«Die Persönlichkeit macht den Unterschied»
03.06.2024 OlsbergDas Solsberg-Festival wurde bereits vor 19 Jahren von Sol Gabetta gegründet. Die Initiatorin und Leiterin des Festivals hat soeben den bedeutendsten Schweizer Musikpreis als Anerkennung für ihr künstlerisches Schaffen in der Schweiz und so auch beim Solsberg-Festival gewonnen.
OLSBERG. Neben ihren eigenen Auftritten beim Solsberg-Festival liegen Sol Gabetta die Nachwuchsförderung und das Entdecken junger Talente besonders am Herzen. In einem kurzen Gespräch gibt uns die Festivalintendantin spannende Einblicke in das von ihr gegründete Förderprogramm «Solsberg Young Artists» und verrät die Besonderheiten der auftretenden Nachwuchstalente.
Wie ist das Format «Solsberg Young Artists» entstanden? Was ist die Idee dahinter?
Sol Gabetta: Das Format entstand aus der Überzeugung, wie wichtig es ist, aufstrebende junge Talente mit etablierten Solistinnen und Solisten zu vernetzen. Die Idee ist, jedem Talent eine eigene Plattform zu bieten. Deshalb sind mir die Rezitale auch besonders wichtig: Dort können die jungen Musikerinnen und Musiker ihre Fähigkeiten zeigen. Sie haben alle das Potenzial, solistisch zu glänzen, auch wenn ihnen oft noch der bekannte Name fehlt. Ich bin überzeugt, dass sie musikalisch weit kommen werden. Ein weiterer wichtiger Schritt ist, dass die jungen Talente ihr eigenes Publikum gewinnen und mit anderen Musikerinnen und Musikern konzertieren. Deshalb lade ich sie häufig weitere Male zu Kammermusikprogrammen ein. Musikalischer Erfolg hängt oft von einem Schlüsselmoment ab – sei es ein Preis, ein Festival oder die Begegnung mit anderen Musikerinnen und Musikern, die zu weiteren Konzerten führen. Es freut mich sehr, wenn das Solsberg-Festival einer dieser Schlüsselmomente sein kann.
Neu werden die Programme der «Young Artists» als Hauptkonzert aufgeführt und erhalten einen prominenten Platz im Festivalprogramm. Wie kam es zu diesem
Entscheid?
Ich beobachte – egal wo – dass die Veranstalter oft Angst haben, eine neue Serie zu lancieren. Natürlich kann es sein, dass dadurch etwas weniger Tickets verkauft werden, aber darum geht es nicht. Alle Künstlerinnen und Künstler des Solsberg-Festivals sind besonders, ob bekannt oder nicht. Ich habe beobachtet und auch selber erlebt, dass man als junge Künstlerin einerseits glücklich ist, wenn man die Möglichkeit bekommt, bei einem Festival zu spielen. Gleichzeitig kann man auch enttäuscht sein, wenn es sich dabei um ein Nebenkonzert handelt. Auch das Publikum merkt dadurch, dass mir die Konzerte der jungen Künstlerinnen und Künstler genauso wichtig sind. Manchmal vergisst man, wie gut man als junge Musikerin bereits sein kann: Man hat noch eine gewisse Frische, einen starken Willen und spielt technisch und musikalisch bereits auf einem ausgezeichneten Niveau. Das Einzige, was man danach noch gewinnt, ist die Erfahrung, mehr Sicherheit und eine innere Ruhe.
Dieses Jahr haben Sie sich entschieden, mit zwei «Young Artists» ein Konzert zu gestalten. Gemeinsam mit Alexandra Dovgan (Piano) und Hana Chang (Violine) präsentieren Sie ein Programm um Mendelssohn. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Ich freue mich ganz besonders auf dieses Konzert. Beide traten bei uns bereits mit einem Rezital auf. Es sind zwei Ausnahmekünstlerinnen, die noch sehr jung sind, aber bereits phänomenal spielen. Deshalb wollte ich unbedingt mit den beiden jungen Musikerinnen spielen.
Neben Hana Chang und Alexandra Dovgan sind auch Marie-Ange Nguci (Piano), Stephen Waarts (Violine) und Juliette Mey (Mezzosopran) zu Gast – was macht diese jungen Talente so besonders?
Es gibt meiner Meinung nach etwas, worüber man oft nicht spricht. Es ist ein gewisser Schlüssel für mich, und zwar, welche Persönlichkeit ein Künstler oder eine Künstlerin hat – das ist der Unterschied zwischen jemandem, der einfach technisch genial spielt und jemandem, der ein wahrhaftiger Interpret ist. Ich spüre mittlerweile relativ schnell, ob es eine Affinität gibt, die Musik zu verstehen und suche etwas Besonderes und Fragiles. Ich glaube, dass das alle fünf gemeinsam haben – sei es Marie-Ange auf dem Klavier, Stephen Waarts auf der Geige oder Juliette Mey mit ihrer besonderen Stimme. Es lohnt sich, für sie alle stark zu kämpfen, und ich möchte ihnen dabei helfen, so viel ich kann. (mgt/nfz)
Das Solsberg-Festival findet vom 27. Juni bis 6. Juli 2024 statt.
Der Grand Prix Musik
Sol Gabetta erhält den Schweizer Grand Prix Musik 2024 (die NFZ berichtete). Mit dieser Auszeichnung würdigt das Bundesamt für Kultur eine Musikerin mit vielen Talenten, die als Solistin internationale Anerkennung geniesst. Sol Gabetta ist aktuell eine der bekanntesten und beliebtesten Cellistinnen weltweit. Sie wurde 1981 in Argentinien geboren und besitzt seit 2018 die Schweizer Staatsbürgerschaft. Sie studierte an der Musikhochschule Basel und lebt seit langem in der Gemeinde Olsberg im Kanton Aargau. Dort leitet sie das Kammermusikfestival Solsberg seit dessen Gründung 2006. Der Schweizer Grand Prix Musik ist mit 100 000 Franken dotiert. Die Schweizer Musikpreise werden am 12. September 2024 in der Salle Paderewski des Casino de Montbenon in Lausanne verliehen. (nfz)