Operation am offenen Herzen
02.08.2019 MöhlinVom Bauen, Umleiten und Trockenlegen am Möhlinbach
Im Rahmen der Arbeiten für den Hochwasserschutz im Möhlintal kam es vergangene Woche in Zeiningen zu einem Fischsterben. Unter dem Strich dürfte aber auch die Natur von den getroffenen Massnahmen profitieren.
Ronny Wittenwiler
Am Mittwoch, 24. Juli, zeigte sich einmal mehr die Fragilität eines Gewässers bei künstlichen Eingriffen. «Am Möhlinbach kam es zu einer Trübung, die ein paar Fische nicht überlebt haben», hielt die Gemeinde Zeiningen auf ihrer Facebook-Seite fest. Die genaue Ursache war zu jenem Zeitpunkt unbekannt. Mittlerweile ist klar, dass die toten Fische auf Bauarbeiten im und am Gewässer zurückzuführen sind. «Das hat mir der Kanton nun bestätigt», sagt Pächter Rolf Bürgi. Diese Arbeiten, im Rahmen der gegenwärtig laufenden Hochwasserschutzmassnahmen, liessen das Wasser stark eintrüben. «Das Problem war, dass zu diesem Zeitpunkt der Bach mit weniger als einhundert Liter pro Sekunde sehr wenig Wasser führte», sagt Bürgi. «Die Konzentration der gelösten Sedimente im Wasser war somit zu hoch. Die Fische, ohnehin geschwächt durch die hohe Wassertemperatur mit über 21 Grad, sind quasi erstickt.» Rund 250 Bachforellen dürften verendet sein, schätzt Bürgi. Dennoch gilt festzuhalten: Die Arbeiten am Möhlinbach sind nach Vorschrift erfolgt.
Abfischung vor den Bauarbeiten
Das Vorkommnis zeigt aber, welch grosse Herausforderung Bauarbeiten am und im Wasser in ökologischer Hinsicht darstellen. Mal muss der Bach kurzfristig umgeleitet, mal trockengelegt werden. An sämtlichen Abschnitten, an denen gearbeitet wird, folgt jeweils vorgängig eine Abfischung. Im jüngsten Protokoll seitens Kantons ist nun festgehalten, dass eine solche unbedingt am Tag vor den Arbeiten zu erfolgen hat. Im betroffenen Abschnitt sei das nicht der Fall gewesen, sagt Bürgi. Der Beginn der Arbeiten habe sich verzögert – «so haben sich bereits wieder ‹neue› Forellen in diesem Bereich aufgehalten. Es hätte nochmals eine Abfischung gebraucht.»
Bach ohne Hindernisse
Dem Vorkommnis zum Trotz: Die Renaturierung, die parallel zu den eigentlichen Hochwasserschutzmassnahmen erfolgt, dürfte für die Ökologie im Möhlinbach von bemerkenswerter Nachhaltigkeit sein. Auf Höhe des Blockhauses im Zeininger Gebiet Brüel sorgen sogenannte Blockrampen neu für eine hindernisfreie Fischwanderung. In den mit grossen Steinen versehenen Austiefungen finden die Forellen zudem Rückzugsmöglichkeiten. Auch oben in Wegenstetten, eingangs Dorf, soll die Durchgängigkeit verbessert werden. «Nach Abschluss aller Arbeiten ist der Möhlinbach durchgehend vernetzt», sagt Bürgi. Es ist unter dem Strich eine Operation am offenen Herzen, die sich aus ökologischer Sicht bezahlt macht.
Sämtliche Arbeiten für den Hochwasserschutz im Möhlintal sollen noch in diesem Jahr beendet werden. Herzstück des zwölf Millionen Franken teuren Projekts sind die beiden bereits vor drei Jahren realisierten Rückhaltebecken in Zuzgen und Zeiningen. Die nun letzte Etappe umfasst punktuelle Arbeiten. Insgesamt sieben Fussstege und Brücken über den Möhlinbach werden abgebrochen und neu erstellt. Hinzu kommen Bachverbreiterungen, Ufererhöhungen und Bachsohlenanpassungen, in deren Zuge parallel die Aufwertung für die Habitate der Fische erfolgt.