es eine Fülle an Medikamenten und auch Lifestyle-Produkte hätten seit Ende der 1970er Jahren stark zugenommen. Das Geschäftsumfeld sei schwieriger geworden. Rezeptpflichtige Medikamente hätten starke Preisabschläge erfahren und der Umsatz ginge somit zurück. Margrit Tscheulin investiert deshalb viel in die Ausbildung ihres Personals. Mit wachsender Sorge beobachtet sie, dass klassische Apotheken-Produkte zunehmend in Supermärkten verkauft werden, ohne die adäquate Ausbildung des Personals.

Zum Ausgleich verbringt Margrit Tscheulin Zeit mit Ausritten auf ihrem Pferd «Touch Upp».  Dabei könne sie die Seele baumeln lassen und Kraft schöpfen. «Wir sind beide schon älter, haben aber noch viel Energie», sagt sie und lacht. Eine Freude sind ihr auch die beiden Enkelkinder. Manchmal taucht sie auch einfach mal unter. Beim Schnorcheln in fernen Ländern.


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