Sechs Minuten, die alles entscheiden

  29.10.2021 Stein

ATV-Zentralpräsident Jörg Sennrich liess sich am Mittwochabend von Vertretern des TV Stein die Sportanlagen sowie alle weiteren Infrastrukturbauten zeigen, auf die der TV zurückgreifen kann, sollte er am 13. November den Zuschlag für das Kantonalturnfest (KTF) 2028 erhalten.

Simone Rufli

Sechs Minuten hat der TV Stein am 13. November Zeit, die 200 Delegierten aus den acht Aargauer Kreisturnverbänden zu überzeugen. Sechs Minuten, um mit einer perfekten Präsentation aufzuzeigen, warum das Kantonalturnfest im Jahr 2028 in Stein und nicht beim Mitbewerber Schenkenbergtal stattfinden muss. Sechs Minuten, um die Mehrheit der Stimmen für sich zu gewinnen und das KTF nach dannzumal 93 Jahren zurück ins Fricktal zu holen. Das letzte «Kantonale» fand 1935 auf dem Areal der Brauerei Feldschlösschen in Rheinfelden statt. Die Crux an der Sache: Nicht die 200 Delegierten, die in zwei Wochen das Urteil fällen, sondern der Zentralpräsident des Aargauer Turnverbands (ATV) mit Begleitern, war am Mittwochabend in Stein zu Besuch, um sich ein Bild von der Situation zu machen. In der Woche zuvor hatte der ATV-Tross bereits das Schenkenbergertal besucht. Von der NFZ nach seiner Präferenz gefragt, meinte Sennrich sibyllinisch: «Aufgrund der eingereichten Bewerbungsdossiers denke ich, es sind beides valable Kandidaten.»

Fest der kurzen Wege
Aus luftiger Höhe, 30 Meter über dem Boden, im Korb am Ende der Feuerwehrleiter, gesichert durch Mannen der Stützpunktfeuerwehr Frick, hatte Jörg Sennrich am Mittwoch alles im Blick, was der TV Stein für die Ausrichtung des grössten Breitensportanlasses benötigt. Die Sportanlagen Bustelbach mit Rundbahn und Clubhaus. Daran anschliessend die Felder, die Gemeindeammann, Grossrat und Landwirt Beat Käser für die Dauer des Festes zur Verfügung stellen wird. Auf der anderen Seite den Bahnhof, zentral für die Anreise der rund 15 000 Sportler und mindestens 20 000 Besucher. Sportler wie Gäste sollen möglichst zahlreich mit dem ÖV anreisen.

Im Blick hatte Sennrich auch den Saalbau, das Feuerwehrgebäude sowie den Werkhof, das eigentliche Logistikzentrum. «Bisher waren wir froh, wenn sich ein Ausrichter fand, jetzt haben wir die Wahl.» Vermutlich, so Sennrich, sei das Corona-Virus nicht unschuldig an dieser Wettbewerbssituation. «Die Lust aktiv zu werden, ist gestiegen.» Neu entfachter Tatendrang.

Es braucht den Rückhalt aller
Rund 100 Disziplinen werden an einem Kantonalturnfest angeboten, 15 000 Sportlerinnen und Sportler werden erwartet, rund dreimal so viele wie Stein Einwohner hat. «Darum müssen wir wissen, ob die Gemeinde effektiv hinter dem TV steht», erklärte Jörg Sennrich, «Denn nur ein politisches Commitment, weil sich das gut macht, reicht nicht.» Für so einen Grossanlass wie ein «Kantonales» brauche es das Verständnis der Bevölkerung, den Rückhalt der Behörden und ganz viel Ausdauer und Energie in den Kreisen des ehrenamtlich tätigen TV. «All diese Voraussetzungen bringen wir in Stein mit», meinte Maik Born, Präsident des Turnvereins und Beat Käser stimmte ihm zu. «Wir können auf den Erfahrungen aus dem überaus erfolgreichen Regionalturnfest 2015 aufbauen und vom damals erworbenen Knowhow profitieren.» Auch Jörg Sennrich hat das «Regionale 2015» in bester Erinnerung. «Damals betrachtete ich das aber natürlich durch eine andere Brille als jetzt, wo es um diese Bewerbung geht», sorgte er umgehend wieder für Ausgewogenheit.

Und was, Beat Käser, wenn Stein doppelt gewinnt und sowohl das KTF 2028 als auch die Mittelschule bekommt? «Kein Problem», meinte der Gemeindeammann im Gespräch mit der NFZ. «Wenn die Mittelschule im 2029 bezugsbereit sein soll, haben wir im 2028 sicher keine Baugrube mehr und der Innenausbau tangiert das Fest mit Sicherheit nicht.» Wer auch immer am 13. November den Zuschlag für das «Kantonale» im Jahr 2028 erhält. Bereits im Juni 2022 besteht die Möglichkeit, sich am KTF in Wettingen ein Bild davon zu machen, was auf den Organisator in den nächsten sechs Jahren zukommt. Im Hinblick auf die sechs Minuten Präsentation vor den 200 Delegierten gab Jörg Sennrich dem TV Stein noch einen Gratis-Tipp: «Begeistert, motiviert, macht neugierig, seid persönlich und nutzt die Zeit optimal. It’s time for sport.» Den gleichen Rat hat er auch im Schenkenbergtal gegeben.


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