«Ein Lippenbekenntnis alleine genügt nicht»
26.04.2018 LaufenburgAngeregte Diskussion um die Zukunft des Spitals Laufenburg
Am Infoabend in Laufenburg machten die Verantwortlichen des Gesundheitszentrums Fricktal (GZF) deutlich, dass eine Neuausrichtung am Spital Laufenburg unausweichlich ist.
Susanne Hörth
«Es geht heute Abend um das Gesundheitszentrum Fricktal generell und um den Standort Laufenburg im Speziellen», sagte Katharina Hirt am Montagabend in Laufenburg. Mit Blick auf die mit rund 300 Personen gut gefüllte Stadthalle fügte die Verwaltungsratspräsidentin des Gesundheitszentrums Fricktal (GZF) an: «Die Zukunft des Spitals Laufenburg bewegt viele, das ist ein wichtiges Zeichen.» Es sei nicht das erste Mal, dass sie hier in Laufenburg vor den Leuten stehen würden. Vor genau 20 Jahren sei es mit der anstehenden Fusion der beiden Fricktaler Spitäler zum Gesundheitszentrum Fricktal (GZF) ebenfalls um die Zukunft des Laufenburger Spitals gegangen. Damals wie heute sei der Tenor der Bevölkerung «Wir wollen das Spital Laufenburg behalten».
Laufenburg habe trotz negativer Prognosen 20 Jahre überlebt, so Katharina Hirt. «In der Medizin grenzt das an ein Wunder. Wir schiessen nicht aus der Hüfte heraus, sondern lassen uns Zeit mit der Diagnose», leitete die VR-Präsidentin zur Entwicklung beim GZF über. Für eine Neuausrichtung am Standort Laufenburg ziehe man alle Involvierten, unter anderem auch die Hausärzte, zu Rate. Die personellen Veränderungen, die Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Fachärzten und Pflegepersonal hätten nun zu einer Beschleunigung geführt. «Wir müssen zügig entscheiden, damit unsere Mitarbeiter wieder ruhig arbeiten können.»
Zwei Notfallpatienten pro Nacht reichen nicht
Im Verwaltungsrat und bei der Geschäftsleitung sei man verwundert, dass alleine die Ankündigung für die Prüfung von verschiedenen Szenarien solch hohe Wellen schlage. Prüfen und Handeln seien unter anderem aufgrund der politischen Entwicklung, dem Konkurrenzkampf unter den Spitälern und insbesondere auch durch den Kostendruck nötig. «Alle sagen, wir wollen Laufenburg nicht verlieren. Ein Lippenbekenntnis alleine aber reicht nicht», betonte Hirt. Die Leute müssen das Spital auch nutzen und die Hausärzte ihre Patienten hierher überweisen. «Zwei Notfallpatienten pro Nacht wie aktuell genügen nicht.»
Mit der Fusion vor 20 Jahren habe der Standort Laufenburg gesichert werden können, blickte Anneliese Seiler, CEO des Gesundheitszentrum Fricktal, kurz zurück. Das GZF arbeitet seither mit einer Betriebsbewilligung und mit einem Leistungsauftrag. Das soll nun laut Aargauer Gesundheitsdepartement nicht mehr möglich sein. Jeder Standort muss dies nun separat erbringen. Um alle damit verbundenen Anforderungen jederzeit erfüllen zu können, würde es für den Standort Laufenburg enorme Kosten bedeuten. Anneliese Seiler zeigte auf, wie sich die Patientenzahlen in den beiden Spitälern in den Jahren 2000 bis 2017 entwickelt haben. In Laufenburg ist nur ein minimaler Anstieg zu verzeichnen. Im Jahre 2000 liessen sich hier 1980 Patienten behandeln. 2017 waren es gerade einmal 480 Personen mehr. In Rheinfelden stieg die Zahl von 3720 auf heute 6080 stationäre Patienten pro Jahr. Ähnlich verhält es sich auch in all den anderen Bereichen. So hat sich die Zahl mit heute durchschnittlich 27 Notfallpatienten pro Tag in Rheinfelden verdoppelt. In Laufenburg blieb sie mit durchschnittlich 12 Personen pro Tag fast konstant.
