Ein schöner Ort, wo man sich gerne trifft

  03.09.2016 Natur, Rheinfelden, Unteres Fricktal

Von Janine Tschopp

Es ist Sonntagnachmittag, und es ist heiss. Anita Nölly und ihr Lebenspartner Giova Sciamanna liegen aber nicht im Schwimmbad, sondern werken in ihrem Schrebergarten. Nach vier Wochen Ferien gibt es besonders viel zu tun. «Es sah aus wie in einem Urwald. Überall wucherte das Unkraut», erklärt Giova Sciamanna. Er ist fast jeden Tag hier, sei es zum Jäten, Pflanzen oder Ernten. Unzählige Gemüsesorten, Früchte, Gewürze und Blumen wachsen hier in ihrem Schrebergarten in Rheinfelden. «Das musst Du probieren», sagt Giova Sciamanna immer wieder voller Stolz und bringt der Journalistin ein Cornichon, eine Tomate oder eine spezielle Basilikumsorte zum Testen. «Hier schmecken die Tomaten noch nach Tomaten. In unserem Garten haben wir viele schmackhafte Sorten. Wir haben sogar schwarze Tomaten», betont Anita Nölly stolz. Als Mitglied der Stiftung «Pro Specie Rara» baut das Paar auch vom Aussterben bedrohte Gemüse- oder Pflanzensorten an. «Das Gemüse wächst hier ohne Dünger, aber mit eigenem Kompost. Vielleicht wird es nicht so üppig gross, dafür geschmackvoll. Bei uns darf ein Gemüse auch einmal ausschiessen und blühen, so werden die Bienen nicht arbeitslos», betont Giova Sciamanna. Dass kein Dünger verwendet wird, schätzen auch die kleinen Maulwürfe, die im Frühjahr den ganzen Garten untergraben haben. Über die zahlreichen Haufen und Tunnels der kleinen Tiere war Giova Sciamanna nicht besonders erfreut. Im Schrebergarten kann es auch vorkommen, dass die Arbeit umsonst war. «Zum Beispiel, wenn es viel Regen gibt, die Tomaten der Fäulnis verfallen, und wir alle Stöcke ausreissen müssen», weiss der passionierte Hobbygärtner. Im Schrebergarten kommt ihm nicht nur seine Leidenschaft für die Natur zu gute. Regelmässig stehen auch Arbeiten an, bei welchen sein handwerkliches Geschick als Maurer gefragt ist. Sei es in Zusammenhang mit der Reparatur von Gartenplatten oder Mauern, beim Cheminéeausbau oder bei Instandstellungen im Allgemeinen. Sogar sein künstlerisches Flair kann er ausleben: Letztes Jahr hat Giova Sciamanna auch Betonschalen und Gefässe für den Schrebergarten hergestellt.

 

Ein Treffpunkt für Familie und Freunde

Seit ihrer Kindheit verbringt Anita Nölly die Wochenenden zusammen mit ihrer Familie im Schrebergarten. «Mein Vater war sehr naturverbunden. Und wenn man in einem Block aufwächst, hat man nur mit einem Garten die Möglichkeit, ins Grüne zu kommen», sagt Nölly. Ihr Vater stellte ihr jeweils zwei Beete zur Verfügung, wo sie nach Lust und Laune anpflanzen konnte. «Insbesondere nach seiner Pension war mein Vater sehr viel im Garten. Er wollte nicht einmal in die Ferien fahren, weil im Garten so viel Arbeit anstand.» Seit dem Tod ihres Vaters vor fünf Jahren kümmern sich Anita Nölly und Giova Sciamanna um die grüne Idylle. «Der Schrebergarten war und ist der Lieblingsplatz für die ganze Familie. Hier trifft man sich», erklärt Nölly. Auch Freunde und Kollegen kommen gerne hierhin, und das nicht nur im Sommer. «Wir haben hier auch schon Weihnachten gefeiert und, eingepackt in warme Wolldecken, bei Kerzenlicht Fondue gegessen», erinnert sich das Paar.

 

Zusammenhalt unter den Gartenbesitzern hat sich verändert

Nölly erinnert sich an Zeiten, als der Zusammenhalt und Austausch zwischen den Gartenbesitzern viel grösser war als heute. Besonders für Leute, die erst seit kurzem im Besitz eines Gartens seien, sei die Integration unter den langjährigen Gartenbesitzer schwierig. «Dieses Jahr gibt es erstmals kein Gartenfest, weil sich niemand für die Organisation zur Verfügung stellte», erklärt Nölly. Für Giova Sciamanna und Anita Nölly ist ihr Schrebergarten nach wie vor ein Ort, wo sie sich sehr wohl fühlen und den sie nicht missen wollen. «Für uns käme es nicht in Frage, den Garten aufzugeben. Er bedeutet auch ein Stück Nostalgie, weil mein Vater den Garten immer sehr gerne hatte», erklärt Nölly. Und Sciamanna: «Für mich bedeutet der Garten auch Freiheit. Ich habe hier immer wieder die Möglichkeit neue Samen auszuprobieren sowie Gärtnererfahrungen zu sammeln. Ab und zu hole ich mir auch Rat bei ‹alten Hasen›.» Trotz viel Arbeit im Garten bleiben auch immer wieder Momente sich hinzusetzen und inne zu halten oder Zeit mit Freunden zu verbringen. «Schön und entspannend ist es auch, nach einem Arbeitstag hier den Sonnenuntergang zu geniessen», sagt Anita Nölly.


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