«Die Enttäuschung ist gross»

  16.06.2024 Persönlich, Wallbach, Fussball

Der FC Wallbach steigt in die dritte Liga ab: was lief falsch?

Sechs Jahre lang hielt sich der kleine FC Wallbach wacker in der 2. Liga regional. Jetzt steigt er ab. Die NFZ hat mit Trainer Giuseppe Oliva gesprochen.

Ronny Wittenwiler

NFZ: Giuseppe Oliva, wie gross ist die Enttäuschung über den Abstieg?
Giuseppe Oliva:
Obschon es sich aufgrund der Resultate abzeichnete, dass es soweit kommen könnte: Die Enttäuschung ist sehr gross. Das vorletzte Spiel gegen Muttenz war ein Spiegelbild der gesamten Saison: Du verlierst in den letzten fünf Minuten, obwohl du über neunzig Minuten mindestens auf Augenhöhe warst. Kleine Dinge machten den Unterschied.

Die Saison zuvor war brillant. Hat sich beim FC Wallbach eine Genügsamkeit eingeschlichen?
Nein. Spieler, Trainerstab, generell im Verein: Ich könnte niemandem vorwerfen, er vermittle ein Gefühl, dass alles selbstverständlich sei.

Woran lag es dann?
In der ganzen Saison zuvor blieben wir von Verletzungen praktisch verschont, konnten immer aus dem Vollen schöpfen; obwohl wir damals schon kein riesiges Kader hatten. Diese Saison konnten wir langfristige Absenzen schlicht nicht kompensieren. Das soll keine Entschuldigung sein. Es ist mir nicht gelungen, nachrückende Spieler so hinzubekommen, dass sie diese Lücke schliessen konnten.

Warum?
Spieler, die frisch in die Aktivmannschaft kommen, bräuchten Spielminuten. Das funktioniert problemlos, wenn alles läuft. Treten Schwierigkeiten auf, machst du diesen jungen Spielern damit aber keinen Gefallen.

In der Super League oder mindestens in der Bundesliga wird der Trainer nach einem Abstieg entlassen.
Das ist oft der Fall, definitiv. Das ist sogar auch im Amateurbereich so.

Der FC Wallbach hat sich für einen anderen Weg entschieden.
Der FC Wallbach hat sich für Nachhaltigkeit entschieden und das in einer Phase, in der wir am schlechtesten dastanden. Ich arbeite weiterhin gerne mit dem FC Wallbach zusammen. Unabhängig von der Liga, das war für mich nie Thema.

Was muss besser werden in der neuen Saison?
Ich kann den Spielern kein fehlendes Engagement vorwerfen. Sie wissen aber, dass sie in der Planung besser werden müssen, was Absenzen anbelangt; dass wenn der eine im Militär ist, ein anderer nicht zum selben Zeitpunkt Ferien macht oder ein Weekend plant mit der Freundin. Hast du 25 Spieler im Team, kannst du dir das leisten, mit bloss 15, 16 Spielern wird das schwierig. Aber wir sind nun mal im Amateurbereich.

Das Ziel ist der sofortige Wiederaufstieg?
Wir müssen realistisch bleiben. Das Ziel ist dasselbe, wie wir es in der Zweitliga hatten.

Das wäre?
Wir hätten in schwierigen Zeiten dieser Rückrunde versuchen können, vier, fünf neue Spieler zu holen, um den Verbleib in der zweiten Liga anzustreben. Wir haben aber eigene Junioren nachgezogen und es so versucht. In erster Linie mit eigenen Spielern zu arbeiten und eigene Junioren in die erste Mannschaft einzubauen, bleibt unser Ziel. Es geht also auch um die Identifikation mit dem Club als Ganzes. Dennoch wollen wir jedes Spiel gewinnen. Niemand steht auf den Platz, um zu verlieren. Man muss sich aber bewusst sein: Die dritte Liga ist eine andere als die zweite.

Inwiefern?
Gefragt sind andere Eigenschaften. Bist du nicht demütig genug und denkst, die dritte Liga sei ein Selbstläufer, wirst du nach hinten durchgereicht.

Die anderen wollen den ehemaligen Zweitligisten um jeden Preis besiegen?
Das ist so. In der Region gibt es genug Beispiele von Vereinen, die durchgereicht worden sind. Sissach kam von der zweiten in die dritte Liga und steigt nun in die vierte ab, Frenkendorf genauso, Oberdorf genauso. Rheinfelden rettete sich vor zwei Jahren erst am letzten Spieltag. Seinen Platz in der Realität der dritten Liga zu finden, ist enorm schwierig und bedeutet ein hartes Stück Arbeit. Darum: Als Mannschaft müssen wir uns zuerst in dieser dritten Liga zurechtfinden, bevor wir den sofortigen Wiederaufstieg rausposaunen.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Ist Wallbach der krasse Aussenseiter im Basler Cupfinal gegen den Rivalen FC Möhlin?
Krasser Aussenseiter nicht. Die Favoritenrolle liegt aber sicher beim FC Möhlin aufgrund dieser hervorragenden Saison. Möhlin leistete super Arbeit; Topteam, Toptrainer.

Wir könnten nun aber fünf Euro ins Phrasenschwein schmeissen und behaupten: Im Cup ist alles möglich.

Im Cup ist definitiv alles möglich! Wir haben langjährige Spieler im Kader, die Anfang Saison schon ankündigten, dass es ihre letzte sein würde und wie gerne sie doch mit einem Cupfinal aufhören würden. Das wurde fast schon ein «Running Gag»; doch je näher wir kamen, desto wichtiger wurden uns die Begegnungen. Im Viertelfinal, im Halbfinal – da wurde nochmals alles abgerufen.

Die Motivation ist da.
Für so ein Spiel musst du niemanden mehr zusätzlich motivieren. Der «Zürich Versicherungen Basler Cupfinal» im Baselbiet – mit zwei Fricktaler Mannschaften. Das ist doch sensationell.

Letzte Frage: Wer gewinnt die EM?
Ich gehe da etwas gegen den Trend: Portugal!

Dann war es eher die vorletzte Frage. Sie als gebürtiger Italiener – tippen auf Portugal?
Immer realistisch bleiben (lacht). Wenn sich Portugal von seinem Alt-Star lösen kann, haben die Portugiesen meines Erachtens ein ganz starkes Kader.

Und ich mache eine Klammer: (Anmerkung der Redaktion: Mit «Alt-Star» meint er Ronaldo.)
Das ist richtig. Nicht dass wir von Eusebio sprechen (lacht).

Am 23. Mai vermeldete der FC Wallbach, dass Giuseppe Oliva und Sandro Riccardi auch in der Saison 2024/2025 das Trainergespann bilden. Für Oliva wird es die siebte Saison als Wallbach-Trainer sein, die dritte gemeinsam mit Riccardi, der zuvor unter anderem das Amt des Sportchefs bekleidete.

Morgen Freitag in der NFZ: Noch mehr zum historischen Basler Cupfinale zwischen Wallbach und Möhlin


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