Ein guter Ort für Familien
27.06.2020 LaufenburgAlles im Fluss
Spaziergang durch das Laufenburg von vier jungen Frauen
Die Freundinnen Alessia, Sarah, Laura und Rishicka verbindet mit ihrem Wohnort Laufenburg weit mehr als nur die Kindergarten- und Schulzeit. Wenn sie sich auch vorstellen können, für eine gewisse Zeit einmal woanders zu leben, so möchten sie auf jeden Fall ins Städtchen zurückkehren.
Susanne Hörth
Es ist kurz vor halb sechs Uhr an diesem späten Montagnachmittag. Aus Richtung Basel fährt ein Zug ein. Die Türen öffnen sich. Durch die herausströmenden Menschen wird das Laufenburger Bahnhofsareal für einen Augenblick lang zu einem hektisch-schnellen Begegnungsort. «Zu Stosszeiten hat es hier wirklich sehr viele Leute. Sonst ist hier nichts los», sagt Alessia Marchese. Also kein Treffpunkt für die jungen Leute? Die 21-Jährige schüttelt den Kopf. Ebenso ihre drei Freundinnen Sarah Hallauer, Laura Buccheri und Rishicka Jegatheeswaran. Um zusammen etwas abzuhängen, zu schwatzen, diskutieren oder einfach zum Chillen gebe es in Laufenburg deutlich schönere Plätze. Schnell noch werden Rucksäcke, Trottinett und Jacken im Auto der Journalistin verstaut – die vier kommen gerade von der Arbeit oder von der Schule. Dann geht es zu Fuss weiter Richtung Altstadt. «Hinauf zum Schlossberg?» will die Schreibende in Erwartung an diesen lauschigen Verweilplatz wissen. Die jungen Frauen blicken sich kurz an, grinsen, verneinen die Frage. «Da sind wir zwar auch ab und zu. Vielmehr aber unten am Rhein», so Sarah.
Nebeneinander schlendern die Freundinnen die Altstadtgassen hinunter. Entspannt und locker. Man spürt: sie sind in «ihrem» Laufenburg unterwegs. Es ist ihr Daheim, hier sind sie in den Kindergarten gegangen, haben zusammen die Primarschule im Schulhaus Burgmatt und später die Oberstufe im Schulhaus Blauen besucht. Laufenburg ist der Ort, der sie mit ganz vielen gemeinsamen Kindheitserinnerungen verbindet. «Heimatgefühl», bringt es Alessia später noch mit einem Wort auf den Punkt. Dass das gesamte Volksschulangebot an ihrem Wohnort vorhanden ist, erachten sie als ein nicht selbstverständliches Privileg.
Und was ist mit den Vereinen im Ort? «Ich war eine Zeitlang beim Volley Smash Laufenburg-Kaisten. Seit ein paar Jahren spiele ich Fussball beim FC Laufenburg-Kaisten», sagt Laura. «Ich war bei den Pontonieren und auch im Karate. Jetzt aber bin ich in keinem Verein mehr», meint Sarah. Rishicka und Alessia ebenfalls nicht.
Wir stehen vor einem Torbogen, welcher unter einem der Mittelalterhäuser den Durchgang zum Rheinufer ermöglicht. Das Sonnenlicht lässt die Wasseroberfläche glitzern und funkeln. Fröhliches Lachen ist von der grossen Wiese her zu vernehmen. Ein Pärchen albert auf der ins Wasser führenden Rampe herum. Etwas weiter draussen zwischen schaukelnden Enten geniessen ein paar Rheinschwimmer das kühle Nass. «Nein, da gehen wir nicht rein», so ein gleich vierfaches Verneinen auf meine entsprechende Frage. «Das Wasser ist so dreckig.» Früher seien sie zum Schwimmen oft in die Laufenburger Badi gegangen.
Die vier jungen Frauen haben sich in der Zwischenzeit direkt über dem Wasser in einer kleinen Mauernische auf einem Bänkli niedergelassen. «Uff, das ist jetzt richtig heiss hier», fächelt sich Alessia mit der Hand etwas kühle Luft zu. Sie blinzelt in das Sonnenlicht. Auf diesem Bänkli und auch in der Badstube treffen sich die vier regelmässig. «Manchmal aber auch beim Weiher oben beim Wald oder bei einer der Grillstellen», so Sarah. Rishika fügt noch die Stelle beim Wasserkraftwerk hinzu. Die vier wiederholen, was sie schon eingangs betont haben und worauf sie auch stolz sind: «Laufenburg hat viele solch schöner Plätze». Orte, die sie zusammen oder auch jede für sich aufsuchen. So trifft man etwa Laura ab und zu auf der schier unendlich langen Panoramatreppe oberhalb von Laufenburg. «Dort lasse ich einfach meine Gedanken f liessen und geniesse die Aussicht.»
