Herzensgrüsse gegen die Einsamkeit
09.10.2023 OberhofenVon Hand und von Herzen: Mit ihrer Idee, einsamen Bewohnerinnen und Bewohnern von Altersheimen und anderen Institutionen mit einer handgeschriebenen Karte eine Freude zu machen, rannten Eveline Gasser und Karin Caviezel-Gasser offene Türen ein.
Karin Pfister
«Wir möchten den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern», sagt Eveline Gasser, welche zusammen mit ihrer Schwester Karin Caviezel-Gasser den Verein Schreib-Freude gegründet hat. Die Idee dazu hatten die beiden im vergangenen November beim Wellnessen: «Herzenspost sollte an einsame Menschen verteilt werden.» Eveline Gasser wohnt im Mettauertaler Ortsteil Oberhofen, ihre Schwester im Bündnerland. Die beiden begannen gleich mit der Umsetzung und fragten Altersheime und Institutionen in den jeweiligen Regionen an, wo Post willkommen wäre. «Die Resonanz war riesig, wir rannten offene Türen ein», erinnert sich Eveline Gasser.
Im Vorstand von SchreibFreude sind neben den beiden Schwestern Andre Römer und Gion Caviezel, der Verein hat bereits rund 20 Mitglieder.
An der ersten Weihnachtsaktion kamen 444 Briefe, Karten und Zeichnungen zusammen. An Ostern waren es knapp 400 und beim Sommergruss 650. Mitmachen können alle, die einsamen Menschen mit einer selbstgeschriebenen Karte eine Freude machen möchten. Grosses Potential sieht Eveline Gasser bei Schulen, von denen sich bereits jetzt einige beteiligt haben. Die am weitesten entfernt wohnende Briefschreiberin ist eine Schweizerin, welche in Australien lebt. «Sie hat einen Brief über ihr Leben dort geschrieben und viele Fotos beigelegt. Wir haben den Brief dann kopiert und zusammen mit den verschiedenen Bildern an mehrere Empfänger verteilt.»
Erfolgsgeschichte
«Ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl und war mir sicher, dass SchreibFreude sich zu etwas Grösserem entwickeln würde», sagt Eveline Gasser. Die Geschwindigkeit, mit der das Projekt fortschreitet, habe sie aber überrascht. Sie und ihre Schwester arbeiten zusammen rund einen Tag pro Woche für SchreibFreude. Die Briefe müssen gesammelt und für die verschiedenen Institutionen sortiert werden; die Vorstandsmitglieder schreiben selbst auch Karten oder gestalten Couverts. Die ganze Arbeit ist ehrenamtlich. «Wir stossen bereits jetzt an eine Kapazitätsgrenze und würden uns über neue Vereinsmitglieder und auch über Schreiberinnen und Schreiber freuen.» Gerne nehme der Verein auch Spenden, zum Beispiel von Firmen, welche die Idee unterstützen möchten, entgegen. Eveline Gasser schätzt die Anzahl der bisherigen Schreiber auf rund 350. «Einige gestalten mehrere Karten, andere eine – jede Karte zählt.»
Aus den beiden regionalen Projekten im Fricktal und im Bündnerland sei bereits eine überkantonale Zusammenarbeit entstanden; auch Altersheime aus Biel, Solothurn, St. Gallen und dem Kanton Zürich machen bei SchreibFreude mit.
Die Karten überbringt Eveline Gasser häufig mit ihrem Privatfahrzeug, einem VW Bulli T1 aus dem Jahre 1963. «Wenn wir damit unterwegs sind, freuen sich immer alle andern auf der Strasse.»
Der Verein SchreibFreude bringt die fröhliche Post gegen die Einsamkeit jeweils bis zur Türe. Verteilt werden die Briefe und Karten dann vom Personal. «Wer möchte, darf auch einen Absender hinterlassen. Die Idee ist aber nicht, dass daraus eine Brieffreundschaft wird», sagt Gasser. Sie führt in der alten Spinnerei in Turgi das Atelier «flieg JETZT», welches unter anderem kreative Schriften-Kurse anbietet. Dort hat kürzlich ein Tag der offenen Türe stattgefunden, an dem auch die Flyer von «Schreib-Freude» verteilt wurden. «Die angesprochenen Besucherinnen und Besucher haben sehr positiv reagiert.»
Wer gerne als Schreiberin oder Schreiber tätig werden möchte, informiert sich am besten auf der Homepage: www.schreib-freude.ch – Die diesjährige Weihnachtspost sollte bis zum Samichlaustag am 6. Dezember beim Verein eingetroffen sein. Wichtig sei es, den Brief oder die Karte in einem verschlossenen Couvert zu übergeben. «Wenn das Couvert auch noch schön gestaltet ist und aussieht wie ein Geschenk, ist die Freude bei den Empfängern noch grösser.»