«Ein Husarenstück auf dem Rücken der Bevölkerung»
06.07.2023 EikenGegen die Ansiedlung von Bachem im Sisslerfeld hat man in Eiken nichts. Im Gegenteil. Gegen die vom Kanton aufgebürdete Kostenlast für die Erschliessungsstrasse wehrt man sich in der Gemeinde seitens der Behörde wie auch der Bevölkerung energisch. 559 Personen haben eine Petition zuhanden des Kantons unterschrieben.
Susanne Hörth
Wahrhaft dicke Post hat der Kanton Aargau in diesen Tagen aus Eiken erhalten. «Wir haben innert gerade einmal dreieinhalb Tagen 559 Unterschriften gesammelt», erklärt Georges Collin. Der ehemalige Eiker Gemeindeammann ist eines von zwölf Mitgliedern des Komitees «Interessierte Mitbürger gegen die Südspange Sisslerfeld». «Hoffentlich hinterlässt unsere Post in Aarau Eindruck», meinte Collin. Die am Montag dem Eiker Gemeinderat übergebene Petition ist im Zuge des kantonalen Mitwirkungsverfahrens «Kantonaler Nutzungsplan Südspange ESP Sisslerfeld» vergangene Woche als Einwendung dem Kanton zugestellt worden. Mit der Unterschriftensammlung werde in Aarau auch gezeigt, dass sich in Eiken Gemeinderat und Bevölkerung gemeinsam für ihr Anliegen einsetzen. «Unser Auftrag an die Gemeinde ist es nun, standhaft zu bleiben.» Am meisten bemängelt wird bei der kantonalen Nutzungsplanung (KNP) die fehlende Transparenz. «Wir wollen Bachem nicht vertreiben», betonte Collin. Mit der Ankündigung der Baselbieter Firma, bis Ende dieses Jahrzehnts im Sisslerfeld auf Eiker Gemeindegebiet einen neuen Standort zu eröffnen, bekam die Erschliessung des Geländes seitens Kanton Aargau gehörigen Schub. Die Südspange mit einem Gesamtvolumen von rund 25 Millionen Franken, von denen Eiken ohne Mitbestimmung rund 10,8 Millionen übernehmen muss, wurde vom Kanton beschlossen. «Wir wollen kein Husarenstück auf dem Rücken der Eiker Bevölkerung», führte Georges Collin hierzu an. Der kantonale Nutzungsplan «Südspange ESP Sisslerfeld» sei unter anderem auch zu überarbeiten, weil er zu einer Überschuldung von Eiken führt. Die stets hervorgehobene regionale, kantonale und nationale Bedeutung des Entw icklungsschwerpunktes Sisslerfeld sei bei der Planung und damit auch bei der Erschliessung eine gemeinsame Aufgabe.
Was aktuell in Eiken passiert, ist einmalig in der Gemeinde, freute sich Georges Collin über das enge Zusammenstehen der Bevölkerung. «Es ist ein demokratischer Prozess.» Und: «Es braucht jetzt einen grossen, runden Tisch.»
Ein Kapitel für die Geschichtsbücher
«Ich hoffe, wir erleben heute einen historischen Moment», sagte Gemeindeammann Stefan Grunder. Den Auftrag, sich gegen die Südspange und für eine bessere Lösung einzusetzen, hat der Gemeinderat nicht erst mit der aktuellen Unterschriftensammlung entgegengenommen. «Wir hätten bereits im Januar den vom Kanton vorgelegten Erschliessungsvertrag, welcher den Kostenverteiler regelt, unterschreiben sollen.» Das, so Grunder, sei aber bisher nicht geschehen. Die Gemeinde hat den Vertrag juristisch prüfen lassen. «Wir wollen zuerst brauchbare Lösungen vom Regierungsrat.»
Es droht eine Überschuldung in Eiken
Widerstand gegen die Erschliessungsstrasse im Sisslerfeld
Nicht nur das Eiker Komitee «Interessierte Mitbürger gegen die Südspange Sisslerfeld» wehrt sich gegen die teure Erschliessungsstrasse auf Eiker Gemeindegebiet. Unterstützung kommt auch vom Gemeinderat und der Bevölkerung.
