Bata-Park bleibt in Familienbesitz
04.10.2019 MöhlinDie Jakob Müller AG will das industrielle Erbe weiter entwickeln
Es sei die vielleicht wichtigste Botschaft im Rahmen dieses Gesprächs, sagte Christian Kuoni, VR-Präsident der Jakob Müller Holding AG: Auch die nächste Generation im Unternehmen werde am Möhliner Bata-Park festhalten.
Ronny Wittenwiler
Mitte August wurde es bekannt, am 19. Oktober folgt die Verleihung: Die Immobilien AG der Jakob Müller Holding erhält den Aargauer Heimatschutzpreis überreicht für ihren – Zitat – «vorbildlichen, sorgsamen und verantwortungsvollen Umgang mit dem architektonischen Erbe des Bata-Parks». Es war im Jahr 2005, als der Textilmaschinenhersteller aus Frick den Park gekauft hatte, auch mit der Absicht, die Produktion langfristig dorthin zu verlagern. Die Wirtschaftskrise 2008 durchkreuzte diese Pläne, Eigentümerin ist die Jakob Müller AG trotzdem geblieben. Bis heute.
Ein Park im Dämmerzustand
«Als der Gründer Thomas Bata die Siedlung hier plante, tat er das nicht für die nächsten einhundert Jahre, sondern für eine oder zwei Generationen, um sie dann wieder zu modernisieren.» Diese Aussage stammt von Christian Kuoni, Verwaltungsratspräsident der Jakob Müller Holding AG, und sie zeugt davon, mit welchen Herausforderungen sich das Fricker Unternehmen bald konfrontiert sah, als es den Park, der irgendwann eben nicht mehr modernisiert wurde, gekauft hatte. Seither hat sich vieles getan, neue Wohnungen sind entstanden, alte Wohnungen wurden saniert, neues Gewerbe hat sich angesiedelt. Der Bata-Park erwachte aus seinem Dämmerzustand. Bis es soweit war, brauchte es zähe Verhandlungen. Heute sagt Christian Kuoni: «Ein erster Meilenstein war, dass wir darlegen konnten, aus dem Park nicht einfach Profit schlagen zu wollen. Wir wollten den Park entwickeln.» Offenbar, geht es nach Beurteilung des Aargauer Heimatschutzes, ist dieses Unterfangen gelungen.
Übergabe bis Ende Jahr
Im Interview mit der NFZ erzählen Christian Kuoni und Reto Kuoni, der das Portfolio Bata-Park seit rund fünf Jahren betreut, wie dieser Weg hin zum Gelingen nicht immer einfach war. Und bei diesem Treffen am Dienstagmorgen, selbstverständlich im Bata-Park, sprach Christian Kuoni eben auch von dieser vielleicht wichtigsten Nachricht für die Zukunft. Nämlich, dass sich auch die fünfte Generation der Unternehmerfamilien Kuoni und Bühler zum Bata-Park bekennt. Diese fünfte Generation, das sind Reto Kuoni und Stephan Bühler; beide bereits im Verwaltungsrat tätig, werden sie als gleichberechtigte Partner das Zepter der Jakob Müller Holding AG übernehmen. «Bis Ende Jahr wird die Übergabe abgeschlossen sein», sagt Christian Kuoni.
Diese nächste Generation wird das Unternehmen in eine Zukunft führen, die man trotz Wachstum bei den Immobilien nach wie vor im industriellen Bereich sieht. «Schmaltextilien bleiben mit Abstand unser Stammgeschäft», sagt Christian Kuoni. «Immobilien sind da vergleichsweise ein marginaler Teil.»
«Der Bata-Park soll kein Museum sein»
Ausgezeichnet vom Heimatschutz, gefordert von der Denkmalpflege
Die Jakob Müller AG als Eigentümerin hat dem Bata-Park in Möhlin wieder Leben eingehaucht. Einfach war das nicht. Ein Gespräch mit den Verwaltungsräten Christian Kuoni und Reto Kuoni.
Ronny Wittenwiler
NFZ: Am 19. Oktober bekommt die Jakob Müller Immobilien AG den Aargauer Heimatschutzpreis verliehen. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Christian Kuoni: Sie zeugt von der Wertschätzung für unser Wirken im Bata-Park und davon, dass die Entwicklung nicht als selbstverständlich hingenommen wird. Das freut uns.
