«Chancen und Risiken von KI»
01.09.2024 SteinEr ist Autor, Regisseur und Komiker, liebt das Filmset genauso wie die Bühne. Er hat unter anderem die Late-Night-Show «Deville» erfunden. Und er kennt sich auch aus mit Künstlicher Intelligenz (KI). Als Dozent und Speaker für Künstliche Intelligenz wird Patrick Karpiczenko am Donnerstag, 5. September, am Wirtschaftsforum in Stein auftreten. Das Forum befasst sich mit dem Thema «Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz». (nfz)
«Die Technologie entwickelt sich sehr schnell»
Wirtschaftsforum Fricktal zum Thema «Chancen und Risiken von KI»
Patrick Karpiczenko weiss viel über Künstliche Intelligenz, aber noch wenig über das Fricktal, wie er im Interview offenbart. Am 5. September ist er in Stein zu Gast.
Karin Pfister
NFZ: Wie wird ein Satiriker und Filmproduzent Dozent und Experte für KI?
Patrick Karpiczenko: Ich bin mit Robotern, Maschinen und Computern aufgewachsen; meine Mutter ist Informatikerin. In der Öffentlichkeit kannte man mich bisher vor allem als Satiriker und Künstler, deshalb sind viele Menschen überrascht, dass ich auch im KI-Bereich tätig bin. Das ist eine andere Schublade. Früher war es ein Hobby, jetzt ist es ein Beruf. Bis vor drei Jahren war das Thema nicht präsent, die Leute haben quasi den Raum verlassen, wenn ich angefangen habe über KI zu sprechen. Meine Begeisterung für die Technologie wurde damals noch als Spleen abgetan, jetzt wollen die Menschen mehr wissen.
Gibt es Synergien zwischen den beiden Themen Satire und KI?
Mehr als man auf den ersten Blick denkt. In den Bereichen Kunst und Unterhaltung wird viel ausprobiert. Wenn etwas nicht funktioniert, wird es einfach wieder verworfen. Das passt zur Künstlichen Intelligenz. Ich persönlich brauche KI, um Produktionen günstiger zu gestalten. Das gibt mir die Chance, Projekte anzugehen, die ich sonst nicht finanzieren könnte. Unsere Branche zeigt allerdings auch, wie die Transformation weitergeht. Ich habe mehrere Freunde, die als Off-Sprecher oder als Online-Moderatoren arbeiten und die aufgrund von KI deutlich weniger Aufträge haben.
Was fasziniert und interessiert Sie an Künstlicher Intelligenz?
Aus künstlerischer Sicht ist es eine Spielwiese. Ich kann Projekte realisieren, die vorher aus Zeit- oder Geldgründen nicht machbar gewesen wären. Ausserdem habe ich ADHS und mir wird schnell langweilig. Die Technologie entwickelt sich momentan so rasant, dass immer wieder etwas Neues passiert. Das gefällt mir.
Wie hat KI Ihren persönlichen Alltag verändert?
Aus einem Hobby ist ein Beruf geworden. Wir nützen die Technologie auch für unsere dreijährige Tochter. Sie kann Wünsche für Ausmalbilder anbringen und KI generiert diese. Auch ein personalisiertes Gute-Nachtlied haben wir für sie erstellen lassen. Sie mag es sehr.
Um das Jahr 1900 wurden im Fricktal die ersten Festnetzanschlüsse installiert. Jetzt haben wir alle ein Smartphone und KI hält in unserem Alltag Einzug. Wo wird die technische Entwicklung in 100 Jahren sein? Wagen Sie eine Prognose?
Nein. Vor ein paar Jahren hätte ich noch eine Fünfjahres-Prognose abgegeben, aber momentan ist der Wandel so umfassend, dass ich nicht voraussagen kann, was in zwei Jahren sein wird. Ich denke, dass sich die Gesellschaft schnell Gedanken machen muss, wie sie diesen grossen Wandel bewältigen möchte und welche Werte künftig relevant sind.
Welches Potenzial birgt KI für KMUs?
Sicherlich eine Effizienzsteigerung im IT-Bereich. Künstliche Intelligenz ist ein Assistent im Alltag, der Routinearbeiten wie Terminvereinbarungen übernehmen kann. Auch neue Produkte können einfacher und schneller entwickelt, ausprobiert und allenfalls auch wieder verworfen werden, ohne dass grosse Kosten entstehen.
Welche Gefahren und Herausforderungen kommen mit dieser Technologie auf Firmen zu?
Die üblichen Gefahren des Kapitalismus. Es ist möglich, dass die Technologie nur von wenigen genutzt wird und die Schere zwischen Arm und Reich noch grösser wird. Desinformation und Betrug werden einfacher. Es ist heute schon möglich, eine Stimme so zu faken, dass der Anrufer glaubt, mit einem Familienmitglied zu telefonieren.
Ich rate immer allen, ein Safeword abzusprechen. Heute ist Spam gut zu erkennen; in Zukunft werden diese Mails viel über den Empfänger, seine Hobbys, Beruf sowie persönliche Beziehungen wissen.
Was beschäftigt die Menschen zum Thema KI am meisten?
Viele Menschen haben Unsicherheiten und diffuse Ängste. Ich werde zum Beispiel regelmässig gefragt, ob ein Jugendlicher heute noch eine KV-Lehre machen soll. Dazu muss ich sagen, dass viele Routinearbeiten im Büro künftig von KI ausgeführt werden können. Berufe wie Kita-Betreuerin oder Bauarbeiter werden langfristig an Wertschätzung gewinnen und besser bezahlt werden, da sich diese Berufe schlecht automatisieren lassen.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass es sich lohnt, eine Berufsausbildung zu wählen, wo man sich spezialisieren kann und wo vertiefte Kenntnisse gefragt sind.
Kennen Sie das Fricktal?
Nicht bewusst. Ich erinnere mich nicht, dass ich schon mal in dieser Region zu Gast war. Als Stichwörter fallen mir nur Dinosaurierfunde und Industrialisierung ein.
Auf was freuen Sie sich betreffend des Wirtschaftsforums?
Ich bin momentan fast täglich an Veranstaltungen und halte dort meinen Vortrag. Da ich diesen schon kenne, interessieren mich jeweils vor allem die Präsentationen der anderen Referenten. Es ist immer spannend, zu spüren, was die Menschen in der jeweiligen Region beschäftigt. Die meisten Fragen kommen nach dem offiziellen Teil. In der Schweiz werden die relevanten Fragen immer erst beim Apéro gestellt. Und vermutlich lerne ich noch etwas über das Fricktal.
Patrick Karpiczenko
Patrick Karpiczenko stammt aus Bern und arbeitet als Autor, Regisseur und Komiker für Film, Fernsehen und die Bühne. Er schreibt Kolumnen für Printmedien und ist Erfinder und Showrunner diverser Fernsehformate, u. a. der Late-Night-Show «Deville» fürs SRF. Er betreibt zusammen mit Natascha Beller die Produktionsfirma Apéro Film und ist Dozent und Speaker für Künstliche Intelligenz. Er wohnt in Zürich und tritt am Donnerstag, 5. September, ab 17.30 Uhr am Wirtschaftsforum im Saalbau in Stein auf. Moderiert wird der Anlass zum Thema «Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz» von Patrick Rohr. (mgt)