Höhere Lebenserwartungen: Soll länger gearbeitet werden?
17.02.2024 AbstimmungenAbstimmung vom 3. März
Pro
Ja zur Sicherung der AHV, Ja zur Renteninitiative!
Bernhard Scholl, Grossrat FDP Möhlin
Die AHV muss saniert werden
Wir leben immer länger, die Geburtenrate sinkt und in den nächsten zehn Jahren werden über eine halbe Million Erwerbstätige der sogenannten Babyboomer-Generation pensioniert. Die Folge: Immer weniger Erwerbstätige finanzieren die AHV-Renten von immer mehr Rentnern. Die AHV gibt also langfristig mehr aus als sie einnimmt.
Unternehmen wir nichts gegen das sinkende Umlageergebnis, schreibt die AHV bereits ab 2029 rote Zahlen und 2050 beträgt das Defizit über zehn Milliarden Franken pro Jahr! Dieses Defizit müsste mithilfe von höheren Lohnbeiträgen und einer höheren Mehrwertsteuer gedeckt werden. Das heisst die Menschen erhalten weniger Lohn und müssen mehr für Güter und Dienstleistungen ausgeben. Die Renteninitiative wirkt dieser Entwicklung entgegen und stellt die AHV-Finanzen wieder auf eine solide Basis.
Fair für alle
Weil wir immer älter werden, müssen wir zwingend etwas tun. Ohne Gegensteuer drohen Mehrwertsteuererhöhungen, mehr Lohnabgaben oder eine höhere Verschuldung. Länger leben heisst deshalb auch länger arbeiten. Eine moderate Verknüpfung des Rentenalters mit der steigenden Lebenserwartung ist fair für alle Generationen. Branchenlösungen bleiben möglich, wie es sie heute im Bau gibt, wo Bauarbeiter bereits früher in Pension gehen können.
Die AHV ist ein Generationenvertrag
Die junge, arbeitende Bevölkerung zahlt in die AHV für die Rentner ein. Diese Generation soll dereinst auch von einer finanziell gesicherten AHV profitieren können. Die zentrale Stellschraube zur Sicherung der Renten ist das Rentenalter. Ohne den Mut, das Rentenalter zu erhöhen, bleiben vermeintlich grosse AHV-Reformwürfe nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Nur ein höheres und flexibles Rentenalter liefert die notwendige strukturelle Reform: Die Anzahl Rentner pro Beitragszahler verkleinert sich und die Einnahmen aller Altersvorsorgesystemen steigen.
Hier setzt die Renteninitiative an: Indem das Rentenalter bis 2033 schrittweise auf 66 Jahre erhöht und anschliessend mit der durchschnittlichen Lebenserwartung verknüpft wird, sichern wir die AHV-Finanzen langfristig. Die Initiative ist moderat, auch im internationalen Vergleich: Dänemark, die Niederlande, Belgien, Deutschland und viele weitere Staaten haben beschlossen, das Rentenalter innerhalb der nächsten 10 Jahre auf 67 oder mehr zu erhöhen. Mit der Renteninitiative steigt das Schweizer Rentenalter hingegen nur auf 66 Jahre bis ins Jahr 2033. Das Anliegen der Renteninitiative ist somit moderat und sozial.
Zusätzlicher Effekt der Renteninitiative: Reduktion der Zuwanderung
Sie reduziert die Zuwanderung in die Schweiz. Laut einer Studie im Auftrag des Bundes kann die Renteninitiative zu einem Rückgang der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt um bis zu 23 Prozent bis ins Jahr 2050 führen. Der Grund: Arbeitgeber können verstärkt auf inländische Fachkräfte zurückgreifen.
Aus all diesen Gründen:
Ja zur Renteninitiative am 3. März 2024.
Contra
Nein zur Renteninitiative der Jungfreisinnigen
Daniele Mezzi, Grossrat und Bezirksparteipräsident Die Mitte Laufenburg
Die Renteninitiative zielt darauf ab, das Rentensystem zu reformieren, um es an die demografische Entwicklung und die wirtschaftliche Realität anzupassen. Obwohl Reformen im Rentensystem unbestreitbar notwendig sind, um seine langfristige Tragfähigkeit zu sichern, gibt es gewichtige Gründe, gegen die spezifischen Vorschläge der Jungfreisinnigen zu argumentieren.
