Treffpunkt Mühleweiher

  27.08.2023 Kaisten

Sabina Bäumlin und Luisa Häseli müssen nicht lange nachdenken, als es um das Bestimmen eines Treffpunkts geht. Der Mühleweiher passt. Dieser lauschige Platz in Kaisten ist für Mutter und Tochter ein Ort, der sie beide schon das ganze Leben in vielen Bereichen begleitet. Und es ist auch ein Ort, der zum Verweilen und Plaudern einlädt.

Willkommen zur neuen NFZ-Serie Treffpunkt in …

Gestartet wird in Kaisten. (sh)


«Eine Konstante, die hoffentlich immer bleibt»

Treffpunkt mit Sabina Bäumlin und ihrer Tochter Luisa Häseli

Ein kleines Naturparadies im bald 3000 Einwohner zählenden Kaisten ist der Mühleweiher. Ein Lieblingsort auch für Sabina Bäumlin und ihre Tochter Luisa Häseli. Mit den beiden startet die NFZ eine neue Serie, in der jeweils ein Dorf und seine Menschen im Mittelpunkt stehen.

Susanne Hörth

Es ist heiss an diesem frühen Nachmittag. Einzig der Wind, der das Schilf und die Weiden sanft hin und her wiegen lässt, sorgt für etwas Abkühlung. Libellen schwirren über die gekräuselte Wasseroberfläche des Mühleweihers. Das leise Plätschern des Wassers, das beim Überlauf Richtung des unten gelegenen Kaisterbachs fliesst, ordnet sich perfekt in die lauschige Szenerie ein. «Es ist der urchigste, idyllischste Ort im Zentrum von Kaisten. Eine Konstante, die hoffentlich immer so bleibt», sagt Sabina Bäumlin. Sie und ihre Tochter Luisa Häseli haben den Mühleweiher als Treffpunkt für unser Gespräch ausgewählt. Einfach, weil es hier stimmt. An diesem Ort finden Natur, persönliche Erinnerungen wie auch Dorfgeschichte zusammen. Zu Letzterem zeigt Sabina Bäumlin auf eine Informationstafel Richtung der von hohen Bäumen und einer Hecke verborgenen, ehemaligen Mühle. Auf der Tafel wird an jene Zeit erinnert, als in der Mühle unter der Obrigkeit des Damenstifts Bad Säckingen noch Getreide gemahlen wurde. Sabina Bäumlin gehörte der Gruppe an, die den ersten von zwei Kaister Heimatwegen entwickelt und umgesetzt hat.

Sie blickt wieder auf den Mühleweiher und dessen sattgrüne Umgebung. «Zweimal im Jahr trifft sich der Naturschutzverein hier für Pflegeeinsätze.» Dann packen auch die Vereins- und Vorstandsmitglieder Sabina Bäumlin und Luisa Häseli regelmässig mit an. Dem Vorstand gehört die 61-jährige Sabina Bäumlein seit nunmehr 30 Jahren, ihre 24-jährige Tochter seit einem Jahr an. In den Verein hineingewachsen ist Luisa aber schon in der Kindheit. «Meine Mutter hat meinen Bruder und mich schon früh zu den Einsätzen mitgenommen.» Dem Naturschutzverein anzugehören, ist für Mutter und Tochter gleichgesetzt mit etwas Gutes für Tiere und Pflanzenwelt tun. Die gemeinsamen Arbeitseinsätze mit den anderen Vereinsmitgliedern sind für sie genauso wichtig. «Wir schätzen die Geselligkeit und die guten Gespräche, die immer viel Platz haben.»

Bei einem solchen geselligen NV-Zusammensitzen kam auch die Idee auf, dass Luisa sich für das freie Amt als Stimmenzähler-Ersatz bewerben könnte.» «Für mich ist diese Aufgabe doppelt spannend», erklärt die junge Frau. Als Mitarbeiterin Gemeindeverwaltung Wölflinswil/ Oberhof bringt sie zum einen viel berufliches Wissen mit. Auf der anderen Seite erfährt sie durch ihre Aufgabe als Stimmenzählerin insbesondere bei Gemeindeversammlungen oft auch, welche Diskussionen und manchmal auch Emotionen den demokratischen Entscheiden vorausgehen.

Gemeindeverwaltung
«Ist es nicht einfach schön hier.» Es ist weniger eine Frage als vielmehr eine Feststellung. Sabina Bäumlin lehnt sich auf dem Mühleweiher-Bänkli zurück, um das Stichwort Gemeindeverwaltung nochmals aufzugreifen. Sie erwähnt ihren Grossund Luisas Urgrossvater. «Er war Gemeindeschreiber in Kaisten. Meine Mutter hat hier ihre Verwaltungslehre gemacht. Ich später auch.» Einer möglichen Bemerkung zuvorkommend, fügt sie an: «Ich habe Luisa nie zu etwas gedrängt. Sie hat sich selbst dazu entschieden, eine Ausbildung auf einer Gemeindeverwaltung zu machen.» Ihre Tochter ergänzt: «Nach der Bezirkschule wusste ich zuerst nicht, was ich beruflich machen möchte.» Das zehnte Schuljahr nutzte sie, um in diversen Berufen zu «schnuppern». «Bei der Gemeindeverwaltung in Wölflinswil/Oberhof passte es einfach!».

