Ein Angebot für Nachtschwärmer
07.07.2024 WegenstettenDie Malediven. Oder vielleicht doch Wegenstetten? Denn manchmal reicht auch eine Grosse Hufeisennase zum Glück.
Ronny Wittenwiler
Seit fünf Jahren ist der Ort mit dem Skilift – man glaubt es kaum – auch eine Sommerferiendestination. Am 20. Juli 2019 trafen die ersten Touristen ein, gebucht hatten sie eine Woche Wegenstetten, sie nächtigten in einem über zweihundert Jahre alten Gast- und Bauernhaus und die NFZ wirft jetzt diese etwas sonderbare Frage in den Raum: Was hat denn Wegenstetten, was die Malediven nicht haben? Regula Murbach kennt die Antwort darauf und wird sie für diese Geschichte noch liefern.
Unter dem Radar
Ohne Frage fliegt das, was seit fünf Jahren in Wegenstetten angeboten wird, bei vielen Fricktalerinnen und Fricktalern nach wie vor etwas unter dem Radar. Touristen aus der restlichen Schweiz und dem nahen Ausland hingegen machen es sich immer wieder gemütlich im sogenannten «Flederhaus»; diesem denkmalgeschützten Gebäude mit tierischen Bewohnern, die sich im Dachstock des dazugehörenden Stalls einquartiert haben. Dabei handelt sich um eine Kolonie der Grossen Hufeisennase – eine in der Schweiz bedrohte Fledermausart.
Das Gebäude, im Besitz von Pro Natura Aargau, kann als Ferienhaus gebucht werden. Die Buchungen nimmt die Stiftung «Ferien im Baudenkmal» aus Zürich entgegen. Nach einem mehr oder weniger mässigen Start dieses Ferienprojekts im 2019 (23 Nächte), flatterten im darauffolgenden Jahr bereits deutlich mehr Gäste ins Haus, die Auslastung stieg auf über fünfzig Prozent und die Marke von einhundert Übernachtungen wurde geknackt. «Während der Sommerferien ist das Haus bereits wieder gut gebucht», sagt Regula Murbach. Die Saison dauert jeweils von April bis Oktober, und auch Murbach, selbstverständlich, weiss: Natürlich sei Wegenstetten jetzt nicht der touristische Hotspot schlechthin. Doch mit einer permanenten Auslastung von jeweils über fünfzig Prozent scheint diese etwas andere Art von Ferien bei einer gewissen Klientel anzukommen. Stammen die meisten Feriengäste aus der Schweiz oder Deutschland, gönnen sich auch immer mal wieder Franzosen, Italiener und Österreicher ein paar Tage Wegenstetten. «Einige wenige Gäste stammen aus Übersee», sagt Murbach.
Wenn es dunkel wird
Doch ganz gleich aus welchen Himmelsrichtungen die Touristen kommen, eines ist ihnen allen gemein: Murbach spricht von dieser besonderen Atmosphäre, die das denkmalgeschützte Haus ausstrahle, vom naturbelassenen Garten, vom Teich, der vielen Pflanzen und Tieren als Biotop - dient. Und dann ist da noch dieser Moment nach Einbruch der Dunkelheit: Dann lassen sie sich beobachten, all die Fledermäuse bei ihrem Ein- und Ausflug. Mit einem sogenannten «Bat-Scanner » («Bat»: englisch für Fledermaus), der Ultraschall-Laute in den hörbaren Bereich transformiert, lässt sich in die fabelhafte Welt dieser Tiere eintauchen. Murbach liess sich selbst einmal auf dieses Experiment in Wegenstetten ein. «Die unterschiedlichen Fledermäuse tönen tatsächlich verschieden. Dort draussen im Garten zu sitzen, etwas trinken und einfach den Fledermäusen beim Rumflattern zusehen – das ist wunderbar und extrem spannend.»
So geht Entschleunigung
Das alles führt vielleicht zur halben Wahrheit, was denn Wegenstetten hat, was die Malediven nicht haben: Grosse Hufeisennasen! Die ganze Wahrheit aber ist: Kein Anreisestress wie bei den Fernreisen, keine überfüllten Flughäfen, keine kilometerlangen Staus und genervte Menschen. «Das alles ist ex trem ent schleunigend», sag t Murbach. Vielleicht ist es tatsächlich an der Zeit, als Frick taler Familie einmal etwas komplett Verrück tes zu tun – Ferien in Wegenstetten. Oder, um es mit der Grossen Hufeisennase und der Glückseligkeit im gebuchten «Flederhaus» zu sagen: Warum denn in die Ferne flattern?
www.ferienimbaudenkmal.ch www.ferienimbaudenkmal.ch/ flederhaus