Stillstand gibt es nicht
04.01.2022 KaistenAuch im neuen Jahr braucht es den Tierlignadenhof dringend
Fast täglich werden die beiden Betreiberinnen vom Tierlignadenhof in Kaisten um Aufnahme von Tieren gebeten. Dabei geht es längst nicht nur um Katzen, Hunde oder Meerschweinchen. Für Pferde, Ponys, Schafe und Ziegen werden ebenfalls dringend Plätze gesucht.
Susanne Hörth
«Es gibt ein gutes Znacht, ich schliesse alle Fenster und stelle den Fernseher ziemlich laut», erklärt Stefanie Sutter auf die Frage, wie die Tiere auf dem Tierlignadenhof in Kaisten Silvester erleben. Dieses «Erleben» bezieht sich auf das nächtliche Feuerwerk. Viele Tiere können die damit verbundene Knallerei nicht zuordnen, entsprechend verängstigt reagieren sie. «Wir haben ein paar Angsthunde bei uns, mit denen wir noch kein Silvester verbracht haben.» Dennoch ist die Hofbetreiberin zuversichtlich. Aus jahrelanger Erfahrung weiss sie, dass sich die Hunde wie auch Katzen gegenseitig beruhigen.
Gleiches gelte auch für die Tiere draussen – Pferde, Ponys, Ziegen, Schafe und vieles mehr. «Das Herdengefühl gibt ihnen Sicherheit.» Zudem können gerade die Pferde und Ponys selbst wählen, ob sie im Stall bleiben oder nach draussen möchten. Eingesperrt in einer engen Box könnte eine mögliche Furcht vor lautem Feuerwerk begünstigen. «Wir haben aber sehr viel Glück in unserem Quartier. In der Regel ist es an Silvester hier ziemlich ruhig.» Manche Tiere werden mit zunehmendem Alter sensibler, reagieren plötzlich verunsichert auf Dinge, welche ihnen bisher nichts ausgemacht haben. Entsprechend achtsam ist Stefanie Sutter bei ungewohnten Ereignissen, wie eben Feuerwerk am 1. August oder Silvester. Die grosse Tiergemeinschaft auf dem Hof kann sich auf sie verlassen.
Die Vernunft walten lassen
Mit Blick auf das nun abgeschlossene Jahr 2021 meint sie: «Stillstand gab es nie. Jeden Tag kam Neues dazu.» Noch nie hätten sie so viele Anfragen für die Aufnahme von Tieren bekommen, wie dies in den letzten Monaten der Fall gewesen sei. «Und das nicht nur für Hunde und Katzen, Meerschweinchen und Hasen. Die Warteliste für Pferde, Ponys und Esel wird immer länger.» Fast täglich werde auch Plätze für Schafe und Zwerggeissen gesucht. Auf dem Kaister Gnadenhof bieten die beiden Betreiberinnen Stefanie Sutter und ihre Zwillingsschwester Janina Sutter sowie das Helferteam Hand, wo es nur geht. Um aber jedem der hier lebenden Tiere die ihnen zustehende Versorgung zu ermöglichen, müssen die Hofverantwortlichen trotzdem immer wieder Anfragen ablehnen. Das geschieht stets mit einem weinenden Auge. Es ist ein Vernunftentscheid. Es geht um Zeit, Platz und auch um die Finanzierung.
«Die Solidarität uns gegenüber war auch das vergangene Jahr hindurch immer da. Wenn sie auch durch Corona etwas zurückgegangen ist, so ist die Spendefreudigkeit der Leute nach wie vor gross.» Damit zeigt die Hofbetreiberin auf, dass sie ihre Verantwortung auch in dieser Beziehung wahrnehmen.
Warum so viele A nfragen? Stefanie Sutter sieht die zunehmende Überforderung von Tierhaltern unter anderem auch in einer ungenügenden Vorinformation. Oft würden die Menschen erst beim Zusammenleben mit ihrem neuen Haustier erkennen, wie viel Aufwand es tatsächlich benötigt. Kann oder will Frau oder Mann diesen Aufwand nicht stemmen, klingelt dann einmal mehr das Telefon auf dem Tierlignadenhof.
Auf was freut sich Stefanie Sutter im nun bereits angebrochenen, neuen Jahr: «Natürlich das Zusammensein mit meinen Tieren.» Mit einem fast verlegenen Lächeln fügt sie an: «Auch auf den Februar. Da habe ich mal ein ganzes Wochenende frei.»