Zwischen Ländern und Epochen

  07.07.2024 Stein

Sie ist nicht nur die längste gedeckte Holzbrücke Europas, sie ist auch ein beliebtes Ausflugsziel für Leute von nah und fern. Die historische Holzbrücke ist längst zu einem Wahrzeichen der Region geworden. 

Susanne Hörth 

Die beiden Eingangstore stehen weit offen, laden zum Eintreten ein. Fast fühlt es sich an, als ob man ein altes Haus betreten würde. Eines, dessen einziger, sehr langer Raum sich bis unter die kunstvolle Dachbalken-Konstruk tion erstreck t. Wie dieses Gebälk sind auch der Boden und die Wände aus dunklem Holz. Es riecht leicht muffig, jedoch nicht unangenehm. Das erwartete Knarren beim Gehen auf den Holzbohlen bleibt aus. Die intensive Beanspruchung über viele Jahrzehnte, vielmehr Jahrhunderte, haben den Boden glatt und glänzend abgeschliffen. Alles in diesem 203,7 Meter langem Raum erzählt Geschichte. Geschrieben von vielen Menschen-Generationen, geprägt jedoch auch von der Gewalt der Natur. 

Die historische Holzbrücke, die das schweizerische Stein und das deutsche Bad Säckingen verbindet, ist die längste gedeckte Holzbrücke Europas. Und sie wird von den Menschen beidseits des Rheins mit Stolz als Wahrzeichen der Region bezeichnet. Als Ausflugsziel und Verweilort ist sie somit nicht nur für Touristinnen und Touristen von ausserhalb, sondern auch für die Bevölkerung von nah sehr beliebt. Die Brücke inklusive dem Platz vor der Brücke auf Schweizer Seite gehört den Deutschen. Was die Schweizer jedoch nicht daran hindert, voller Stolz auf «ihre» schöne Brücke hinzuweisen. Zudem ist sie in der Liste der Kulturgüter von nationaler Bedeutung im Kanton Aargau aufgeführt. 2008 wurde ihr von der Schweizerischen wie auch Deutschen Post sogar eine Sondermarke gewidmet. 

Grenzenloses Vergnügen
Die alte Holzbrücke zu durchqueren, ist auf jeden Fall ein grenzenloses Vergnügen. Dass dabei irgendwo in der Mit te – eine Markierung gibt den genauen Standort an – die Landesgrenze überschritten wird, spielt eine untergeordnete Rolle. 

Sich Zeit nehmen und die alte Holzbrücke und ihre Geschichten zu spüren, lohnt sich auf jeden Fall. Dass es sie überhaupt noch gibt, ist nicht selbstverständlich. Im letzten Jahrhundert drohte dem hölzernen Rheinübergang mehrmals das Aus. So etwa in den 1920er-Jahren, als man sich der ewig nötigen «Flickerei» überdrüssig zeigte und ernsthaft über einen Neubau nachdachte. 

Ende des zweiten Weltkrieges drohte dann die Gefahr einer Sprengung. Abriss und Sprengung konnten stets dank innovativer Bürger verhindert werden. Das nächste Ungemach drohte der Brücke durch den Bau des Kraftwerkes in den 1960er-Jahren. «Wäre der Staubereich des Rheines verlängert und das Kraftwerk in der Nähe des Giessens gebaut worden, wie es eine Planung vorsah, wäre die Holzbrücke im Rhein versunken», hiess es dazu in verschiedenen, veröffentlichten Berichten. Zum Glück kam es nicht so weit. Auf Wunsch der Behörden beidseits des Rhein wurden damals die Pläne geändert und das Kraf twerk stromaufwär ts verlegt. Im Gleichzug mit dessen Bau erhielten die Ingenieure den Auftrag, die sechs Brückenpfeiler tiefer zu gründen und zu ersetzen. 

Bis vor 45 Jahren war die gedeckte Holzbrücke der offizielle Grenzübergang zwischen Stein und Bad Säckingen. Autofrei wurde sie erst, als 1979 die damals neu erstellte, zwischenzeitlich bereits umfassend sanierte, Fridolinsbrükke in Betrieb genommen wurde. Seither gehört die historische Holzbrücke dem Langsamverkehr. Beidseits laden abwechslungsreiche Rheinuferwege zum Spazieren und Verweilen ein.


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