Schotterwüsten – ein Dorn im Auge des Gärtners
30.11.2019 Frick, NaturPflanzen und Tiere im Garten brauchen eine Chance
In manch einem privaten Garten ist in den letzten Jahren der Anteil an Schotterflächen stärker gewachsen als jede andere Pflanze. Zum Nachteil der Biodiversität. Über die Bau- und Nutzungsordnung, mit Grünflächenziffern und Beratung wird von unterschiedlicher Seite versucht, Gegensteuer zu geben.
Simone Rufli
«In der Regel sind es Menschen, die den Wunsch nach einem pflegeleichten Garten haben, die sich für eine Schotterwüste entscheiden», sagt Bernhard Stöckli. Er habe aber den Eindruck, dass es etwas gebessert habe und die Nachfrage nicht mehr ganz so gross sei wie auch schon. Die Diskussionen rund um Biodiversität hätten sicher auch dazu geführt, dass mehr Natürlichkeit in die Gärten zurückgefunden habe. «Ich kann nicht verstehen, dass Gärtner Schotterwüsten anlegen. Das widerspricht allem, was wir als Gärtner gelernt haben», sagt der diplomierte Landschaftsarchitekt und ist dabei konsequent. Die Stöckli Gartenbau AG baut keine Schotterwüsten.
Gute Böden werden schlecht gemacht
Ein pflegeleichter Garten lasse sich auch auf andere Art erreichen. «Zudem ist die Natur immer stärker. Da können wir machen, was wir wollen. Da hilft auch eine Folie unter den Steinen nicht. Die Folie trägt mit der Zeit allenfalls dazu bei, dass wir noch mehr Plastik im Boden haben. Längst nicht alles, was wir Menschen machen, um die Natur zu verhindern, ist auch gut. Bodenlebewesen verschwinden. Im Boden reichern sich Stoffe an, die sich nicht abbauen.» Bernhard Stöckli bricht eine Lanze für die Bauern. «Es sind nicht nur die Landwirte, die Gifte in den Boden spritzen.» Schlimm sei, dass bei uns an sich gute Böden bewusst schlecht gemacht würden. Ganz besonders wenn man bedenke, wie viel Aufwand andernorts betrieben werde, um aus schlechten Böden gute zu machen.
Stöckli ist Mitglied im Gärtnerverband Jardin Suisse. Dort wirkt er in einer Arbeitsgruppe mit, die zusammen mit den Hochschulen Wädenswil und Rapperswil Studien macht. Und er sagt: «Die Annahmen bestätigen sich in den Studien. Die Verarmung an Bodenlebewesen bei uns ist ein Fakt, genauso wie die Tatsache, dass die Luftfeuchtigkeit abnimmt.» Untersucht werde auch der Einfluss von Schotterwüsten auf die Temperaturen, denn Steine strahlen Hitze ab.
Beratung ja, Verbote nein
Mit Skepsis verfolgt Stöckli die fortgeschrittenen Bemühungen von einigen deutschen Gemeinden und immer mehr auch in der Region, per behördliche Vorschriften oder Bau- und Nutzungsordnung (BNO) auf die private Gartengestaltung Einfluss nehmen zu wollen. Neben dem Eingriff ins Privateigentum stelle sich das Problem bei der Umsetzung. «Beratung ja, Verbote nein», so lautet seine Devise. Hilfreich dagegen sei eine Grünflächenziffer, wie sie Frick als eine von wenigen Gemeinden im oberen Fricktal habe. Die Grünflächenziffer verlangt, dass – beim Erstellen von Neubauten– je nach Zone bis 50 Prozent der Grundfläche zur Grünfläche wird. Einziger Schwachpunkt: die Grünflächenziffer kommt nur im Zusammenhang mit Baubewilligungen zum Zug. Umso wichtiger findet Stöckli, dass die Gemeinden selber eine Vorbildfunktion einnehmen, indem sie öffentliche Flächen entsprechend naturnah gestalten.