Ein Hauptargument gegen die Renteninitiative ist die potenzielle Verschärfung sozialer Ungleichheiten. Die Initiative beinhaltet Massnahmen, die das Renteneintrittsalter für Frauen und Männer schrittweise auf 66 Jahre erhöht und die Rentenbeiträge verändern, was besonders benachteiligte Bevölkerungsgruppen hart treffen würde. Menschen in körperlich anstrengenden Berufen oder mit gesundheitlichen Problemen könnten es schwierig finden, länger zu arbeiten, was ihre Lebensqualität erheblich beeinträchtigt. Zudem könnten niedrigere Einkommensgruppen, die sich private Vorsorgelösungen weniger leisten können, im Alter schlechter dastehen.
Die Initiative könnte kurzfristige wirtschaftliche Vorteile versprechen, indem sie die öffentlichen Ausgaben für Renten reduziert. Langfristig jedoch könnten die vorgeschlagenen Änderungen das wirtschaftliche Wachstum hemmen. Eine Erhöhung des Rentenalters kann den Arbeitsmarkt belasten, insbesondere in Branchen mit einem akuten Mangel an jungen Fachkräften. Dies könnte auch die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft einschränken, da jüngere Generationen später in Führungspositionen gelangen.
Unsicherheit für zukünftige Generationen
Die Reform könnte zukünftigen Generationen eine grössere Last auferlegen, indem sie die Unsicherheit hinsichtlich ihrer eigenen Rentenansprüche erhöht. Die Verschiebung hin zu mehr privater Vorsorge birgt das Risiko, dass individuelle Renten stark von den Marktschwankungen abhängen werden, was zu einer geringeren Vorhersehbarkeit und Sicherheit führt.
Mangelnde Flexibilität
Die Initiative könnte die Flexibilität des Rentensystems verringern, indem sie ein starres Modell vorschlägt, das nicht leicht an zukünftige Veränderungen angepasst werden kann. Ein flexibles Rentensystem und ein flexible Renteneintrittsalter, könnten besser auf individuelle Bedürfnisse und wirtschaftliche Veränderungen reagieren.
Schliesslich könnte die Fokussierung auf diese Reform die Diskussion um alternative Lösungen behindern, die das Rentensystem auf nachhaltigere Weise stärken könnten. Dazu gehören beispielsweise Massnahmen zur Förderung der Erwerbstätigkeit älterer Menschen ohne Erhöhung des offiziellen Rentenalters (schon bereits angepasst), Investitionen in die berufliche Weiterbildung und Umschulung sowie die Schaffung von Anreizen für Unternehmen, ältere Arbeitnehmer zu beschäftigen und weiterzubilden.
Fazit: Insgesamt erfordert die Reform des Rentensystems eine sorgfältige Abwägung verschiedener Faktoren, um ein gerechtes, nachhaltiges und wirtschaftlich tragfähiges System zu gewährleisten. Die Vorschläge der Jungfreisinnigen könnten in ihrer aktuellen Form zu sozialer Ungerechtigkeit führen, wirtschaftliche Risiken bergen und die Unsicherheit für zukünftige Generationen erhöhen, ohne die notwendige Flexibilität und Offenheit für alternative Lösungen zu bieten.
Somit ein klares Nein für die Renteninitiative!
«Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge»
Die Renteninitiative der Jungfreisinnigen verlangt die Erhöhung des Rentenalters von Männern und Frauen auf 66 Jahre, anschliessend soll das Rentenalter mit der Lebenserwartung weiter steigen. Bundesrat und Parlament empfehlen die Ablehnung der Renteninitiative. Eine Koppelung des Rentenalters an die Lebenserwartung berücksichtige weder die sozialpolitische noch die arbeitsmarktliche Situation. (nfz)