Verwarnung gegen Psychiatrische Dienste

  09.07.2024 Aargau

Die Abteilung Gesundheit hat die Aufsichtsverfahren gegen die Psychiatrische Dienste Aargau AG (PDAG) abgeschlossen. Diese betrafen zum einen die Behandlung eines 18-jährigen Patienten mit Autismus, der infolge Selbstverletzung am 30. Dezember 2020 in ein Akutspital eingeliefert wurde und wenige Tage darauf verstorben ist. 

Die Abteilung Gesundheit spricht im Fall des verstorbenen Patienten wegen mangelhafter Aufsicht beziehungsweise unterlassener Anordnung von weitergehenden notwendigen Massnahmen sowie ungenügender Kontrolle der Medikation/ Therapie eine Verwarnung aus. Auch der Aufsichtsanzeige betreffend die Patientin leistet die Abteilung Gesundheit teilweise Folge. Die Abteilung Gesundheit setzt der PDAG in beiden Aufsichtsverfahren eine Frist von neun Monaten ab Rechtskraft, um die festgestellten Mängel zu beheben. In einigen Punkten hat die Abteilung Gesundheit den Aufsichtsanzeigen keine Folge geleistet.

Im Dezember 2020 hatte sich ein Patient in Obhut der PDAG wiederholt durch absichtliche Stürze selbst verletzt. Die Verantwortlichen der PDAG haben die Stürze bemerkt. Am 30. Dezember 2020 haben Mitarbeitende der PDAG den Patienten bewusstlos aufgefunden. Ein Rettungshubschrauber hat ihn umgehend in ein Spital transferiert, wo er wenige Tage später seinen Verletzungen erlegen ist. Die Eltern des Patienten haben sich im April 2021 an die Abteilung Gesundheit gewandt. Diese hat in der Folge ein Aufsichtsverfahren eröffnet, welches nun abgeschlossen ist.

Im Rahmen des Aufsichtsverfahrens betreffend den verstorbenen Patienten untersuchte die Abteilung Gesundheit die Themenbereiche psychiatrische Diagnosestellung sowie psychiatrische Behandlung und Medikation. Die Gutachterin der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich folgerte aufgrund der ihr vorgelegten Akten, dass die Beeinträchtigungen des Patienten am Unfalltag eine anhaltende 1:1-Betreuung erfordert hätten. Sofern eine 1:1-Betreuung nicht möglich gewesen wäre beziehungsweise sofern sich therapeutische, nachvollziehbare Gründe gegen die Anordnung einer solchen Massnahme ergeben hätten, hätte die PDAG gemäss den Erwägungen der Gutachterin alternative Massnahmen zwingend prüfen müssen. Alternative Massnahmen wären beispielsweise die Verlegung des Patienten in ein anderes Spital mit Kapazitäten für eine 1:1-Betreuung, die Verlegung in ein Weichzimmer der PDAG oder – als wohl letzte Massnahme – die Fixierung des Patienten gewesen. Weiter wäre aus Sicht der Gutachterin die Kontrolle der Wirkspiegel der Medikamente im Blut aufgrund der Vorgeschichte des Patienten notwendig gewesen.

Im Wesentlichen hat die PDAG somit an diesem Tag das Selbstgefährdungspotenzial falsch eingeschätzt oder zumindest nicht die notwendigen Schutzmassnahmen ergriffen, um die Selbstverletzungen zu verhindern oder ausreichend zu minimieren. Damit sind die Voraussetzungen zum Aussprechen einer Disziplinarmassnahme nach Spitalgesetz in Form einer Verwarnung erfüllt.

Die Abteilung Gesundheit räumt der PDAG eine Frist von neun Monaten ab Rechtskraft dieses Entscheids ein, um ein Konzept vorzulegen, welches das Vorgehen und die anzuwendenden Schutzmassnahmen bei Patientinnen und Patienten aufzeigt, von denen ein akutes, erhebliches Selbstverletzungsrisiko ausgeht. Zu verschiedenen anderen erhobenen Punkten der Aufsichtsanzeige entlastet die Abteilung Gesundheit die PDAG. Es liegen keine Nachweise vor, dass die Behandlung des Patienten bis zum Unfalltag mangelhaft gewesen wäre. (mgt/nfz)


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