Beratung durch den Jurapark
So wie zum Beispiel in Gipf-Oberfrick. An der Herbrigstrasse und auch beim Gemeindehaus Richtung Friedhof sind aus einem Biodiversitäts-Projekt neue Lebensräume für Tier und Pflanzen entstanden. Der Fricker Gemeindeammann Daniel Suter wies an der Jurapark-Versammlung in Schupfart unlängst darauf hin, dass das Bewusstsein für mehr Naturflächen und Biodiversität auch in der laufenden Bau- und Nutzungsordnung der Gemeinde Frick noch stärker Niederschlag finden wird. Aus der Jurapark-Versammlung wurde auch angeregt, den Hausbesitzern Biodiversität fördernde Gärten nahezubringen. Das sei ganz im Sinne des Juraparks, heisst es auf Anfrage von den Verantwortlichen. Mit Naturgarten-Führungen werde seit längerem an einer Sensibilisierung der Bevölkerung gearbeitet. Und erst im letzten Jahr übernahm der Jurapark das kantonale Projekt «Natur findet statt». Meldet sich eine Gemeinde zur Teilnahme an, profitieren ihre Einwohner von einer Gratis-Naturgartenberatung. Damit lässt sich im besten Fall die Reduktion von Grünflächen durch die verdichtete Bauweise im Einfamilienhaus-Bereich etwas ausgleichen.
Einwanderung gab es schon immer
Zu den Diskussionen rund um einheimische, beziehungsweise fremdländische Pflanzen meint Stöckli: «Man sollte nicht zu dogmatisch sein. In der Gartenkultur gab es immer schon fremdländische Pflanzen. Wir vergessen zum Beispiel gerne, dass fast alles Obst ausländischer Herkunft ist. Und gerade im städtischen Umfeld haben wir in den letzten Jahren ja festgestellt, dass unsere einheimischen Bäume aufgrund des veränderten Klimas nicht mehr so geeignet sind.» Natürlich gebe es Insekten, die spezifische Pflanzen bräuchten. «Es gibt aber genauso viele Insekten, die nicht wählerisch sind.» Viel wichtiger sei, dass die Pflanzen standortgerecht angepflanzt würden. «Einwanderung von Arten gab es immer schon. Natürlich passiert das heute mit dem internationalen Warenverkehr schneller, aber eingeschleppte Pflanzen und Tiere sind nie verantwortlich für Artensterben. Wenn jemand verantwortlich ist, dann sind es wir Menschen.»
Der Sauberkeitsfimmel
Der Baum macht Dreck ist ein Satz, den Gärtner oft zu hören bekommen. Und wenn dann die Blätter fallen ist der Griff zum Laubbläser schnell getan. «Dabei ist Laub so wichtig. Laub gibt dem Boden Nährstoffe zurück, Laub bietet Schutz für Igel und Amphibien», sagt Stöckli. Laub liegen lassen fällt aber nicht allen leicht. «Dem steht unser Sauberkeitsfimmel entgegen. Dabei wird gerne übersehen, wieviel Feinstaub so ein Laubbläser verursacht.» Ganz abgesehen von den Schäden, die das Gerät ob blasend oder saugend bei den Insekten anrichtet.
Schotterwüste ist nicht Steingarten
Während ein Steingarten aus Fluss-Kieseln an manchen Standorten geradezu ideal ist und die Bepflanzung auf diesen sogenannten Ruderalflächen Wild-Bienen sowie andere Insekten und Kleintieren einen wunderbaren Lebensraum bietet, verhindern Folien unterlegte Bahnschotter-Flächen jegliche Natur.
Guerillagärtner
Zu mehr Biodiversität kann man ganz offensichtlich auf verschiedenen Wegen kommen. So gibt es zum Beispiel in der Stadt Zürich seit Jahrzehnten sogenannte Guerillagärtner, die mit einer Tasche voll Samen durch den öffentlichen Raum spazieren und die Samen streuen.