Nach einem kurzen Fotostopp auf dem Spielplatz in der Badstube führt uns der Weg weiter dem Fluss entlang. Diesen empfinden meine Begleiterinnen nicht als Landesgrenze. Ganz im Gegenteil. Die enge Verbundenheit von Laufenburg mit seiner deutschen Schwesterstadt sei toll. Sich hüben wie drüben aufzuhalten, ist für die vier eine gelebte Selbstverständlichkeit. «Der einzige Unterschied ist die Währung», lacht Rishika.
Wir haben uns vom Rhein entfernt und befinden uns jetzt wieder zwischen den Häusern. «Bei uns gibt es sogar ein Museum», sagt eine meiner Begleiterinnen und zeigt auf das Rehmann-Museum. «Nein, sogar zwei. In der Altstadt ist doch auch noch das Museum Schiff.»
Irgendwann dreht sich das Gespräch auch um schöne Gewohnheiten und Traditionen der Stadt. Etwa die jährliche hela. Die Herbstmesse Laufenburg, die immer ein grosser Publikumsmagnet ist. Oder auch die Fasnacht, das San Giuseppe-Fest und vieles mehr.
Daheim, wo die Familie ist
Laufenburg, sich hier wohl und geborgen fühlen, verknüpfen die Freundinnen auch ganz eng mit ihren Familien. Denn diese spielen eine bedeutende Rolle. Die Familien sind auch ein wichtiger Grund, warum sich die vier jungen Frauen ihre spätere Zukunft gut wieder in diesem Bezirkshauptort vorstellen könnten. Für eine gewisse Zeit wegziehen, Neues kennenlernen und den eigenen Horizont etwas erweitern, das möchten sie aber auf jeden Fall. Richtung Basel, so die sich ähnelnden Vorstellung von Alessia, Laura und Sarah. Rishika hingegen sieht sich nicht als Stadtmensch. Ihr liegt die ländliche Umgebung mit viel Natur näher.
Was könnte in Laufenburg besser sein?
«Abends und am Wochenende ist hier einfach nichts los». «Es ist schade, dass Laufenburg keine wirklichen guten Cafés für unsere Generation hat.» «Auch Lädelis nach unserem Geschmack gibt es leider nicht.» Dann geht ein Lachen durch die Gruppe. Eine Erinnerung kommt hoch. «Wir haben uns sogar schon mal überlegt, zusammen ein Lokal mit besonderen Spezialitäten in Laufenburg zu eröffnen.» Sogar die exakte Inneneinrichtung eines Lädelis oder Cafés sei Bestandteil dieser gemeinsamen Überlegungen gewesen. Wer weiss, vielleicht wurde damit der Grundstein für ein späteres Geschäftsvorhaben in Laufenburg gelegt. Zurzeit haben aber die jeweiligen Berufsausbildungen erste Priorität. Laura beginnt im August ihr drittes Lehrjahr zur Fachfrau Gesundheit in der Psychiatrie Baselland in Liestal. In diesem wird auch Sarah, die bereits ihre Lehre als Assistentin Gesundheit und Soziales abgeschlossen hat, die Weiterbildung zur Fachfrau Gesundheit antreten. Rishika besucht die Kanti und kann sich gut vorstellen, nach der Matur Medizin zu studieren. Alessia hat eine kaufmännische Ausbildung hinter sich.
Wir steuern nun doch das Ziel Schlossberg und damit die Burgruine an. Doch alle Treppen und Wege nach oben sind mit rotweissen Bändern abgesperrt. Der Grund dafür wird uns erst später klar: in der kommenden Nacht werden viele öffentliche Gebäude rot angestrahlt. Mit dieser Night of light soll auf die coronabedingte Notsituation in der Veranstaltungsbranche aufmerksam gemacht werden. Apropos Veranstaltungen: «Schade, dass abends und am Wochenende so gar nicht los ist in Laufenburg», machen die jungen Frauen deutlich, warum sie sich für etwas mehr Unterhaltung ausserhalb ihrer Wohngemeinde orientieren. Wir umkreisen den Schlossberg, gelangen dann zum Parkplatz gegenüber des Primarschulhauses. Es ist unser nächstes Ziel. Genauer der Friedensplatz. Hier gibt es kein Halten mehr: «Weisst Du noch, welches Käferli Du gemalt hast? Ist das jenes von Dir? Ich glaube, das ist meines!» An den halbhohen Betonwänden rund um diesen Platz, welcher sich über der Turnhalle befindet, krabbeln aufgemalte Käfer in allen Formen und Farben. «Ich glaube, wir waren damals in der dritten Primarschulklasse.» Diesem Ausruf folgt ein tiefes Seufzen aus der Runde: «Es ist schon echt lange her.» Beim späteren Tschüss-Sagen dann auch noch: «Ja, hier in Laufenburg ist es schon wirklich schön.»