«Die Thommen AG kann sich nicht auf ein Experiment einlassen»
21.11.2024 WirtschaftDer Gemeinderat von Kaiseraugst hält daran fest: Er möchte das Thommen-Areal in Kaiseraugst sowie umliegende Parzellen einer neuen Bahnhofszone zuweisen. Das Recycling-Unternehmen wehrt sich dagegen. Warum die Firma gegen diesen Schritt ist, erklärt Patrick Härtsch, Mitglied der Geschäftsleitung der Thommen Group, gegenüber der NFZ.
Valentin Zumsteg
NFZ: Herr Härtsch, was sagt die Thommen AG zu den Plänen des Gemeinderates?
Patrick Härtsch: Die Thommen AG ist unverändert der Meinung, dass im Zuge der Planungsarbeiten beziehungsweise im Planungsbericht nie der Versuch unternommen wurde, dem Bestehenden für die Zukunft eine Chance zu geben und darauf die Planung auszurichten. Auch dem aktuellen Planungsbericht kann nicht entnommen werden, dass die Planungsbehörden diese Opportunität geprüft hätten. Von Beginn an war die Zielrichtung, das Thommen-Areal zu einem Quartier mit einer auf das Wohnen fokussierten Nutzung umzuplanen. Dies bestätigte sich auch anlässlich eines gemeinsamen Treffens zwischen Vertretern der Gemeinde und der Thommen AG vom Januar 2024: Die Thommen AG möchte an ihrem heutigen Standort festhalten, während die Gemeinde das Areal zukünftig einer Wohnnutzung zuführen will.
Haben Sie Verständnis für den Antrag des Gemeinderates?
Die Thommen AG ist sich bewusst, dass ihr Areal an besonderer Lage liegt und verkehrstechnisch ideal erschlossen ist. Diese besondere Lage ist insbesondere für die betrieblichen Aktivitäten des Unternehmens von zentraler Bedeutung. Das Areal wird heute industriell genutzt, es wird seit Jahrzehnten so genutzt und das soll auch in Zukunft so bleiben. Die Thommen AG hat sich einem Umzug nie a priori verschlossen. Solange aber kein adäquater Ersatzstandort rechtlich gesichert zur Verfügung steht, kann sich die Thommen AG nicht auf das Experiment einer Umzonung ihres Areals einlassen.
Was würde denn die Umzonung für die Thommen AG bedeuten?
Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die Thommen AG durch das Recycling Rohstoffe zurückgewinnt, damit ein wichtiger Bestandteil der Kreislaufwirtschaft ist und einen wichtigen Beitrag zum schonenden Umgang mit Ressourcen leistet. Das Unternehmen bietet am Standort in Kaiseraugst über 100 Arbeitsplätze, auch im niederschwelligen Bereich. In Bezug auf die nach einer Umzonung resultierende Besitzstandsgarantie bedeutet das, dass nur noch der bestehende Betrieb weitergeführt werden kann. Erweiterungen werden künftig keine mehr möglich sein, was im Bereich des Recyclings, wo immer wieder neue Verfahren oder auch neue Stoffströme entstehen, problematisch für das wirtschaftliche Fortbestehen im Wettbewerb sein kann. Aktuell löst die Elektromobilität den Verbrennungsmotor mehr und mehr ab, was neue Recyclingverfahren notwendig macht.
Schaut sich die Thommen AG nach einem neuen Standort um?
Die Thommen AG sucht seit Jahren intensiv nach Ersatzstandorten, bis dato ist es jedoch nicht gelungen, einen adäquaten Ersatzstandort zu finden; wir brauchen eine vergleichbare Grösse sowie die Nähe zu Autobahn- und Bahnanschluss. Hinzu kommt, dass ein Umzug einem Neubau des Betriebs mit allen Aggregaten gleichkommt. Selbst, wenn ein Ersatzstandort gefunden würde, kann ein Umzug nicht von heute auf morgen erfolgen. Ein Planungsund Baubewilligungsverfahren, die Realisierung des Bauvorhabens und der anschliessende Umzug sind ausserordentlich zeitaufwändig. Die Kosten für einen solchen Neubau in Verbindung mit dem Kaufpreis für Land sind enorm und betriebswirtschaftlich kaum abbildbar. Die Suche hat auch immer wieder verdeutlicht, dass Recycling von der Allgemeinheit im Grundsatz als sehr wichtig betrachtet wird, selten aber jemand einen Recycling-Betrieb in seiner Umgebung haben möchte.
Falls die Gemeindeversammlung der Umzonung zustimmen würde, würde die Thommen AG dann rechtliche Schritte ergreifen?
Die Position des Unternehmens hierzu ist unverändert und wurde gegenüber der Gemeinde auch stets und von allem Anfang an transparent kommuniziert: Die Thommen AG wird die Einschlagung des Verfahrenswegs beziehungsweise Instanzenzugs prüfen und gegebenenfalls auch bis zum Ende beschreiten.