«Sie suggerieren, dass Gleiches mit Gleichem verglichen wird», störte sich der Laufenburger Hausarzt Markus Aellig an der zahlenmässigen Gegenüberstellung der beiden Spitäler. Rheinfelden biete ein wesentlich grösseres Leistungsspektrum an als Laufenburg. Daher sei es nicht verwunderlich, dass hier mehr Patienten behandelt werden. «Wir kriegen die Patienten von Rheinfelden nicht nach Laufenburg. Damit kämpfen wir schon seit Jahren», verneinte Anneliese Seiler eine entsprechende Frage. Es würde schon viel bringen, wenn die heute jährlich rund 1250 Fricktaler Patienten, die sich in Krankenhäuser ausserhalb des Fricktals behandeln lassen, das Spital Laufenburg nutzen würden. «Langfristig würde aber auch das nicht genügen», so Anneliese Seiler und Katharina Hirt. Sie machten mehrfach deutlich, dass das Einsparungspotenzial in Laufenburg ausgereizt sei. «Es braucht jetzt strukturelle Veränderungen.»
Die beiden aktuell zur Diskussion stehenden Szenarien werden mit allen Involvierten weiter geprüft. «Wir hoffen, dass wir eine gute Lösung für Laufenburg finden können», so Katharina Hirt. Sie hofft, dass bis Juni eine solche Lösung präsentiert und sie auch an einem Infoabend der Bevölkerung vorgestellt werden kann.
«Wir wollen unser Spital behalten»
Rund 300 Personen wollten wissen, wie es am GZF-Standort Laufenburg weitergeht
Die Zukunft des Spitals Laufenburg lässt nicht kalt. Das wurde an der Infoveranstaltung vom Montagabend durch die vielen Voten aus der Versammlung deutlich gemacht.
Susanne Hörth
Der Bezirk Laufenburg mit seinen heute rund 30000 Einwohnern gilt als Wachstumsregion. Als eine solche sei man auf das Bezirksspital angewiesen, sagte am Infoabend ein Versammlungsteilnehmer. Eine Versammlung, an der heftig, teils emotional, aber immer auch sachlich diskutiert wurde. «Wir gehen ganz sicher nicht nach Rheinfelden», war mehrfach von Votanten zu hören. Sie alle waren schon als Patienten im Spital Laufenburg und sind bis heute mit den hier erfahrenen Behandlungen und der familiären Atmosphäre sehr zufrieden.
Nochmals auf das Wachstumspotenzial der Region Bezug nehmend, meinte Guido Maier, dessen Familienunternehmen seit 120 Jahren in Laufenburg zuhause ist, dass man beim Spital nicht noch mehr sparen dürfe, sondern schauen «wie kann ich noch mehr Patienten zu uns holen». Auch von deutscher Seite. Hierzu wurde vom GZF-Finanzchef Marcel von Ah betont, dass man versuche, auch deutsche Patienten zu rekrutieren. Die im deutschen Raum geltenden Kostenstrukturen würden es aber erschweren. Und tiefere deutsche Tarife anbieten, wolle man nicht. Markus Kunz aus Frick zeigte sich etwas enttäuscht über die Bevölkerung. Er vermisse das Vertrauen, dass die Leute zu ihrem Spital haben müssten.
«Unternehmerisch denken und innovativ sein»
Vor 20 Jahren haben man die Spitäler zusammengelegt und wie vom Kanton gewünscht, mit einer Bewilligung und einem Leistungsauftrag gearbeitet. Dass der Kanton nun eine Trennung verlangt, sei ein Widerspruch, den es zu erklären gelte, so Franz Koch.
