Die «neue Mitte» gibt zu reden
12.01.2023 Brennpunkt, RheinfeldenDas Gebiet um den Bahnhof Rheinfelden wird in den kommenden Jahren umfassend entwickelt. Es sollen neue Wohnungen und Dienstleistungsflächen sowie eine Verkehrsdrehscheibe samt Bushof entstehen. Der Bahnhofsaal bleibt erhalten; der Roniger-Park wird für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht – so lauten die Pläne.
Valentin Zumsteg
Die Zukunft des Bahnhofgebietes interessiert: Rund 180 Personen fanden sich am Montagabend im Rheinfelder Kurbrunnen ein, um von der Stadt und den verschiedenen Grundeigentümern über die Pläne zur sogenannten «neuen Mitte» informiert zu werden. Das sind mehr Leute als an so mancher Rheinfelder Gemeindeversammlung, es mussten noch Stühle herbeigeschafft werden. Das rege Interesse darf nicht erstaunen, schliesslich ist Grosses geplant, das Rheinfelden an einem zentralen Ort tiefgreifend verändern wird. «Ich bin überwältigt, dass so viele Leute gekommen sind», sagte Stadtbaumeister Lorenz Zumstein zum Auftakt.
«Liegenschaften in einem schlechten Zustand und untergenutzt»
Rund 10 000 Personen nutzen durchschnittlich jeden Tag den Bahnhof Rheinfelden, das sind pro Jahr zirka 3,6 Millionen Kontakte. Gemäss SBB soll die Zahl bis 2030 nochmals um rund einen Viertel auf 4,5 Millionen steigen. «Als Ankunfts- und Empfangsort von Rheinfelden ist das Bahnhofsgebiet heute ungenügend», erklärte Zumstein zur aktuellen Situation. Die Liegenschaften rund um den Bahnhof seien mehrheitlich in einem schlechten Zustand, das Areal insgesamt untergenutzt. «Das Potential für Wohnen, Einkaufen, Dienstleistungen am Bahnhof wird nicht ausgeschöpft», so Zumstein. Das soll sich in den kommenden Jahren ändern. Die Stadt will zusammen mit den Eigentümern einen einladenden, urbanen Ankunftsort für Rheinfelden schaffen. In einem Teil der Erdgeschosse soll ein attraktives Angebot für Pendler mit Gastronomie und kleinen Geschäften ermöglicht werden. Gemäss den Plänen wird eine moderne Verkehrsdrehscheibe mit Bushof entstehen. Unterirdisch ist zudem eine Velostation mit 300 bis 600 Abstellplätzen vorgesehen. Das historische Bahnhofgebäude bleibt erhalten, wie Corinne Aebischer von den SBB erklärte.
Der Roniger-Park wird tagsüber öffentlich zugänglich
Der Roniger-Park, der sich im Besitz der Stiftung Roniger befindet und derzeit öffentlich nicht zugänglich ist, soll tagsüber für die Bevölkerung geöffnet werden und als grüner Erholungsraum in Bahnhofsnähe dienen. Die Stiftung bietet dazu Hand und verzichtet damit auf viel Geld, denn ein Teil des Parks könnte eigentlich überbaut werden, doch das möchte die Stiftung nicht, wie Präsident Markus Klemm ausführte. «Es ist uns ein Anliegen, den Park zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wir möchten nicht, dass alles mit Gebäuden verstellt wird.» Der Park, der gemäss Klemm rund 1,2 Hektaren umfasst, soll eine ruhige Oase bleiben, Spielgeräte sind nicht vorgesehen. Lorenz Zumstein schilderte die Zukunft beim Bahnhof zusammenfassend wie folgt: «Es soll ein Ort werden, an dem man gerne ankommt und sich gut orientieren kann. Es gibt Einkaufs- und Verpflegungsmöglichkeiten, moderne Wohnungen und man kann den Park geniessen.»
Kopfbau mit einer Höhe von rund 26 Metern
Die gesamte «neue Mitte» umfasst die drei Gestaltungsplan-Gebiete «Bahnhof», «Bahnhofsaal» und «Roniger-Park». Diese werden von der Eigentümerschaft je selbständig entwickelt; dazu werden derzeit die Gestaltungspläne erarbeitet. Am weitesten fortgeschritten ist der Gestaltungsplan «Bahnhofsaal», der den historischen Saalbau und die umliegenden Flächen umfasst. Es ist geplant, dass die Stadt den Bahnhofsaal von der Realstone SA kaufen kann und diesen dann umfassend saniert. So soll das Gebäude als Kultur- und Veranstaltungsort gesichert werden. Hinter und neben dem Bahnhofsaal plant die Realstone SA drei Gebäude mit Wohnungen, Dienstleistungen sowie einem gastronomischen Angebot und kleinen Ladenflächen für den täglichen Bedarf. Daniel Wentzlaff von «Nissen Wentzlaff Architekten» gab einen ersten Einblick, wie die Backstein-Gebäude aussehen könnten. Direkt beim Bahnhofplatz ist ein Kopfbau mit voraussichtlich sieben Stockwerken und einer Höhe von rund 26 Metern geplant. Im Erdgeschoss sollen ein Café und Einkaufsmöglichkeiten untergebracht werden, daneben sind Dienstleistungsflächen sowie Wohnungen geplant. In den zwei weiteren Gebäuden, die gemäss Wentzlaff voraussichtlich rund fünf Stockwerke aufweisen werden, sind ebenfalls Wohnungen und teilweise Dienstleistungen vorgesehen. Insgesamt sollen gemäss dem Architekten rund um den Bahnhofsaal zirka 90 bis 95 Mietwohnungen entstehen. «Es werden moderne städtische 2½ bis 4½-Zimmer-Wohnungen, die wir langfristig halten und vermieten», sagte Annette Reutzel von der Realstone SA.
Das Mitwirkungsverfahren läuft
Soweit die Pläne: Um sie zu realisieren, braucht es noch vieles. Die Bevölkerung kann sich dabei immer wieder einbringen, wie Stadträtin Claudia Rohrer betonte. Für den Gestaltungsplan «Bahnhofsaal» läuft seit Montag und noch bis am 8. Februar das Mitwirkungsverfahren, das allen offensteht. Im Dezember 2023 soll die Gemeindeversammlung über die Teiländerung der Nutzungsplanung «Bahnhofsaal» sowie über den Erwerb des Bahnhofsaals und den Planungskredit für die Sanierung entscheiden. Stadtschreiber Roger Erdin geht davon aus, dass in diesem Jahr auch der Gestaltungsplan «Roniger-Park» öffentlich aufgelegt werden kann.
Bis für die «neue Mitte» die ersten Bagger auffahren, dauert es noch einige Zeit. Gemäss Lorenz Zumstein ist mit einer Realisierung frühestens in den Jahren 2025 bis 2032 zu rechnen.