«Zeiten einhalten – das kann man vergessen»

  22.06.2019 Laufenburg

Eindrücke von der Grossbaustelle in Laufenburg

Geduldige Chauffeure, gelassene Bauarbeiter, schimpfende Automobilisten, kopfschüttelnde Lehrpersonen, verunsicherte Fussgänger und fernbleibende Grenzgänger – die NFZ war zu unterschiedlichen Tageszeiten zwischen Burgmatt und Zoll unterwegs.

Simone Rufli

Die Sonne scheint, der Himmel ist blau, es ist Juni und 10 Uhr in Laufenburg – drinnen im Café Maier sitzen Leute, draussen vor dem Café bleiben die Stühle leer. Der Verkehr auf der Kantonsstrasse rollt unablässig – zurzeit gerade ziemlich flüssig. Die morgendliche Rushhour ist vorbei. Wir spazieren der Strasse entlang Richtung Zoll.

Geringere Frequenz am Zoll
Am Zoll ist einiges los. Eine Frau mit Kleinkind meint: «Es ist mühsam. Nicht nur hier in Laufenburg. Es hat in der Schweiz überhaupt überall Baustellen. Doch was will man machen.» Sie schüttelt den Kopf, nimmt das Kind auf den Arm und bringt ihre Papiere ins Zoll-Büro. Von dort kommt gerade ein deutscher Chauffeur. «Ich muss oft durch Laufenburg und eigentlich habe ich einen Zeitplan, den ich einhalten muss.» Er lacht. «Den Plan kann ich hier vergessen. Wenn ich den Chef anrufe, weiss er schon, dass ich wieder im Stau stecke.» Ein zweiter Chauffeur, auch er mit Waldshuter-Kennzeichen am Laster, kommt hinzu. «20 bis 30 Minuten muss man schon zusätzlich einplanen. Aber so schlimm finde ich das nicht. Es läuft eigentlich recht gut.» Während die beiden Chauffeure zu ihren Lastern zurückkehren, kommt ein deutscher Zollbeamter vorbei, der gerade den Kofferraum eines Personenwagens mit Aargauer-Kennzeichen überprüft hat: «Hier am Zoll merken wir deutlich, dass es wegen der Baustelle weniger Frequenz hat. Wer nicht im Stau stecken will, weicht unter Tag schon mal auf die Übergänge in Waldshut und Säckingen aus. Zu den Stosszeiten stauen sich die Fahrzeuge trotzdem durch ganz Laufenburg bis hierher zurück.»

Gefährlich für die Schüler
Wir machen uns auf den Weg zurück Richtung Laufenburg. Die Kolonne wird länger. Vom Kreisel bis zum Stadtrand stehen die Autos nun. Ein Blick in die Autos zeigt, viele Lenker nutzen die Zeit am Smartphone. Mittlerweile ist es Mittag. Der Lärm der Baumaschinen ist verklungen. Vor dem Schulhaus Burgmatt sitzen ein paar Lehrerinnen. «Die Situation ist gefährlich für die Kinder», sagen sie. «Selbst auf dem Fussgängerstreifen ist es nicht ungefährlich, weil die Autos losfahren wollen, wenn sie denn schon mal grün haben und zufahren können.» Problematisch sei auch die Situation vor dem Schulhaus. «Die Kinder wissen oft nicht, wo sie gefahrlos durchlaufen können, weil die Situation von Tag zu Tag wieder anders ist. Und wir wissen nicht mehr, wo wir parkieren sollen.» Elternrat und Lehrerschaft würden es begrüssen, wenn Schüler-Lotsen eingesetzt würden. Ob ihre Anfrage schon zum Stadtrat vorgedrungen ist, wissen sie nicht.

Exponiert und beschimpft
Um 15 Uhr beginnt Stefan De Ambrosi den Verkehr im Baustellenbereich von Hand zu regeln. Ausgerüstet mit einem Funkgerät steht er auf der Strasse zwischen den beiden Ampeln. Am Morgen zwischen 6 und 9 Uhr und wie jetzt am Nachmittag von 15 bis 19 Uhr. Dazwischen schaltet die Ampel automatisch um. Je nach Verkehrsaufkommen schaltet De Ambrosi schneller um, dann wieder mit grösseren Abständen. Meldet sich per Funk ein Postauto an, bemüht er sich, diesem eine möglichst schnelle Durchfahrt zu ermöglichen, «damit es mit den Anschlüssen klappt. Manchmal kommt der Funkspruch aber so spät, dass ich nichts mehr machen kann.» Gerade hat er ein Sanitätsfahrzeug vom Deutschen Roten Kreuz passieren lassen. Der Klang der Sirene ist noch lange zu hören, so schnell kommt auch ein Fahrzeug mit Blaulicht nicht voran. Nicht immer sei es einfach, so exponiert zu sein, sagt der Asper in Diensten der Sidak Sicherheitsdienste Alfred Klaus GmbH: «Es gibt schon Automobilisten, die wenn sie hier halten und warten müssen, die Scheibe runterlassen und mich beschimpfen.» Ein Baggerfahrer nutzt den Moment zwischen den Phasen, um die Schaufel zu entleeren, dann verschwindet er wieder von der Fahrbahn. «Das bringt genauso wenig, wie wenn man verlangt, dass mehr Arbeiter eingesetzt werden. Die würden sich nur gegenseitig behindern.» De Ambrosi bekommt auch anderes zu hören: «Die Geschäfte drüben (er deutet über den Rhein) beklagen bereits, dass viele Schweizer Kunden ausbleiben.» Viel früher schon haben das die Geschäfte auf Schweizer Seite zu spüren bekommen.

Gelassen und gewohnt
Nicht aus der Ruhe bringen lassen sich die Bauarbeiter der Ernst Frey AG. «Für uns ist diese Baustelle nichts Spezielles. Natürlich hätten wir gerne mehr Platz, aber das geht halt nicht. Wir sind uns gewohnt, unter solchen Umständen zu arbeiten.» Ein bisschen mühsam sei es aber auch für die Bauarbeiter, sagen die Lehrerinnen etwas später. «Wenn Autos falsch abgestellt sind, können sie ihre Baumaschinen nicht wegfahren.»

Gegenüber dem Café Maier rücken zwei Männer vom Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons ein blaues Strassenschild sichtbar an den Strassenrand. «Das da ist der gültige Fussgängerstreifen. Der andere ist zurzeit gesperrt.» Die Situation mit zwei Zebrastreifen unmittelbar nebeneinander sei auch ohne Baustelle nicht befriedigend, sagen sie.

Bis im Oktober 2020 ist die Ortsdurchfahrt in Laufenburg abschnittsweise nur einspurig möglich.


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