«Das Pilzesammeln ist wie ein Virus»

  26.06.2022 Persönlich, Rheinfelden

Ruth Reimann freut sich darauf, den Pilzsammlern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Seit Januar ist sie Pilzkontrolleurin in Rheinfelden. Die Natur liegt ihr sehr am Herzen.

Valentin Zumsteg

Wenn es um Pilze geht, kann Ruth Reimann ins Schwärmen geraten. «Pilze sind faszinierend. Ich sammle sie nicht nur, ich fotografiere sie auch gerne.» Im Januar hat die 59-Jährige die Nachfolge von Erich Meier angetreten, der altershalber das Amt als Rheinfelder Pilzkontrolleur niedergelegt hat. «Das ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die mir grossen Spass macht. Wenn ich einen Pilz nicht kenne, dann gebe ich ihn nicht frei», sagt Reimann. Wenn es die Zeit zulässt, gibt sie den Leuten gerne Tipps, zum Beispiel zur Zubereitung der Speisepilze.

«Happig, aber interessant»
Derzeit wohnt Reimann noch in Zeglingen im Basel-Land; wenn sie eine passende Wohnung findet, würde sie aber gerne nach Rheinfelden ziehen. Aufgewachsen ist sie in Birsfelden. «Ich ging schon mit meinen Grosseltern viel in den Wald. Doch mit dem Thema Pilze beschäftige ich mich eigentlich erst seit zwölf Jahren.» Es fing – wie bei den meisten – mit Eierschwämmli an. Als ein erfahrener Pilzsammler sie einmal mitnahm und sie im Wald Rotkappen, Ziegenlippen und Totentrompeten gefunden haben, war das Feuer entfacht. «Ich wollte mehr über Pilze wissen und bin in den Pilzverein eingetreten.» Um das Thema weiter zu vertiefen und sich selber zu fordern, besuchte sie 2018 den einwöchigen Vorkurs für die Pilzkontrolle in Landquart. «Das war happig, aber sehr interessant.» Deswegen hat sie sich entschlossen, ein Jahr später die Prüfung als Pilzkontrolleurin abzulegen – das hat sie mit Erfolg geschafft. Mittlerweile ist sie Vizepräsidentin beim Verein für Pilzkunde Fricktal. Die wöchentlichen Treffen und das gemeinsame Fachsimpeln geniesst sie sehr.

«Es ist zu trocken»
Pilze bilden ein eigenes Universum, allein in der Schweiz sind gemäss Reimann über 6000 Grosspilzarten bekannt – nur rund 200 davon gelten als Speisepilze. «Die diesjährige Pilzsaison war bislang sehr verhalten. Es ist zu trocken», erklärt Reimann. Im Mai gab es ein paar Mairitterlinge, vereinzelt auch Morcheln, aber nicht viele. Sie hat auch schon Sommersteinpilze gesehen. Einer ihrer liebsten Pilze ist die Totentrompete, die sich getrocknet besonders zum Würzen von Speisen eignet.

«Ich finde es wichtig, dass wir Menschen uns mit der Natur auseinandersetzen. Sie ist unsere Lebensgrundlage.» Der Klimawandel und die Veränderungen in der Natur beschäftigen sie sehr. Die wärmeren Temperaturen sorgen dafür, dass heute Pilze bei uns vorkommen, die es bis vor ein paar Jahren nur im Süden gab. Ruth Reimann nennt ein Beispiel: «Im Rheinfelder Wald ist ein Ölbaum-Trichterling gefunden worden, das hat unter den Pilzsammlern für Aufsehen gesorgt. Er ist giftig und ähnelt den Eierschwämmli. Wer sich nicht auskennt, kann die beiden verwechseln.»

«Je öfter, desto lieber»
In der Corona-Zeit haben mehr Menschen ihre Freizeit im Wald verbracht – und manche haben mit dem Pilzesammeln begonnen. Reimann rät davon ab, sich bei der Bestimmung der Funde nur auf Apps zu verlassen. Sicherer ist der Gang zur Pilzkontrolle. «Es freut mich sehr, wenn sich die Leute mit dem Thema beschäftigen und vielleicht auch mal in einem Buch nachschlagen.»

Ruth Reimann, die das KV gemacht und später in der Gastronomie sowie als Gärtnerin gearbeitet hat, ist drei bis vier Mal pro Woche im Wald anzutreffen. «Je öfter, desto lieber», sagt sie mit einem Lachen. «Das Pilzesammeln ist wie ein Virus. Wen es einmal gepackt hat, lässt es nicht mehr los.» Ihre liebsten Aufenthaltsorte sind Wald und Flur, wo sie neben Pilzen wilde Pflanzen sammelt und verarbeitet. Sie kocht auch gerne: «Zwei bis drei Mal pro Woche esse ich Pilze. Sie sind sehr gesund, man muss sie aber gut kauen.»

Ab Juli bietet Ruth Reimann die kostenlosen Pilzkontrollen jeweils am Mittwoch von 17 bis 18 Uhr im Forstwerkhof am Rütteliweg 20 in Rheinfelden an; nach den Sommerferien bis zirka Mitte November zusätzlich auch am Sonntag, ebenfalls von 17 bis 18 Uhr.

Der Verein für Pilzkunde lädt vom 6. Juli bis 16. November jeden Mittwoch ab 19 Uhr im Restaurant Warteck in Möhlin zu einem Pilzbestimmungsabend ein. Dort sind alle Interessierten herzlich willkommen.

www.pilzverein-fricktal.ch


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