«Wenn wir in Laufenburg zumachen, muss man in Rheinfelden bauen. Mit diesem Geld könnte man etwas Gescheites in Laufenburg machen.» Dieser Einwand von Bruno Schraner wurde mit grossem Applaus begleitet. Immer rede man vom Gesundheitswesen. Um gesund zu sein, brauche es auch Prävention. Warum also nicht Laufenburg zu einem Kompetenzzentrum für Prävention machen, forderte ein Anwesender. Ein anderer meinte: «Man will uns schmackhaft machen, möglichst viel abzubauen. Vielmehr sollte man unternehmerisch denken und innovativ sein.» Anneliese Seiler, CEO des GZF, hielt hier fest, dass es auch immer wieder um die Finanzierung geht. Nur durch genügende Auslastung können die Kosten getragen werden. Sie verhehlte aber auch nicht: «Es macht uns keine Freude, das hier alles sagen zu müssen. Wir haben uns 20 Jahre intensiv für dieses Haus eingesetzt.» Nach besten Lösungen werde gesucht und: «Wir tragen die Verantwortung für die Gesamtunternehmung.»
Kompetenzzentrum für Akut-Geriatrie
Hans Ryser, der in den 1990er-Jahren die Physio-Abteilung im Spital Laufenburg geleitet hatte, bedauerte die betrübliche Stimmung. Man müsse nach vorne schauen, motivierte er und nannte gleich einen Lösungsansatz: Laufenburg hätte als Kompetenzzentrum für Akut-Geriatrie eine gute Chance, ist er überzeugt. Auf die Bitte, dies zu prüfen, entgegnete Anneliese Seiler, dass man das gerne in Laufenburg angeboten hätte. Der Kanton habe zwar die Vorschriften gelockert. Die Krankenkassen hingegen würden nur zahlen, wenn die Geriater am Standort tätig seien. Hier machte sie wiederum auf die schwierige Suche bei Fachärzten aufmerksam. Im Spital Rheinfelden habe man fast zwei Jahre nach einem zweiten Geriater gesucht.
Versprechen ist auch eine Vertrauenssache
Der Sissler Hausarzt Philipp Bachmann sprach die Patientenzahlen am Spital Laufenburg an. Fehlende Angebote an diesem Standort würden dazu führen, dass viele Patienten gar nicht erst hierher geschickt werden. Er nannte als Beispiel den Computertomographen, der auch für Laufenburg versprochen worden war, bis heute aber nur am Standort Rheinfelden vorhanden ist. Dem wurde von Seiten GZF entgegen gehalten, dass eine solche Anschaffung sehr teuer sei. Zudem seien nur wenige Radiologen bereit, in Spitälern in Schichtbetrieb zu arbeiten. «Wenn man nicht investiert, kann man auch nicht überleben», kam es aus der Versammlung.
Der Laufenburger Vizeammann Meinrad Schraner dankte der GZF-Führung für die offenen Ausführungen, hielt aber auch fest, dass er auf deren Seiten eine gewisse Resignation spüre. «Uns liegt sehr viel am GZF, besonders im Oberen Fricktal. Sagen Sie uns deshalb, warum es geht und nicht, warum es nicht geht.» Katharina Hirt, Präsident des GZF-Verwaltungsrates: «Wir sind nicht resigniert. Wir suchen nach Lösungen, die kostenmässig passen. Wir sind aber auch nicht festgefahren auf die beiden Szenarien. Vielleicht gibt es noch eine dritte Variante.» Dass es zukunftsfähige Lösungen gibt, daran glaubt auch der Laufenburger Stadtammann Herbert Weiss. Er forderte die Leute auf, für ihr Spital einzustehen. «Ich erwarte Solidarität.» Er fügte aber auch hinzu, dass eine Reorganisation notwendig sei. Wenn nicht, bestehe die Gefahr, dass das Fricktal vielleicht bald einmal über gar kein Spital mehr verfüge.
Immer wieder standen auch Pflegefachfrauen aus dem Spital Laufenburg auf. Eine von ihnen fand es schade, dass bei aller Diskussion der Mensch etwas in den Hintergrund gerückt sei. Dank der familiären Atmosphäre im Spital Laufenburg würden sie von den Patienten immer wieder viel Positives hören. Und dabei auch immer wieder das ihnen entgegengebrachte Vertrauen spüren.
Zum Schluss betonte Katharina Hirt nochmals: «Wir möchten nicht, dass der Eindruck entsteht, dass Laufenburg fallengelassen wird. Es wird weiterhin nach machbaren Lösungen gesucht.»