Wie eine Faust aufs Auge ...

  10.10.2024 Leserbriefe

Zum geplanten Abriss der alten Remise im Roniger-Park (NFZ vom 3.10.)
«Für die Stadt steht daher fest, dass das Remisengebäude weichen muss.» Das ist keine Überraschung, sondern bestätigt die ästhetische Blindheit des jetzigen Stadtrates: Die vom Abbruch bedrohte Remise atmet den gleichen Geist wie der Park, in dem sie steht. Damit ist sie integraler Bestandteil des Parks. Der geplante Neubau dagegen wirkt wie eine Faust ins Auge des Parks. Wenn Architekten vor einem Jahrhundert ein bisschen mehr Formenvielfalt kannten als die modernen Klötzchenbauten mit ihren öden rechten Winkeln, dann ist dies prioritär schützenswert und nicht abrissreif. Rheinfelden hat mit dem neuen Polizeiposten bereits ein Gebäude, das auch Kindergärtner mit Legosteinen nicht unansehnlicher hätten planen können. Ein neues Gebäude dieser Art wäre weder «markant» noch «kompakt», sondern ein liebloser Fremdkörper in einem sorgfältig komponierten Park. Auf die gewünschten Nutzungen in einem Neubau kann leicht verzichtet werden: Ein Park ist in seinem Wesen kein Biergarten! In meiner Jugend hätte man diesen geplanten Abriss mit dem Neubau zusammen als die Tat «hirschlederner Seelen» bezeichnet (wobei Hirsche unschuldig an diesem Schimpfwort waren).

Dem heutigen Stadtrat geht Nutzen über jedes und alles: Markus Klemm hätte sein Geschenk des Roniger-Parks wohl in berufenere Hände legen müssen. Die Reihe an ästhetischen Ausrutschern des Stadtrates scheint kein Ende zu finden. Nach der Geschmackslosigkeit des Wäberhölzlis kam der modische Unsinn der Mini- kreisel, dann das abwegige Kiesgeschäft in Gross- und Chleigrüt, der unglückliche Fussgängersteg (der vielleicht in die ägyptische Wüste als Kamelbrücke gepasst hätte), die ständige Duldung der grobschlächtigen Waldwirtschaft und jetzt noch die architektonische Verschandelung des Roniger-Parks. Rheinfelden kann den Zähringern dankbar sein, dass wenigstens diesen ein stimmiges und abrissfestes Stadtensemble gelang.

Man kann nur hoffen, dass viele Rheinfelder mit einem Mitwirkungsschreiben bis Ende Oktober den geplanten Abriss eines harmonisch eingepassten Gebäudes verhindern helfen. In der Demokratie zählt nicht Geschmack, sondern Zahlen – und auf die reagiert am Schluss der Kanton. Und auf ihm ruht die letzte Hoffnung für die in Rheinfelden fehlende Einsicht.

JÜRG KELLER, RHEINFELDEN


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