«Anfangs hatte ich den Inselkoller»
24.09.2023 Persönlich, SulzManuela Rüede zog es vom Fricktal in die Karibik
Seit über 16 Jahren lebt die Sulzerin Manuela Rüede auf Tobago, einer kleinen Insel mit rund 60000 Einwohnern, in der Karibik. Derzeit ist sie zu Besuch in der Schweiz und jobbt teilweise im Gastrobereich.
...Manuela Rüede zog es vom Fricktal in die Karibik
Seit über 16 Jahren lebt die Sulzerin Manuela Rüede auf Tobago, einer kleinen Insel mit rund 60000 Einwohnern, in der Karibik. Derzeit ist sie zu Besuch in der Schweiz und jobbt teilweise im Gastrobereich.
Bernadette Zaniolo
Es ist Donnerstagmorgen. Die NFZ ist mit Manuela Rüede im Haus ihrer Eltern in Sulz verabredet. Für beide ist an diesem schönen Morgen schnell klar, dass das Gespräch auf dem Sitzplatz stattfindet. Irgendwie kommt da, mit der Palme im Hintergrund und dem Grün, ein bisschen karibisches Flair auf. Die 38-Jährige, die gerne barfuss läuft, sitzt ganz entspannt auf der Bank. Sie erzählt: Eigentlich sei ihr Vater «schuld», dass sie in der Karibik gestrandet sei. Denn die gelernte Kauffrau wollte im Alter von 20 Jahren nach Australien in eine Sprachschule. «Wir sind früher als Familie viel in Asien gereist», erklärt sie und fügt an, dass ihr Vater beruflich oft im Ausland gewesen sei. Das hat dazu geführt, dass auch die Familie einige Zeit in Indonesien lebte.
Reggae-Musik und Regenwald
Der Umstand, dass Manuela Rüede bei ihrem damaligen Arbeitgeber, dem ehemaligen Ausbildungsbetrieb, nur einen Monat am Stück freinehmen durfte, veranlasste zur Planänderung. Der lange Flug und die Reisekosten nach Australien standen in keinem Verhältnis zur kurzen Zeit vor Ort. Ihr Vater recherchierte und entdeckte eine Sprachschule in Tobago. So zog es Manuela Rüede ein erstes Mal in die Karibik. Schon im Teenager-Alter hat sie das Reggae-Fieber gepackt und sie ist begeistert von der Musik des legendären Bob Marley. An Tobago fasziniert sie auch die Natur mit dem Regenwald, der zwei Drittel der kleinen Insel bedeckt und bis ans Meer reicht. «Anfangs hatte ich jedoch den Inselkoller, ich musste mich an die immer gleiche Umgebung erst gewöhnen», erzählt die Sulzerin. Tobago ist mit rund 60000 Einwohnern die kleinere der zwei Inseln, die mit Trinidad eine Republik bilden. Dank seiner Öl- und Gasvorkommen sei Trinidad die am meisten industrialisierte Insel der Karibik. Das merke man unter anderem daran, dass mehr Häuser mit Beton gebaut wurden und der Qualitätsstandard gegenüber anderen Orten in der Karibik besser sei.
Auf dem zweiten Besuch in der Karibik war für Manuela Rüede Inselhüpfen angesagt und sie blieb drei Monate auf Tobago hängen. Dort lernte sie auch ihren Mann Eamon («es ist ein irischer Name») kennen. Auf den einheimischen Dia lekt angesprochen, erklärt sie, dass wenn man Englisch mit Hochdeutsch vergleicht, der Tobago-Dialekt etwa wie unser «schwiizerdütsch» zu verstehen sei. «Für Eamon war es wichtig, dass ich richtig Englisch lerne», sagt die sympathische Sulzerin mit einem Lächeln. Und fährt fort: «Die Mutter von Eamon ist Englischlehrerin.»
«Das muss ein Guter sein»
Angesprochen darauf, ob sie als junge Frau keine Angst gehabt habe, in ein fremdes Land, weit weg von Sulz, zu ziehen, sagt sie, dass Eamon auf den Mountainbike-Touren von so vielen Menschen, ob Jung oder Alt, immer freundlich gegrüsst und zugerufen wurde. Mountainbiken ist in Tobago noch immer eine relativ neue Sportart und die Einheimischen würden es mögen, wenn er auf dem Hinterrad seines Mountainbikes fahre und rufen oft «wheely, wheely!», damit er ihnen seine Tricks zeigt. «Das muss ein Guter sein, habe ich gedacht.»
Seit ihrem 22. Altersjahr lebt Manuela Rüede auf Tobago; seit 16 Jahren ist sie mit ihrem Eamon zusammen. Vor Corona war Manuela Rüede jeweils während sechs Monaten pro Jahr in der Schweiz und arbeitete dann jeweils für das Basler Reisebüro, in welchem sie bereits ihre Lehre absolviert hatte. Obwohl sie sich für die Zukunft wünscht, wieder «halb/halb» auf Tobago und in der Schweiz zu sein, freut sie sich über ihren derzeitigen Sommerjob als Serviceangestellte in einem Gastrobetrieb im oberen Fricktal. «Ich habe gerne Menschen um mich. Zehn Stunden im Service gehen schneller rum als acht Stunden im Büro», sagt die gut gelaunte Frau. Mit einem Lächeln ergänzt sie: «Der erste Tag im Service war jedoch hart.»
In ein paar Tagen reist Manuela Rüede zurück nach Tobago. Angesprochen auf Heimweh, sagt sie: «Wenn meine Freundinnen ein gemeinsames Wochenende haben oder ein Familienfest ist, dann vermisse ich die Heimat schon. Generell aber lebe ich mein Leben wie in Kapiteln und geniesse es, wo ich gerade bin. Ob ich in der Schweiz bin oder in Tobago, ich versuche nicht, mein Leben am anderen Ort fortzuführen. Und da ich immer wieder irgendwo ‘tschüss’ sagen muss, werde ich dauernd daran erinnert, den Moment bewusst zu geniessen.»
Schmuck in Laufenburg verkauft
Im Moment geniesst sie die Zeit mit ihren Eltern («sie besuchen mich auch regelmässig in Tobago») und ihrem Bruder mit Familie. «Von Juni bis Oktober ist in Tobago Regenzeit und für den Tourismus Nebensaison», sagt Rüede. Dennoch freut sie sich auf London, um von dort zusammen mit ihrem Mann bald wieder nach Tobago zu fliegen. «Er ist ein Lebemensch», erzählt sie. Bevor er sich jedoch mit Mountainbike-Touren, Gästehaus und Schmuck selbstständig gemacht hatte, habe er Geschichte und Politik studiert. «Eamon hat seinen selbstgemachten Schmuck früher auch schon in Laufenburg verkauft», sagt Manuela Rüede. Surfen ist neben dem Biken seine grosse Leidenschaft, weshalb er sich ein Leben in der Schweiz nicht vorstellen kann. Manuela Rüede hat das Mountainbiken durch ihren Mann lieben gelernt und unterstützt ihn bei den Mountainbike-Touren sowie beim Organisieren vom jährlichen Cross Country- und Enduro-Rennen. Zusammen haben sie vor drei Jahren eine Charity für Kinder gegründet; «Life is a Cycle» – ein Wortspiel für «das Leben ist ein Kreislauf» oder «eine Velofahrt».
Weitere Infos unter www.tobagomountainbike.com

