Von Kapstadt in den siebten Himmel

  29.04.2018 Möhlin

Marco Zumsteg nahm an einem der härtesten Bike-Rennen der Welt teil

Der Zug, mit dem Radsport Geld zu verdienen, ist abgefahren. Doch dem Möhliner Marco Zumsteg ist der ganze Aufwand jede Schweissperle wert. Kleine Geschichte über einen, der sich in Südafrika einen grossen Traum erfüllte. Und das wahrlich mit Ausdauer.

Ronny Wittenwiler

Acht Tage, über 700 Kilometer und mehr als 600 Teams aus aller Welt am Start. Und dann wäre da noch Bart Brentjens, Olympiasieger 1996 in Atlanta. Er adelte die Veranstaltung einst mit folgenden Worten: «Das Cape Epic ist die Tour de France des Mountainbikens.»

Leiden unter der Sonne Südafrikas
Marco Zumsteg sitzt entspannt am Tisch. Vor ihm sprudelt ein Mineralwasser, er erzählt unaufgeregt; spricht über Leidenschaft, als Zuhörer bemerkt man eisernen Willen. Zumsteg, 30, Hobby-Handballer im Ruhestand, zu seiner Aktivzeit mit Ausdauersport nichts am Hut und irgendwann auf zwei Räder umgesattelt – dieser drahtige Mann stieg am 18. März in Kapstadt, Südafrika, aufs Bike, dann fuhr er los. Zusammen mit einem Kollegen aus dem Baselbiet nahm Zumsteg am Cape Epic teil, diesem Bike-Rennen, dem der Ruf vorauseilt, zu den härtesten und renommiertesten der Welt zu gehören. In der Tat, wer sich im Internet die Bilder dieses Etappenrennens zu Gemüte führt, sieht sich bald einmal bestätigt: Cape Epic, acht Tages-Etappen, durchs Gebirge, ist alles andere als eine Kaffeefahrt. Ohne Schweiss, Leidenschaft und Leidenskraft kommt keiner durch. Und Zumsteg kam an. Am Ende klassierte er sich in seiner Kategorie gar im vorderen Drittel. Als Lohn erhielt er die Gewissheit, sich durchgebissen zu haben und ein paar persönliche Erinnerungsbilder, die er dem Veranstalter selber berappen musste.

Erste Gehversuche
Der Zug, mit dem Radsport Geld zu verdienen, ist längst abgefahren. Und so ist diese Geschichte keine über einen jungen Mann, dem eine glanzvolle Profikarriere bevorstehen könnte. Aber es ist eine Geschichte, wie sie hin und wieder geschrieben wird, immer wieder beeindruckt: Die Geschichte über persönlich gesteckte Ziele, aus purer Leidenschaft. Zehn bis fünfzehn Stunden Training pro Woche sind zu Spitzenzeiten ganz normal. Velofahren. Joggen. Hinzugekommen ist jetzt auch noch Schwimmen. Dabei hatte einst alles ganz anders begonnen.

Zumsteg spielte Handball beim TV Möhlin. Ein, zwei Trainings pro Woche. Durchschnittlicher Leistungsausweis. «Ich war weder der Schnellste, noch der Fitteste.» Nichts deutete darauf hin, dass er Jahre später sich die Laufschuhe schnüren, später aufs Velo steigen würde, um den Asphalt oder gar das Gebirge zu erobern. «Irgendwas musst du doch machen», dachte sich Zumsteg damals, als er zwar mit dem Handball, nicht aber mit dem dortigen Kollegenkreis, Schluss machte. Ein bisschen Joggen vielleicht, warum nicht. Teilnahme, reine Neugier war das, am ersten Volkslauf. Was mit ersten Gehversuchen begonnen hatte, ist bald ungebremst weitergegangen. Bis nach Südafrika. Zumsteg und die harte Tour, von Kapstadt aus, vorbei an Weinbergen, hoch in den siebten Himmel – es ist noch nicht zu Ende.

Er kommt vom Ausdauersport nicht mehr los. Als Amateur-Mountainbiker fährt er bei nationalen Rennen schon mal in der erweiterten Spitze mit. Im Sommer will er als Einzelathlet den Gigathlon bestreiten.

Keine Wehmut
«Natürlich fragt man sich, was vielleicht daraus geworden wäre.» Es ist seine Antwort auf die Frage, ob er hin und wieder bereue, die Faszination Mountainbike erst spät entdeckt zu haben; zu spät auf jeden Fall, um als Profi Preisgelder abzuräumen, statt sich als Amateur Erinnerungsbilder vom Veranstalter kaufen zu müssen. «Beim Biken geht es nicht bloss um Kondition. Gefragt sind Technik und vor allem viel Erfahrung. Solche Defizite holst du mit dreissig Jahren nicht mehr auf gegenüber einem Athleten, der seit Kindheit mit dem Bike-Sport vertraut ist.» Wehmut schwingt trotzdem keine mit beim Möhliner. Ganz im Gegenteil: «Meinen Sport und meine Leidenschaft gefunden zu haben, der Gedanke daran, mit 30 Jahren als Ausdauersportler noch besser werden zu können – all diese Freude darüber überwiegt ganz klar.»

Zumsteg sitzt entspannt am Tisch. Die Kohlensäure in seinem Mineralwasser bahnt sich den Weg an die Oberfläche und man glaubt es ihm: All der Aufwand sind ihm die vielen Schweisstropfen wert. Ausdauersport als Leidenschaft. Und irgendwann, das wisse er jetzt schon, werde er zurückkehren und wieder am Start sein. Dort, in Kapstadt, Südafrika.


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