Darf der Fussgänger das?
06.03.2025 RatgeberFrage: Als ich mich mit dem Auto einem Fussgängerstreifen näherte, trat überraschend ein Fussgänger auf den Zebrastreifen. Ich konnte eine Kollision nur knapp verhindern. Im darauf folgenden Wortwechsel behauptete der Fussgänger, er hätte auf dem Fussgängerstreifen immer Vortritt. Stimmt das?
Antwort: Nein. Im Strassenverkehrsgesetz ist die von Ihnen geschilderte Situation wie folgt geregelt: «Die Fussgänger haben die Fahrbahn vorsichtig und auf dem kürzesten Weg zu überschreiten, nach Möglichkeit auf einem Fussgängerstreifen. Sie haben den Vortritt auf diesem Streifen, dürfen ihn aber nicht überraschend betreten.» Somit haben Fussgänger nicht nur dann Vortritt, wenn sie sich auf dem Fussgängerstreifen befinden. Ihr Vortrittsrecht besteht bereits dann, wenn sie auf dem Trottoir stehen und klar ersichtlich ihre Querungsabsicht zeigen. Die nicht selten anzutreffende Unart, dass Fussgänger im allerletzten Moment und ohne sich richtig umzusehen den Fussgängerstreifen betreten, ist demgegenüber verboten. Fussgänger dürfen ihr Vortrittsrecht nämlich nicht erzwingen, wenn das Fahrzeug bereits so nahe ist, dass es nicht mehr anhalten kann. Der fragliche Abstand zum Fussgängerstreifen ist im Gesetz nicht definiert. Allgemein gilt, dass ein sich näherndes Fahrzeug anhalten können muss, ohne zu einem brüsken Bremsmanöver gezwungen zu sein. Der Fussgänger muss seine Querungsabsicht deutlich anzeigen. Er hat daher vor dem Überqueren einen Halt einzulegen und in die Richtung des Automobilisten zu schauen. Wenn eine Verkehrsinsel oder eine Mittelinsel den Fussgängerstreifen in zwei Teile trennt, gilt jeder Teil des Übergangs als selbstständiger Streifen. Der Fussgänger muss deshalb bei Erreichen der Mittelinsel erneut sicherstellen, dass seine Vortrittsbedingungen für den zweiten Teil des Fussgängerstreifens erfüllt sind.
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