Genug Geld, aber keine Frauen
11.09.2022 FrickEigentlich ist alles bestens: Der Verein ist finanziell gesund, die Vernetzung ist breitgefächert, Mitglieder gibt es zuhauf und der Vorstand ist offen für neue Ideen. Trotzdem hängt die Zukunft des Frauenvereins an einem seidenen Faden. Es fehlt an Frauen, die im Vorstand mitarbeiten.
Simone Rufli
Vor zehn Jahren verteilten sich Verantwortung und Arbeitslast im Vorstand auf neun Frauen, dann lange Zeit auf sieben, heute sind sie zu viert: Erika Oesch, Barbara Willi, Luisa Kasper und Käthi Steffen. Dabei fehlt es dem Verein nicht an Mitgliedern. 238 sind es zurzeit. «Es gibt immer Frauen, die sich für einzelne Anlässe zur Verfügung stellen oder bei einem Projekt mithelfen, aber es möchte niemand im Vorstand Verantwortung übernehmen», bedauert Erika Oesch. Sie getraut sich schon fast nicht mehr zu sagen, wie lange sie schon im Vorstand ist. «Seit 1995 und schon mehrmals kurz davor, zurückzutreten. Aber es muss doch einfach weitergehen. Es hängt zu viel an diesem Verein.»
Schnell und unbürokratisch
Würde man ihn auflösen – und dieses Schicksal ist in jüngster Zeit schon Frauenvereinen in grösseren Gemeinden widerfahren – ginge das Vereinskapital zur Aufbewahrung an die Gemeinde Frick über. Vor allem aber ginge eine riesige Infrastruktur verloren. Finanzchefin Barbara Willi: «Wir sind sehr gut vernetzt und wir können schnell und unbürokratisch helfen. Zum Beispiel einer Altersheimbewohnerin einen Besuch beim Coiffeur ermöglichen oder einem Kind den Besuch der Spielgruppe. Uns geht es finanziell ausgezeichnet.»
Die Mitgliederbeiträge, die Einnahmen aus den sechs Tell-Tex-Kleider-Containern und die Spenden, sie tragen den Verein. Mit den Einnahmen aus der Brockenstube «Gwunderegge» werden die Vergabungen bestritten. Dabei gibt es feste und situative Zuwendungen. Regelmässig unterstützt werden beispielsweise das Schneesportlager der Gemeinde Frick, der Ferienspass, das Seniorentheater sowie das Hospice le Pré-aux-Boeufs in Sonvilier (Jura), ein Wohnheim für Menschen, die durch alle sozialen Maschen gefallen sind. Geld geht auch an das Sozialamt der Gemeinde Frick, sowie an den Kirchlichen Regionalen Sozialdienst. Auch der Verein Tischlein deck dich, das Schulheim Effingen oder das Kinderheim Brugg werden gelegentlich berücksichtigt.
An der letzten Generalversammlung wurden 10 000 Franken bewilligt für die Ukraine-Hilfe. Mit dem Geld sollen Deutschkurse für Kinder und Familien finanziert werden. «Die Ressourcen sind vorhanden, auch für neue Events», betonen die vier Vorstandsfrauen. Und sie halten fest: «Wir sind offen für neue Ideen. Was wir brauchen, sind Frauen, die bereit sind, ihre Ideen und ihre Zeit im Vorstand einzubringen.»
Gegründet anno 1889
Gegründet wurde der gemeinnützige Frauenverein Frick – einer der ersten Frauenvereine im Kanton Aargau – anno 1889. Zu einer Zeit, als die Frauen sich fast ausschliesslich daheim um Haushalt und Familie kümmerten. Heute sind viele Frauen berufstätig, die frei verfügbare Zeit knapp. «Und oft wird als Erstes danach gefragt, wieviel man bei der Arbeit im Vorstand verdient», stellt Luisa Kasper fest. Viele seien sich gar nicht bewusst, dass alle Arbeit im Verein ehrenamtliche Freiwilligenarbeit sei. Die Arbeit in der Brockenstube «Gwunderegge» beim alten Feuerwehrlokal, die Geburtstagsbesuche bei den Mitgliedern, die Kontaktpflege zu anderen Frauenvereinen, die Adventsfeier für Alleinstehende, an der jeweils um die 70 Personen teilnehmen, die sechs Kleidercontainer, der Koffermarkt vor Ostern, die Frauen-Kleider-Tausch-Party im Herbst, die Weihnachtsgeschenke für die Heimbewohner im Jura, der Seniorenausflug der Gemeinde – gerade erst letzte Woche wieder mit 170 Personen.
Unterstützt von Ehemaligen
«Ohne die Unterstützung von ehemaligen Vorstandsfrauen wäre die Arbeit heute zu viert nicht mehr zu bewältigen», sind sich die vier Vorstandsfrauen einig. Umso dankbarer sind sie, dass Ehemalige einzelne Projekte weiter unterstützen. Margrit Erni, Yvonne Müller, Daniela Stäuble, bis letzte Woche Andrea Demmler. Sie organisierte jahrelang den Seniorenausflug. «Wer im nächsten Jahr den Seniorenausf lug organisiert, ist noch nicht klar. Wir haben die Gemeinde informiert, dass der Frauenverein die Verantwortung abgibt und nur noch Begleitpersonen stellt.» Dass am Standort Frick gleich drei Frauenvereine – der Landfrauenverein Frick/Oeschgen, der katholische Frauenbund und der gemeinnützige Frauenverein – einen Vorstand zu besetzen haben, macht die Aufgabe nicht leichter.
In den Statuten steht geschrieben: «Der Frauenverein fördert gemeinnützige Bestrebungen. Er kann alle Aufgaben übernehmen, welche der Allgemeinheit dienen. Er kann diese Aufgaben allein durchführen oder sich in irgendeiner Form daran beteiligen. Er ist parteipolitisch und konfessionell neutral.» Und etwas weiter hinten: «Der Vorstand besteht aus 3 bis 9 Mitgliedern.» Interessierte dürfen sich gerne bei Erika Oesch melden: oescherika@hotmail.com