Susanne Hörth
«Die vom Kanton geplante Südspange wird als kommunale Strasse ohne direkte Mitsprachemöglichkeit der Bevölkerung taxiert. Hier vermissen wir jegliches Demokratieverständnis seitens des Kantons.» Es sind klare Worte, welche das Eiker Komitee «Interessierte Mitbürger gegen die Südspange Sisslerfeld» an den Kanton Aargau richtet. Wie gross der Widerstand in Eiken ist, wird durch die von 559 Personen unterzeichnete Einwendung (im Rahmen der Mitwirkung Kantonaler Nutzungsplan «Südspange ESP Sisslerfeld») verdeutlicht. Bei der vom Kanton geplanten Erschliessungsstrasse (Südspange) fehlen dem Komitee mögliche Alternativen wie etwa auch eine Norderschliessung. Sauer stossen zudem die 10,8 Millionen Franken auf, welche Eiken ohne selbst darüber bestimmen zu können, an die Südspange zahlen muss. «Wir sind nicht gegen die Ansiedlung der Firma Bachem AG im Sisslerfeld. Aber wissen wir, was in zehn Jahren ist? Wir setzen uns für eine tragbare und gerechte Kosteneinteilung ein», führt das Komitee hierzu an. Man dürfe den künftigen Generationen keine solche Hypothek hinterlassen. «Dies kann nicht im Sinne des Kantons sei.» Dem pf lichtete auch Eikens Gemeindeammann Stefan Grunder bei der Übergabe der Unterschriftensammlung zu. Er betonte, dass der Gemeinderat bereits mit dem Regierungsrat in Kontakt sei. «Der Kanton drängt, will vorwärtsmachen. Er ist dabei aber auf die vier Sisslerfeld-Gemeinden angewiesen.» Damit machte Grunder auch deutlich, dass Eiken von Stein, Sisseln und Münchwilen Rückendeckung bekommt. Die vier Gemeindeammänner sind im engen Kontakt miteinander. «Wenn der Gemeinderat den Vertrag unterschreibt, ist der Mist geführt.» Klein beigeben ist somit nicht im Sinne von Eiken, seiner Behörde und seiner Bevölkerung.
Gegen eine Überschuldung
«Es passiert nicht oft, dass eine solche Unterschriftensammlung gemacht wird», unterstrich Gemeindeschreiber Marcel Notter die Bedeutung des Momentes. Wobei es weniger um den Augenblick selbst, als vielmehr um die Zukunft der Gemeinde geht. Wie Grunder betonte auch Notter, dass für Eiken mit der vom Kanton verfügten Übernahme von 10,8 Millionen eine massive Zunahme der Pro-Kopf-Verschuldung (neu auf 4500 Franken) einhergeht. «Diese Überschuldung müssen wir bekämpfen.» In Eiken stehen in den nächsten zehn Jahren andere wichtige Investitionen an.
«Die aktuelle Bürgerbewegung, ein Viertel der Bevölkerung hat unterschrieben, sagt deutlich: so geht es nicht», betonten bei der Unterschriftenübergabe an den Gemeinderat auch die anwesenden Komitee-Mitglieder. Wichtig ist ihnen, dass die Firma Bachem von der Gemeinde erfährt, dass man nichts gegen ihre Ansiedlung im Sisslerfeld habe, ganz im Gegenteil. Es geht beim Widerstand in Eiken um eine bessere Abklärung, beziehungsweise Lösungen bei der Erschliessung und bei der Finanzierung.
Das Komitee
Das Komitee «Interessierte Mitbürger gegen die Südspange Sisslerfeld» fordert, dass alle Verantwortlichen in Bezug auf die angedachte Erschliessungsstrassse nochmals über die Bücher gehen und eine durchdachte und gerechte Lösung für alle Beteiligten gefunden wird. Dem Komitee gehören an: Georges Collin, Anton Schwarz, Kurt Riner, Yvonne John, Werner Gasser, Thomas Bussinger, Markus Gilgen, Fränzi Saridis, Antonio Quaresima, André Blätter, Hansjörg Manz und Sascha Hohler.