Mobilität als grösster CO2-Verursacher

  25.03.2021 Aargau

Bericht aus dem Grossen Rat

… und keine Änderung ist in Sicht. Die Grossräte*innen fragen nach den Lastwagen ab den deutschen Überlandstrassen am Zoll in Koblenz, nach der Verkehrsentwicklung im Bezirk Laufenburg, nach dem ÖV in den Randregionen und dem grossen Verkehrsaufkommen im Staffeleggtal. Alle warten auf die Fricktaler Mobilitätsstrategie, niemand denkt daran, dass die Reduktion oder die Verteuerung der Mobilität vielleicht doch die Lösung sein könnte. Warten wir es ab.

Revision des Strassengesetzes
Rund die Hälfte der Kosten für Bau und Unterhalt der Innerortsabschnitte von Kantonsstrassen wälzt der Kanton Aargau durch das Kantonsstrassendekret auf die Gemeinden ab. Die Praxis, die Gemeinden für ihre Ortsdurchfahrten zur Kasse zu bitten, ist im interkantonalen Vergleich eine exotische Regelung. Nur gerade zwei andere Kantone kennen eine vergleichbare Regelung; der überwiegenden Mehrheit ist dies fremd. Neu schlägt der Regierungsrat eine einheitliche Kostenbeteiligung der Gemeinden in Höhe von 35 Prozent vor. Diese Neuregelung würde die Gemeinden nur teilweise entlasten; der Kanton Aargau verbliebe bei den drei Exoten, die für die Finanzierung von Kantonsstrassen auf kommunale Steuermittel zurückgreifen. Im Sinne einer verursachergerechten Finanzierung des Strassenverkehrs haben die Grünen deshalb verlangt, die Gemeinden vollständig zu entlasten, der Antrag wurde aber klar abgelehnt.

Transitschwerverkehr über die Staffelegg
«Mangels Nationalstrassenverbindung nutzt der Transitverkehr die Verbindung über die Staffeleggstrasse. Eine Sperrung der Staffeleggstrasse würde für den durchfahrenden Schwerverkehr eine Erhöhung der Schwerverkehrsfahrleistung mit sich ziehen, da der Verkehr über die Nationalstrasse beziehungsweise via Verzweigung A3/A1 im Birrfeld ausweichen müsste. Eine Verlängerung der Transportrouten würde eine Erhöhung der Emissionen bedeuten.»

Dies ist die Antwort der Regierung auf die Anfrage von Werner Müller, den Transitschwerverkehr im Staffeleggtal zu reduzieren. Auf Aarauerseite wurde mit dem Staffeleggzubringer, Nomen est omen, der Verkehr verflüssigt. Doch wie immer bei solchen Umfahrungsstrassen wurde der Flaschenhals von Küttigen nach Herznach verschoben, von einem Weinbaudorf ins andere…. Die Häuser an der Durchgangsstrasse in Densbüren, Herznach und Ueken haben enorm an Wohnqualität verloren, der Lärm, Staub und die Gefahren für querende Fussgänger sind offensichtlich. Aktuell gibt es nur ein Mittel, diese ungemütliche Situation zu verbessern: Tempo 30 innerorts auf Kantonsstrassen. Das Zwitschern der Vögel und das Plätschern des Baches wäre wieder hörbar und im Kafi Cholm könnte ein gemütliches Gespräch in der Gartenwirtschaft geführt werden!

Bahnverbindung von Winterthur nach Basel
Ein Ausbau des Schienenverkehrs ist unabdingbar, um die Klimaziele zu erreichen. Gerade Tangentialverbindungen wie die Rheintallinie sind wichtig, um die grossen Bahnknoten – in diesem Fall den Zürcher HB – zu entlasten. Auch regionalpolitische Gründe sprechen für die Reaktivierung der Rheintallinie; sie würde die industriell geprägten Wirtschaftszentren Winterthur, Fricktal und Basel miteinander verbinden und wäre eine grosse Chance für das Untere Aaretal und das Zurzibiet, denen durch den Atomausstieg ein Strukturwandel bevorsteht. Statt mit der OASE eine Milliarde in eine schnellere Verbindung auf die Autobahn zu investieren, soll sich der Kanton Aargau für den Ausbau des Schienenverkehrs einsetzen. Der Grosse Rat hat das Postulat äusserst knapp abgelehnt. Nun zählen wir darauf, dass der Regierungsrat mit einem Gesamtverkehrskonzept die Grundlagen schafft, um die Forderung zu einem späteren Zeitpunkt durchzubringen…

50 Jahre Frauenstimmrecht
Die Staatskanzlei organisiert im Auftrag des Regierungsrats und in Zusammenarbeit mit dem ZDA und der Stadt Aarau eine weitere Demokratiekonferenz in Aarau. Als Tagungsthema wurde – mit Bezug auf das 50. Jubiläum der Einführung des Frauenstimmrechts – «Frauen in der Politik» gewählt. Die Veranstaltung hat zum Ziel, ausgewählte Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft zusammenzubringen, zu vernetzen und in interdisziplinären Workshops und Panels das Tagungsthema zu diskutieren und zu vertiefen, wissenschaftlich im Frühjahr und praxisorientiert politisch im Herbst 2021.

Aktives Stimm- und Wahlrecht ab 16 Jahren
«Junge Menschen sind politisch aktiv: Jungparteien verzeichnen Zuwachs und auf den Strassen wird für die Anliegen demonstriert oder gestreikt. Diesen politisch interessierten Jugendlichen muss schon früher eine politische Stimme gegeben werden. Nicht nur Grossereignisse wie der Klima- oder der Frauenstreik politisieren die neue Generation. Soziale Medien wecken durch politische Inhalte immer früher das Interesse von jungen Erwachsenen.» Soweit die Begründung der Motionäre, für das Stimm- und Wahlrecht für die 16-jährigen. Das kantonale Parlament hatte kein Einsehen und lehnte die Motion mit 62 zu 69 ab.


KOMMENTAR

Demokratie Quo vadis

Gerne berufen wir uns auf den Rütlischwur, die Tagsatzung und damit auf die älteste Demokratie der Welt. Nationalrat, Ständerat, Kantonale Parlamente, Säulen des männlichen Bürgerwillens bis 1971. Als eines der letzten Länder der Welt bekamen die Schweizerinnen das Stimmund Wahlrecht. Zu Recht feiern wir das Jubiläum in diesen Tagen. 2021 müssen wir uns aber zu weiteren undemokratischen Regeln Gedanken machen. Die Alters- Pyramide, die unterdessen auf dem Kopf steht, hat zur Folge, dass die älteren Jahrgänge proportional zu den jungen Leuten stark übervertreten sind. Das Stimmrecht den 16-Jährigen nicht zu geben, ist eine verpasste Chance! Eine weitere grosse Gruppe, die von den demokratischen Prozessen ausgeschlossen ist, sind die Einwohner*innen mit ausländischem Pass. Sie bezahlen Steuern, leisten wertvolle Beiträge für unsere Gesellschaft, sie nutzen unsere Strassen, Schulen, Wanderwege und können die Verantwortung mit dem Stimmund Wahlzettel nicht mittragen. Unsere Nachbarn, Fussballkollegen, Spitalmitarbeiterinnen sind von der Urne ausgeschlossen. Dies ist eines aufgeklärten Staates nicht würdig.

GERTRUD HÄSELI, WITTNAU


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