Silberschatz im Wald
28.11.2019 NordwestschweizNeuentdeckter römischer Münzhort
In einem Waldstück am Abhang des Adlerberges bei Pratteln hat der ehrenamtliche Mitarbeiter Sacha Schneider im Sommer 2019 einen römischen Schatz mit 293 Silbermünzen entdeckt. Eine erste Sichtung zeigt, dass der Besitzer seine Barschaft – wohl aus Angst vor einem Diebstahl – vor über 1800 Jahren vergraben hat.
PRATTELN. Die Silbermünzen lagen auf engem Raum beisammen, was den Schluss zulässt, dass sie gemeinsam in einer einmaligen Aktion vergraben wurden. Es handelt sich ausschliesslich um Denare, die insgesamt in einem sehr guten Zustand sind – teilweise noch prägefrisch. Höchstwahrscheinlich hat ihr Besitzer sie bewusst wegen ihres Wertes dem Geldumlauf entnommen. Die älteste Münze wurde unter Kaiser Nero (Regierungszeit 54–68 n. Chr.) geprägt, die meisten im 2. Jahrhundert. Die jüngsten Stücke stammen aus der Zeit von Kaiser Commodus und wurden 181/182 n. Chr. in Rom geprägt. Da spätere Münzen, die durchaus in ein solches Ensemble passen würden, fehlen, kann man davon ausgehen, dass der Hort kurz danach vergraben wurde. Der Wert der Münzen war nicht unbeträchtlich und entsprach ungefähr dem halben Jahreslohn eines Legionärs. Der Fund gehört zu den grössten römischen Silberhorten der Schweiz; in der näheren Umgebung wird er nur vom rund 170 Jahre jüngeren Kaiseraugster Silberschatz übertroffen. Der Münzhort wurde vom ehrenamtlichen Mitarbeiter Sacha Schneider bei einer Sondierung der Abhänge des Adlerberges entdeckt. Aus heutiger Sicht ist der Fundort in einem gewöhnlichen Waldgebiet unspektakulär: Es gibt keine Auffälligkeiten, an denen man sich orientieren könnte. In römischer Zeit muss hier aber etwas Besonderes gewesen sein: ein grosser Baum, ein auffälliger Stein oder dergleichen. Der Besitzer hat die Münzen an einem Ort vergraben, den er sich gut merken konnte. Vermutlich wollte er seine Barschaft in einem sicheren Versteck aufbewahren; da Banken im heutigen Sinn in römischer Zeit noch nicht bekannt waren, war dies nicht ungewöhnlich. Warum das kleine Vermögen nie mehr geborgen wurde, darüber schweigt die Geschichte. Die Jahre um 182 n. Chr. waren jedenfalls keine «Krisenzeit»: Die Region erlebte eine ruhige Ära unter der pax romana, die erst 15 Jahre später durch heftige Auseinandersetzungen zweier Thronanwärter ein Ende fand. Wo der Eigentümer gelebt hat, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. In Pratteln sind zwei römische Gutshöfe bekannt: einer in der Flur Kästeli und der andere beim heutigen Dorfkern. Von letzterem aus hätte der Verberger sein Versteck stets im Blick gehabt. (nfz)