Ostern – Leben mit dem Geschmack der Ewigkeit

  30.03.2018 Oeschgen

«Wir brauchen das Leid und den Tod nicht zu suchen. Sie finden uns, ungebeten und oft unerwartet» (Eleonore Beck). Karfreitage überall, fern und nah, heute und gestern, bei mir und anderen. Und es bleibt ein haltloses Versprechen zukunftsgläubiger Wissenschaft, dass der Mensch eines Tages von allem Leid befreit würde.

Vorher kommt noch die Angst vor dem Leiden. Eine Angst, die sich breit macht und uns lähmt: Angst vor der Zukunft, vor Veränderung, vor Krankheit, vor dem Verlust der Beheimatung, Angst davor, dass ein paar unberechenbare Machtmenschen einen Krieg vom Zaun brechen und die Welt in den Abgrund stürzen … Heute leben wir in einer Gesellschaft voller materieller Absicherung, doch unsere Angst vor der Zukunft bleibt, wie das CS-Sorgenbarometer 2017 zeigt. Die Botschaft von Ostern kann uns die Augen öffnen für eine andere Deutung der Wirklichkeit, kann uns helfen, Angst zu überwinden.

Ob eine Raupe wohl weiss, dass sie eines Tages frei fliegen wird wie ein Schmetterling? Ob ein kleines Kind wohl ahnt, welche Möglichkeiten der Entwicklung in ihm stecken? Ob ein Volk im Dunkel eines Unterdrückungs-Systems sich wohl Freiheit vorstellen kann?

Die bald 2000 Jahre alten Ostererzählungen der Bibel versuchen die Unfassbarkeit einer Zukunft voll Lebendigkeit in Worte zu fassen und wollen bis heute Menschen Mut machen, Vertrauen ins Leben zu schöpfen. Heute wie damals in biblischer Zeit fällt es nicht leicht zu glauben und sich von der Hoffnung anstecken zulassen.

Mit seinen drei Glasbildern der Friedhofskapelle von Hohenberg im Ostalbkreis thematisiert der schwäbische Malerpfarrer drei Ebenen menschlicher Existenz im Horizont von Glauben, Hoffnung und Liebe.

«Der Mensch, wie Gras sind seine Tage» (Psalm 103,15). Die Vergänglichkeit ist Teil der Schöpfung und des menschlichen Lebens. Neu geboren gehen wir bereits auf den Tod zu. Wir Menschen sind Zellhaufen, die sterben, um wieder Material für Lebewesen zu werden. Wie schwer fassbar ist in dieser naturwissenschaftlichen Perspektive der Auferstehungsglaube, die Vorstellung eines ewigen Lebens. Doch erscheint ein solches Verständnis des Menschen nicht so, als ob ein Blinder das Farberlebnis eines Regenbogens beschreibt? Die Ewigkeit ist bereits in uns angelegt, «der Körper als Verheissung» (Helmut Jaschke) zu verstehen. Wir können nicht leben ohne zu vertrauen. Wir vertrauen darauf, dass der Frühling wiederkommt, morgens die Sonne aufgeht, die Schwerkraft funktioniert und unser Körper lebt. Neben dem Vertrauen in Menschen, Beziehungen, Institutionen usw. Ohne dieses «Urvertrauen» sind wir nicht lebensfähig.

Im Vertrauen werden wir fähig zur Liebe. Die ganzheitliche Erfahrung der Liebe zwischen Menschen überschreitet, wenn auch nur für kurze Momente, alle Grenzen von Raum und Zeit. Als Verliebte schweben wir «im siebten Himmel». Und obgleich unsere Liebesbeziehungen zerbrechlich sind, ist doch Liebe immer auf Dauer, auf ewig angelegt. Wir können uns nicht geplant für eine befristete Zeit verschenken.

In der Begleitung zum Sterben hin erfährt die Musiktherapeutin Monika Renz (St. Gallen) immer wieder wie Menschen trotz allem Zerfall von der Hoffnung getragen sind. Und Menschen, die auf den Tod zugehend ein sogenanntes Nahtoderlebnis hatten, machen eine Erfahrung, die sie schwer in Worte fassen können und meist für sich behalten. Doch einige sprechen davon, wie sie nun verändert und hoffnungsvoll leben, ohne Angst.

«Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt.» (Johannes 12,24). Wir Menschen leben um uns zu verschenken. In der Lebensweitergabe erfahren wir Sinn und Glück mit dem Geschmack der Ewigkeit. Wo «gutes Leben» wächst, wo Freude und Lachen sich breit machen, wo Menschen sein können, wie sie sind, und sich einander tragen, da feiern wir mitten am Tag ein Fest der Auferstehung.

«Da wendet sie sich um zu ihm und sagt: Rabbuni, das heisst Meister.» (Joh 20,16). In der Ostererzählung im Johannesevangelium gelingt es Maria Magdalena das Grab hinter sich zu lassen und sich Jesus zuzuwenden, der lebt. Was auch immer damals genau geschehen ist, wie auch immer wir die Botschaft von der Auferweckung Jesu verstehen oder auch nicht verstehen. Fakt ist, dass die ersten Christinnen und Christen getragen waren von einer ungeheuren Veränderungskraft. Einer Kraft, die auf die Liebe vertraute und die sie eine neue Gesellschaft, eine Gemeinschaft von Gleichen leben liess. Jesus wird ermordet von den Machthabern seiner Zeit. Doch entgegen allen Erwartungen ist seine Friedens-Botschaft damit nicht tot, im Gegenteil, sie fängt gerade erst an, Bedeutung zu bekommen. So wird Ostern zum Impuls der Befreiung und der Hoffnung: «Eine andere Welt ist möglich! Werde Teil des Wandels!» Denn, so sagt Kurt Marti, «das könnte den Herren der Welt ja so passen, wenn erst nach dem Tode Gerechtigkeit käme!»


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