Die Rede ist von einem «sorgsamen und verantwortungsvollen Umgang mit dem architektonischen Erbe des Bata-Parks». Ist dieser Umgang manchmal auch Bürde?
Christian Kuoni: Definitiv. Als wir den Bata-Park kauften, waren wir nicht einhundert Prozent darüber informiert, was Heimatschutz oder Denkmalschutz im engeren Sinne bedeutet. Wir mussten lernen, an diese Aufgabe heranzugehen. Sie war kostspielig und mit Bürokratie verbunden. Wir wurden aber von der Denkmalpflege stets gut begleitet (lächelt).
Aus unternehmerischer Sicht: Sind die Vorgaben manchmal übertrieben?
Christian Kuoni: Wir stellten uns sicher manchmal die Frage, ob immer alle Vorgaben der Denkmalpflege sinnvoll sind. Aus energetischer Sicht zum Beispiel präsentiert sich der umgebaute Saal im Clubhaus nicht optimal. Einen Neubau würde heute niemand mehr so planen. Wir mussten uns aber an gewisse Vorgaben halten.
Reto Kuoni: Auflagen können den Menschen in seinem freien Bewegen einschränken. Das ist nun mal so. Im Bata-Park leben und arbeiten aber Menschen, er soll kein Museum sein. Aus Nutzersicht haben wir immer wieder Lösungen gefunden. Der bewusste Umgang mit solchen Errungenschaften wie dem Denkmalschutz ist letztlich aber auch eine Stärke der Schweiz.
Christian Kuoni: In Möhlin steht deshalb die einzige Bata-Siedlung weltweit, die in ihrer Art so erhalten wurde.
Die Jakob Müller AG erwarb den Bata-Park 2005 für 21 Millionen…
Christian Kuoni: Das war die konkursamtliche Schätzung. Aber es ist so, dass wir ungefähr diese Summe zahlten.
Wieviel hat die Firma seither in den Park investiert?
Christian Kuoni: Viel (lacht).
Und alles bereits amortisiert?
Reto Kuoni: Selbst, wenn ich es sagen wollte – ich wüsste die konkrete Summe nicht auf den Franken genau. Es ist wie bei einem Oldtimer: Du kaufst ihn, bist mit Herzblut dabei. Und plötzlich investiert man mehr, als ursprünglich geplant.
Christian Kuoni: Sämtliche Werke sind neu. Kanalisation, Leitungen, Strassen und Beleuchtungen. Der Bata-Park ist bezüglich Infrastruktur das modernste Quartier in Möhlin. Um beim Oldtimer zu bleiben: Wir glaubten beim Kauf zuerst, das Chassis sei noch in Ordnung – stellten aber viel Rost fest.
2016 stellte die Jakob Müller AG die Produktion im Bata-Park ein. Das war beim Erwerb des Parks so nicht vorgesehen.
Christian Kuoni: Im Nachhinein ist man immer gescheiter. Hätten wir gewusst, dass die Finanzkrise 2008 so heftig werden würde, hätten wir den Produktionsstandort Möhlin nicht eröffnet.
Und den Bata-Park gar nicht erst gekauft?
Christian Kuoni: Möglicherweise, ja. Der Entscheid, den Bata-Park zu kaufen, war auch einer aus dem Bauch heraus. 2003 platzten wir schier aus allen Nähten, hatten ein schönes Wachstum. Wir sahen im Bata-Park mit seinen grossen Hallen Wachstumspotential. Damals war der Entscheid richtig.
Das Areal mit seinen Einzonungen erlaubt ein Wachstum im Westen und im Osten. Für wie viele Menschen hat es Platz im Bata-Park?
Reto Kuoni: Ein Masterplan sieht vor, dass einst 800 bis 900 Menschen hier wohnen können. Heute sind es rund 250 bis 300 Menschen und etwa 200 bis 250, die hier arbeiten. Auch der Gewerbeteil mit den alten Lagerhallen ist ausbaufähig. Je nach Betrieb könnten dort 60, 70, 80 Leute pro Gebäude arbeiten.
Die Jakob Müller AG blickt mittlerweile auf eine 132 Jahre alte Firmengeschichte zurück. Der Textilmaschinenhersteller beschäftigt weltweit rund 1000 Mitarbeitende, wovon rund 350 am Hauptsitz in Frick.