Ursprung von Frick gefunden

  10.02.2022 Frick

Auf einem Bauplatz zwischen Schulstrasse und Maria Theresiagasse ist die Kantonsarchäologie vor ein paar Tagen auf Überreste einer frühmittelalterlichen Siedlung gestossen. Damit ist endlich klar, wo Fricks Ursprung liegt.

Simone Rufli

Es ist das Ende einer jahrzehntelangen Suche. Für David Wälchli – Grabungsleiter der Kantonsarchäologie – der am Montagnachmittag nach Frick gekommen war um zu informieren, ein zentraler Fund; einer, der belege, dass das heutige Frick einst im Raum zwischen Schulstrasse und Geissgasse seinen Anfang nahm.

Vermutet wurde das schon länger, Belege dafür gab es bis jetzt keine. Eine Ausnahme: Bereits in den 1970er Jahren waren im Rahmen einer umfassenden Renovation der katholischen Pfarrkirche St. Peter und Paul frühmittelalterliche Plattengräber gefunden worden. Der Verdacht, dass unweit des Kirchenhügels gesiedelt wurde, war seither so stark, dass die Kantonsarchäologie immer wieder bei Baueingaben im Dorf ihr Interesse an einer Grabung angemeldet hatte.

Und so meldete sie auch ihr Interesse an einer Grabung an, als die Bäumlin + John AG die Baueingabe für einen Neubau im Winkel zwischen Schulstrasse und Maria Theresiagasse einreichte. «Die topographische Lage dieses Ortes schien uns für eine Siedlung seit langem schon ideal. Doch als im Jahr 1981 der alte Bauernhof an der Schulstrasse einem Neubau weichen musste, dachte man noch nicht daran, den Untergrund zu untersuchen», erzählt Wälchli, der als Lehrling im ersten Lehrjahr damals schon involviert war. Das Haus aus dem Jahr 1981 steht noch und wird aktuell umgebaut. Da wo jetzt die Spuren der Gründungssiedlung zum Vorschein kamen, entsteht in Kürze ein Neubau. Bis vor kurzem parkierten dort noch Autos. Der guten Zusammenarbeit zwischen der Bäumlin + John AG, der Ernst Frey AG und der Kantonsarchäologie sei es zu verdanken, dass die Aushubarbeiten «mit wenigen Einschränkungen», so Polier Roland Brogle von der Ernst Frey AG, trotz den vier Grabungstagen planmässig voranschreiten können.

Kleine Heimwerkstätten
Grabungstechniker Stefano Jörg kniet sich am Rand eines rechteckigen Feldes nieder und deutet mit einem Spachtel auf dunkle Verfärbungen im lehmigen Erdreich. «Spuren von vier Grubenhäusern aus dem Frühmittelalter», so Jörg. Weit entfernt allerdings vom heutigen Verständnis von Häusern, markieren die verfärbten Stellen nur gerade so viel Fläche, wie ein Mensch samt Webstuhl im frühen Mittelalter (6. bis 9. Jahrhundert) für die Leinenerzeugung aus dem Rohstoff Flachs benötigt hat. Kleine Heimwerkstätten, gebaut aus reiner Muskelkraft im klebrig-lehmigen Untergrund als Ergänzung zur Landwirtschaft und – wie auch in diesem Fall – in unmittelbarer Nähe zu einem Pfostenbau. Dabei handle es sich um ein 14 mal 7 Meter grosses Haus, in dem Mensch und Tier unter einem Dach lebten und dessen Spuren die Archäologen jetzt ebenfalls gefunden haben.

Die Leinenweberei war im Frühmittelalter weit verbreitet, vor allem in Gebieten mit genug Wasser, so wie in Frick in der Nähe des Feihalterbachs. «Aber gerade genug hoch über dem Bachlauf, dass das Gebiet von Überschwemmungen verschont blieb», bemerkt David Wälchli und zeichnet ein Bild der damaligen Zeit: Angefangen in der Mitte des 4. Jahrhunderts, als sich die Römer immer mehr aus der Region zurückzogen, über den Untergang des Weströmischen Reichs im Jahre 476, bis gegen Ende des 5. Jahrhunderts das freie Land von einwandernden Alemannen allmählich wieder besiedelt wurde. Diese Landnahme war im Sinne der merowingischen Könige des Frankenreichs. Die Niederlage der Alemannen 496/497 gegen den merowingischen König Chlodwig I. habe dann zu einer ersten Integration der alemannischen Gebiete ins Frankenreich geführt. Später kam der Aargau dann unter Karolinger-Führung, als diese die Herrschaft von den Merowingern übernommen hatten.

Im Gefolge des Hirminger
Man sei in dieser ganzen Zeit noch weit weg vom Feudalsystem des Mittelalters gewesen, so Wälchli. «Man lebte in Sippen zusammen und wehrte sich gemeinsam gegen Angriffe von aussen.» Und so könnte es durchaus sein, dass Leute aus der Siedlung von Frick im Jahre 926 an der Mündung der Sissle in den Rhein am Gefecht zwischen brandschatzenden Ungarn und Verbänden lokaler Bauernkrieger teilgenommen hätten. Aus Quellen wisse man, dass ein gewisser Hirminger aus dem Frickgau diesen Angriff angeführt haben soll, während die ungarischen Reiterkrieger (Magyaren) gerade den Rhein für die Plünderung des Klosters Säckingen überqueren wollten.

Doch zurück zu den Ausgrabungen im Frick der Gegenwart. Neben Münzen, auch römischen und Steinen, die die Holzpfähle der Grubenhäuser stützten, fanden die Archäologen Keramik, oberrheinische Ware, gelb-tonige Drehscheibenware, Speckstein (Lavezstein) aus Süd Bündner Tälern. Funde, die von – für damalige Verhältnisse – bereits grossräumigem Handel zeugen. Fundstelle und -stücke wurden vermessen, fotografiert, gezeichnet, und beschrieben. Heute Donnerstag wird die Grabungsstelle von den Archäologen freigegeben. Der Aushub für den Neubau schreitet voran.


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