Als die Nacht über Stein taghell wurde
07.01.2021 SteinExplosionskatastrophe vom 4. Januar 1991 beim Bahnhof Stein
Vor 30 Jahren entgleisten bei einem nächtlichen Gütertransport durch den Bahnhof Stein mehrere der mit Benzin gefüllten Kesselwagons. Die nachfolgenden Explosionen und das grosse Feuer sorgten für ein Grossaufgebot an Feuerwehren und Polizeikräften. An die 1000 Personen waren im Einsatz. Zum Glück wurde niemand verletzt.
Susanne Hörth
Ein lauter Knall schreckte in der Nacht vom 4. Januar 1991 kurz nach Mitternacht zahlreiche Steiner aus ihrem Schlaf hoch. So auch den damals 24-jährigen Feuerwehrmann Hansruedi Schlatter. Vom Fenster aus erblickte er den riesigen Feuerschein über dem Bahnhof Stein. Kurz darauf erfolgte auch schon der Feuerwehralarm. Heute, 30 Jahre später, sind es vor allem einzelne Bilder und Szenen des Explosionsunglückes, die Hansruedi Schlatter, mittlerweile Steiner Gemeinderat, in Erinnerung geblieben sind. Die Steiner Feuerwehr war als erste vor Ort. Weil der damalige Kommandant ortsabwesend war, übernahm sein Vize Roger Moser. «Ich habe das riesige Flammenmeer von zuhause aus gesehen.» Für ihn war sofort klar, dass dies kein kleiner Einsatz werden würde. Wie gross das ganze Ausmass wirklich war, zeigte sich auf dem Brandplatz, dem Bahnhof Stein. Hier braucht es weitere Unterstützung wusste Moser sofort und informierte die Stützpunktfeuerwehr Frick. Mit dieser und weiteren Feuerwehren traf auch der kantonale Polizeikommandant Leon Borer am Ereignisort ein und übernahm die Gesamtkoordination.
Was war passiert?
In jener Nacht vom 4. Januar 1991 passierte ein mit Benzin beladener Güterzug den Bahnhof Stein. Ein Radbruch sorgte kurz nach dem Bahnhof für die Entgleisung von 8 der insgesamt 14 Kesselwaggons. Was danach folgte, war ein Horrorszenario sondergleichen. Nach mehreren Explosionen schlugen aus drei Waggons die Flammen weit in den Nachthimmel hinein. «Zu unseren Hauptaufgaben gehörte es, die nicht brennenden Wagen zu kühlen und vor weiteren Explosionen zu schützen», erinnern sich Roger Moser und Hansruedi Schlatter.
Rund 1000 Personen aus Feuerwehren, Chemiewehren und Polizeien mit über 100 Fahrzeugen sowie SBB-Löschzüge und Löschboote standen im Einsatz. Weil aus den Kanalisationsschächten giftige Dämpfe emporstiegen «einige von ihnen hob es sogar an», so Schlatter – mussten rund 200 Personen ihre Häuser und Wohnungen vorübergehend verlassen. Es wurde befürchtet, dass es zu weiteren Explosionen kommen könnte. Ein paar Stunden später kam die Entwarnung, die Evakuierten konnten nach Hause zurückkehren. Das galt nicht für die Rettungskräfte. «Wir waren mehrere Tage im Einsatz», sagt Roger Moser. Nach wie vor galt es, die nicht brennenden Waggons vor den Flammen zu schützen. Diese loderten noch einige Zeit, denn man hatte sich entschlossen, das auslaufende Benzin verbrennen zu lassen.
Ein Nebenschauplatz
«Ich weiss noch, als der Migros-Lastwagen durchs Dorf fuhr, um die Fi liale im Dorf mit Waren, unter anderem frischem Brot, zu beliefern», so Hansruedi Schlatter. Der Wagen sei angehalten und ein Teil der mitgeführten Waren kurzerhand für die Verpflegung der im Einsatz stehenden Rettungskräfte verwendet worden. Sechs Tage lang blieb die Bahnstrecke zwischen Mumpf und Frick gesperrt. Nicht befahrbar war während zweier Tage nach dem Unglück auch die unterhalb des Steiner Bahnhofs liegende Autobahn. Weil kleinere Mengen an Lösch- und Benzinwasser in den Rhein gelangten, wurden vorsorglich in Rheinfelden und Birsfelden Ölsperren errichtet. Das grösste Glück in diesem Unglück war, dass keine Personen verletzt wurden. Die Nähe zum Rhein und damit dem wichtigen Lösch- und Kühlwasser war ebenfalls von Vorteil.
Heute erinnert beim ausgebauten Bahnhof Stein nichts mehr an die Katastrophe von Januar 1991. Ein von der SBB gesponserter Brunnen beim Coop in Stein hingegen ist als Zeichen der Wertschätzung und Dankbarkeit für alle im Einsatz stehenden Rettungskräfte geblieben.