So wie es für beide auch passt, in Kaisten zu leben und gemeinsam zu wohnen. Notabene im Elternhaus, in dem Sabina zusammen mit fünf Schwestern aufgewachsen ist und wo noch immer ihr Vater Viktor Bäumlin lebt. «Ich war eigentlich nie wirklich weg von Kaisten.» Nur einmal für etwas längere Zeit, als sie zusammen mit ihrer jüngsten Schwester für einen Sprachaufenthalt in Neuseeland weilte. «Bei der Rückkehr kam mir in Kaisten zuerst alles etwas kleinräumig und eng vor. Das hat sich aber ganz schnell gelegt. Insbesondere weil sich unser Dorf gegen den Rhein hin, und damit auch ins benachbarte Deutschland, weit öffnet.» In Kaisten daheim zu sein, hier ein grosses Beziehungsnetz zu haben, hier fest verwurzelt zu sein, empfindet Sabina Bäumlin als ein Privileg. «Man ist bei uns im Dorf willkommen, kann dazugehören, wenn man möchte. Es ist aber auch absolut okay, wenn jemand gerne für sich ist.»

Tochter Luisa nickt zustimmend. Auch sie fühlt sich in Kaisten sehr geborgen. Hier trifft sie viele ihrer Freunde aus der Schulzeit. Die junge Frau schaut zum Mühleweiher: «Er ist ebenfalls Teil unserer Schulzeit.» Das Kaister Schulhaus liegt direkt neben dem kleinen Naturparadies. Auch heute noch trifft man Luisa Häseli häufig im Schulhaus an. «Um mit der Guggenmusik dort zu proben.» Bei den Prototypen Chaischte mitzumachen, und damit auch das Kulturgut Fasnacht im Dorf zu pf legen, empfindet sie als Bereicherung.

Aus den beiden Fasnachtsvereinen heraus ist auch das letztjährige, grosse Kaister Köhlerfest organisiert und durchgeführt worden. OK-Mitglied Luisa Häseli war während der Köhlerei fast rund um die Uhr auf dem Festplatz beim Forsthaus Esplen anzutreffen. «Sie hat damals zwei Wochen Ferien genommen», lacht Sabina Bäumlin. Ihre Tochter stimmt ein. Dann fügt sie ernst an, dass es für das Gelingen eines so grossen Festes sehr viele helfende Hände benötigte. «Wir haben es nur durchführen können, weil die Dorfvereine mitgeholfen haben», macht Luisa Häseli deutlich, wie wichtig die Vereine für das aktive Gestalten des Dorflebens sind.

Helfen, wo Hilfe benötigt wird
Im März des vergangenen Jahres haben in Kaisten mehrere Gastgeber ihre Wohnungen für ukrainische Gef lüchtete geöffnet. Ihnen Unterstützung im Alltag anbieten, dieser Aufgabe hat sich die Gruppe «Kaisten hilft» angenommen; mit dabei auch Sabina Bäumlin. «Für mich steht immer das Menschliche, Persönliche stets im Vordergrund.» Sie sei manchmal enttäuscht darüber gewesen, dass seitens Kanton und Gemeinde nur wenig Unterstützung kam, vieles mussten die Gastgeber und das Team von «Kaisten hilft» selbst abklären und organisieren. Hier kontert Luisa Häseli, bringt sich aus Sicht einer Gemeindeverwaltung ein: «Für die Gemeinden war die Situation komplett neu. Mit dem Flüchtlingsstatus S kannte sich zu jenem Zeitpunkt kaum eine Verwaltung aus. Es musste Stück für Stück alles erarbeitet werden.»

Gemeinsame Interessen und Aufgaben seien kein Grund, nicht auch mal anderer Meinung zu sein und intensiv über etwas zu diskutieren. «Im Gegenteil, alles andere wäre nicht normal», ist sich das Mutter-Tochter-Gespann einig. Beide grinsen. Unser aller Blick schweift nochmals über den Mühleweiher. Beim Davongehen wirbelt der Wind wie zum auf Wiedersehen sagen nochmals kräftig durch unsere Haare.


Treffpunkt Kaisten

Die Bautätigkeit in Kaisten ist gross. Das widerspiegelt sich auch in der Entwicklung der Bevölkerungszahlen. Ende 2022 lebten 2871 Personen im Dorf. Die Gemeinde steht auf finanziell gesunden Füssen. Der aktuelle Steuerfuss beträgt 105 Prozent.

Die Gemeinde Kaisten weist mit 1810 ha den zweitgrössten Gemeindebann im Bezirk Laufenburg und hinter den Gemeinden Mettauertal (2156 ha), Sins (2028 ha), Möhlin (1879 ha) und Murgenthal (1862 ha) den fünftgrössten im Kanton Aargau auf.

Seit 2010 ist Kaisten mit dem benachbarten Ittenthal fusioniert.

In Kaisten gibt es eine Primarschule sowie einen Dreifachkindergarten, einen Dorfladen im Ortsteil Kaisten und einen kleinen Genossenschaftsladen in Ittenthal. Auch eine Bank und mehrere Gastrobetriebe befinden sich in der Gemeinde.


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