«Oft ist es auch wichtig, einfach zuzuhören»

  22.12.2024 Persönlich

Im Gespräch mit den Friedensrichtern des Bezirks Laufenburg

Anfang 2025 kommt es im Friedensrichter-Bezirk X zu einem Wechsel: Nach 16 Jahren Tätigkeit als Friedensrichterin wird Brigitte Gut ihr Amt an ihre Nachfolgerin Regula Laux übergeben. Ein Grund, mit den drei amtierenden Friedensrichtern des Bezirks Laufenburg Brigitte Gut, Urs Fricker und Heinz Thaler ein Gespräch über ihre Arbeit zu führen.

Regula Laux

NFZ: Könnt Ihr kurz skizzieren, was die Aufgaben eines Friedensrichters einer Friedensrichterin sind?
Heinz Thaler:
Ein Friedensrichter versucht, in einer formlosen Verhandlung, zwei Parteien miteinander zu versöhnen, bevor die Klage beim Gericht eingereicht werden kann.
Urs Fricker: Man könnte uns als niederschwellige Anlaufstelle bezeichnen, bevor es juristisch und damit auch teurer wird.

Wie viele der Auseinandersetzungen oder Unstimmigkeiten werden auf Eurer Stufe gelöst?
Brigitte Gut:
Kantonsweit liegen wir bei knapp zwei Dritteln der Fälle, die auf Stufe der Friedensrichter und -richterinnen erledigt werden.
Urs Fricker: Wobei es darauf ankommt, wie gezählt wird. Wenn die durch den Friedensrichter erteilte Klagebewilligung – die es braucht, um eine Klage vor das Bezirksgericht zu bringen – nicht genutzt wird, gelten diese Fälle bei der kantonalen Zählung als ‹nicht erledigt›.

Wie läuft ein Schlichtungsverfahren normalerweise ab?
Thaler:
Möchte eine Person ein Verfahren einleiten, hat sie bei der Friedensrichterin oder dem Friedensrichter des Bezirks ein Schlichtungsgesuch einzureichen, dem die Gegenpartei, der Streitgegenstand und vorteilsweise eine Begründung zu entnehmen ist. Im Verfahren, zu dem die Parteien persönlich erscheinen müssen, versuchen die Friedensrichter mit den Parteien gemeinsam eine Lösung zu finden und sie zu versöhnen.
Fricker: Ja, und da gibt es dann einige Möglichkeiten: die Klageanerkennung, den Klagerückzug, den Vergleich, den Urteilsvorschlag und den Entscheid. Schliessen die Parteien einen Vergleich, wird dadurch das Verfahren beendet. Können sie sich nicht einigen, können wir bei einem Streitwert bis 2000 Franken auf Antrag der klagenden Partei einen Entscheid treffen und bis 5000 Franken einen Urteilsvorschlag machen. In allen anderen Fällen stellen wir der klagenden Partei die Klagebewilligung aus. Diese berechtigt zur Einreichung einer gerichtlichen Klage innert einer Frist von drei Monaten.

Das klingt alles recht kompliziert. Wieviel Zeit habt Ihr gebraucht, bis Ihr Euch sicher in Eurem Amt bewegt habt?
Gut (lacht):
Bei einigen Fällen, besonders bei komplexeren, habe ich auch heute noch hin und wieder das Gefühl, dass ich anstehe.
Thaler: Da kommt es auch sehr darauf an, wie viele Fälle man zu behandeln hat. In unserem Bezirk hat jeder Friedensrichter zirka 20 Fälle pro Jahr, da braucht es schon eineinhalb bis zwei Jahre, bis man einigermassen weiss, wo es langgeht.

Könnt Ihr ein wenig aus dem «Nähkästchen plaudern»? Mit was für Fällen beschäftigt Ihr Euch?
Thaler:
In den meisten Fällen geht es um Finanzielles, um Geldforderungen, aber auch Stockwerkeigentums- und Erbschaftsstreitigkeiten haben zugenommen.
Gut: Wobei manchmal die Streitigkeiten auch einen viel tieferen Ursprung haben. Das merkt man dann erst am Verhandlungstag, wenn man mit beiden Parteien spricht.
Thaler: Das stimmt. Im Vorfeld haben wir ja nur die Unterlagen der klagenden Partei. Das stellt sich dann oft anders dar, wenn die Beklagten auch zu Wort kommen.
Fricker (lacht): Deshalb mein Grundsatz: «Gehe nie mit einer vorgefassten Meinung in eine Verhandlung.»
Thaler: Die Schlichtungsverhandlung hat den Vorteil, dass wir auch andere Dinge ansprechen können, wenn wir spüren, dass da mehr dahinter ist als der konkret vorliegende Fall.
Gut: Oft ist es auch wichtig, einfach zuzuhören und die Parteien dazu zu bringen, miteinander zu reden.

Das klingt eher nach guter Gesprächsführung als nach klassischer Rechtsprechung …
Fricker:
Deshalb ist es aus meiner Sicht wichtig, nicht Partei zu ergreifen, sondern zunächst den Parteien genügend Raum zu geben, ihre Sicht der Dinge zu schildern.
Thaler: Die Kunst liegt darin, die Leitung zu haben und das Gespräch zu steuern, ohne zu sagen, was richtig oder falsch ist.
Fricker: Es kommt in Verhandlungen relativ oft vor, dass die Parteien mit mir, also mit dem Friedensrichter reden, aber nicht miteinander.
Gut: Eine der wichtigsten Aufgaben von Friedensrichterinnen und Friedensrichtern ist es, gute und direkte Kommunikation hinzukriegen zwischen den Parteien.

Welche Eigenschaften sollte eine Friedensrichterin, ein Friedensrichter idealerweise mitbringen?
Alle:
Fingerspitzengefühl, zuhören können, mit ganz unterschiedlichen Menschen und Situationen umgehen können.
Thaler: Jeder Friedensrichter hat seine Persönlichkeit, deshalb kann die Verhandlungsart auch sehr unterschiedlich sein.
Fricker: Wichtig finde ich auch, dass die Fälle einen Friedensrichter nicht über die Verhandlung hinweg belasten. Man muss sich also abgrenzen können. Häufig geht es um «Recht haben», aber «Recht haben» und «Recht bekommen» sind zwei unterschiedliche Schuhe. Wenn Du etwas nicht beweisen kannst, hast Du schon verloren!
Gut: Ja, das habe ich auch für mich persönlich gelernt: Man muss alles belegen und beweisen können.


Friedensrichterkreis X

Gemeinden: Böztal, Eiken, Frick, Gansingen, Gipf-Oberfrick, Herznach-Ueken, Kaisten, Laufenburg, Mettauertal, Münchwilen, Oberhof, Oeschgen, Schwaderloch, Sisseln, Wittnau, Wölflinswil, Zeihen
Zentrale Postadresse:
Friedensrichteramt Kreis X, Postfach, 5070 Frick
Friedensrichterin und Friedensrichter: Urs Fricker, Wölflinswil, Brigitte Gut, Kaisten (bis 12/2024) Regula Laux, Laufenburg (ab 01/2025) Heinz Thaler, Frick


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote