25 000 Fundobjekte aus der Steinzeit und ein Goldschatz
29.03.2022 MöhlinDer Möhliner Hobbyarchäologe Werner Brogli wurde für sein Lebenswerk geehrt
Sein ehrenamtliches Engagement ist laut Kantonsarchäologie weltweit einzigartig: Seit über sechs Jahrzehnten sucht Werner Brogli die Äcker um Möhlin geduldig und systematisch nach Funden aus der Steinzeit ab.
Boris Burkhardt
Landammann Alex Hürzeler war persönlich zur Würdigung nach Möhlin gekommen: Für ihn ist Werner Brogli mit seinem leidenschaftlichen Engagement «einer der Menschen, die es in unserer Gesellschaft braucht». Kantonsarchäologe Thomas Doppler sprach sogar von einer systematischen Arbeit, die in dieser Intensität für einen Laien ein «weltweit einzigartiges Engagement» sein dürfte. Seit über sechs Jahrzehnten geht der 75-jährige Brogli seinem Hobby als Archäologe nach und hat seit 1952 hauptsächlich die Hochterrasse zwischen Möhlin, Wallbach und Zeiningen intensiv untersucht.
Eine der besterforschten Regionen der Schweiz
Beim geduldigen Begehen der Äcker in der Region hat Brogli rund 25 000 Objekte, Feuersteine, Beilköpfe, Messerklingen, Bohrer, Pfeilspitzen und Schabwerkzeuge aus der Steinund der Bronzezeit gefunden, in früheren Jahrzehnten vor der intensiven Landwirtschaft auch Keramik. Ausserdem habe Brogli mit der Gründung der Gruppe der Freiwilligen Bodenforscher, die er von 1981 bis 2021 geleitet habe, sein systematisches Engagement auf das ganze Fricktal erweitert, das laut Doppler dadurch eine der archäologisch besterforschten Regionen der Schweiz ist. Broglis grösster Fund war ein merowingischer Münzschatz, der bisher einzige in der Schweiz. Seine «grossartige Sammlung von höchstem wissenschaftlichem Wert» (Doppler) hat Brogli kürzlich der Kantonsarchäologie übergeben; Besitzer aller Funde war schon immer der Kanton als Vertreter der Allgemeinheit. Brogli ist Mitglied in der Fricktalisch-Badischen Vereinigung für Heimatkunde (FBVH), dem einzigen grenzüberschreitenden Geschichtsverein in Deutschland und der Schweiz mit Sitz im Schweizer Rheinfelden. Bis zur Pensionierung 2012 war Brogli als Oberstufenlehrer und FH-Dozent tätig.
Die Feier am vergangenen Samstag war für Brogli eine Überraschung. Er hatte eine kleine Exkursion zwischen dem Meliholz in Möhlin und dem Hellacher in Wallbach vorbereitet, um Vertretern der Kantonsarchäologie seine fast tägliche Arbeit zu zeigen. Mit einem derartigen Auflauf von Politikern, Familie und Medien hatte er aber nicht gerechnet. Auch Möhlins neuer Gemeindeammann Markus Fäs folgte interessiert den Ausführungen Broglis, der als Archäologe auch Kenntnisse über die Geologie am Hochrhein hat.
Begleitet wurde der Anlass vom Filmteam Jo Siegler und Franco Di Nunzio von der Basler Kommunikationsfirma Maakii: Brogli kennt sie beide; sie filmen seine Arbeit im Auftrag der Kantonsarchäologie schon seit einiger Zeit. Der Film soll laut Kantonsarchäologe Doppler die «Faszination und Begeisterung» zeigen, mit der Brogli seiner Leidenschaft nachkommt. Auch ein Buch über seine einzigartige Sammlung ist in Arbeit.
«Das kann man nicht im Internet nachschauen»
Brogli stimmte seine unerwarteten, aber willkommenen Gäste auf dem Forsthof in Möhlin ein mit der Aufgabe, mit einem Bohrer aus Feuerstein, auch Silex genannt, ein Loch in einen kleinen Ammoniten zu bohren. Auch Landammann Hürzeler drehte kräftig mit und liess sich den Talisman von Broglis Ehefrau Lisbeth um den Hals hängen. Es sei ein «toller Moment», betont Hürzeler im Gespräch mit der NFZ. Als ehemaliger Gemeindeammann von Oeschgen sei er selbst passives Mitglied im FBVH und begeistert vom Thema: «Was Werner Brogli hier leistet, kann man nicht im Internet nachschauen. Er erklärt seine Arbeit sehr anschaulich.» Mit seiner Erfahrung könne Brogli inzwischen den Profis das Wasser reichen.
Auf dieses Thema geht auch David Wälchli, Präsident der FBVH, im Gespräch mit der NFZ ein: «Bis zur professionellen Akzeptanz durch seine wissenschaftliche Zunft ist es für einen ehrenamtlichen Heimatforscher ein langer Weg. Das ist heute eine grosse Anerkennung für Werner Brogli.» Auch für den Verein handle es sich um eine «ganz wichtige Ehrung»: Archäologie sei von Anfang an ein Standbein der FBVH gewesen; die namhaften Archäologen am Hochrhein, Emil Gersbach aus Bad Säckingen und Hans-Rudolf Burkart aus Obermumpf, waren 1925 Gründer der Vereinigung.