Auf Weihnacht folgt 1001 Nacht

  24.12.2019 Herznach

Kreativ, leidenschaftlich, humorvoll und im Herzen Herznacherinnen – das sind die Vorstands-Frauen des Fasnachtsvereins Staffeleggtal. Ihre Wurzeln reichen von der Ostschweiz bis in die Karibik. Fasnacht kannten sie anders oder auch nicht. Nun ist es ihre Leidenschaft – und das auch zur Weihnachtszeit.

Wenige Tage vor Weihnachten, im Saal des «Löwen» in Herznach. Die NFZ sitzt am Tisch mit fünf Frauen. Das Gespräch dreht sich, wie könnte es in diesen Tagen anders sein…um die Fasnacht natürlich. «Die Fasnacht wie ich sie in Cran Canaria erlebt habe, gleicht mehr jener in Rio als der im Fricktal», erklärt Elena van der Kooij, halb Spanierin, halb Holländerin. 1998 erlebte sie ihre erste Fasnacht in der Region – und staunte. Wie muss es da erst Eutil Vogel ergangen sein! Überraschend die Antwort: Eutil kannte die Fasnacht aus Basel. Die Frau aus Trinidad und Tobago, weit draussen in der Karibik, sie ist die einzige Vorstandsfrau vom Fasnachtsverein Staffeleggtal, die an diesem Abend der heiteren Runde in der Herznacher Dorfbeiz fernbleiben muss, aus gesundheitlichen Gründen. Gänzlich unbefangen verlief der Fasnachts-Erstkontakt für Iryna Brogle. In der Ukraine kannte sie so etwas gar nicht. «Ich weiss gar nicht mehr genau, wie es passiert ist, aber in Herznach war ich im Fasnachtsverein, noch bevor ich das erste Mal an einer Fasnacht teilgenommen habe. Was sind Schnitzelbänke habe ich gefragt, das wirst du gleich sehen, wenn sie auftreten.» Brogle lacht. «So ging es mit allem. Learning by doing.» Ob sie nun wegen der orangen Weihnachtsbeleuchtung von der Halb-Holländerin Elena im Haus nebenan in den Verein geholt wurde, oder weil sie einfach so richtig Lust hatte, sich in ihrem Herznach zu engagieren, die Frauen wissen es nicht mehr genau.

Fakt ist, Iryna Brogle bildet zusammen mit Sonja Hasler das für die aufwändigen Dekorationen bekannte Kreativ-Team im Vorstand, während Danila Dinolfo, Ostschweizerin mit italienischem Blut, keine Mühen scheut, Sponsoren für die Dorffasnacht aufzutreiben und sicher schon 60 Guggen kontaktiert hat, um neben der Tanzmusik auch Guggenmusik nach Herznach zu bringen. Unter den ersten, die zusagen sind jeweils die «Chriesi-Chlöpfer» aus Wölflinswil.

Schlaflose Nächte
Apropos Fasnachts-Samstag. Das war nicht immer so. Noch vor zwei Jahren gab es am Donnerstagabend die Schnitzelbänke mit Musik-Unterhaltung, am Samstagnachmittag den Kinderumzug mit anschliessendem Kinderball und am Abend dann den Maskenball, zu dem die Kinder keinen Zutritt hatten. Familien, die nicht gemeinsam Fasnacht feiern konnten, entschieden sich schon mal zu Hause zu bleiben. Unkonventionelle Lösungen und neue Impulse waren gefragt. Doch mit Traditionen brechen, das ist so eine Sache. Verkürzung auf einen Tag, dafür eine Familienfasnacht von A bis Z – so die radikale Idee der internationalen Powerfrauen. Die Frage war nur, ob diese Veränderung im Dorf auch akzeptiert würde. «Wir hatten schlaflose Nächte und Albträume», erzählt Danila Dinolfo. Nadja De Paris nickt, Elena van der Kooij senkt schuldbewusst den Blick. Sonja Hasler und Iryna Brogle schweigen, was ja auch Bände spricht. Die Erinnerung an diese langen Nächte der Ungewissheit hat sie alle fest im Griff. Für einen kurzen Moment herrscht Ruhe im Löwen-Saal. «Um Ruhe und einen geregelten Ablauf habe ich mich an unseren Sitzungen auch bemüht, jetzt versuche ich’s gar nicht mehr», meldet sich Van der Kooij als erste zurück.

Tradition weitergeben
Die Rechnung mit dem Fasnachts-Samstag übrigens, die ging auf. Allein 170 Kinder im Saal, eine tolle Stimmung, was will man mehr! «Die Leute im Dorf schätzen unsere Leidenschaft und danken es, indem sie mit uns feiern.» Wenn schon alles auf den Kopf stellen dann richtig, dachte sich Danila Dinolfo. Seit 2018 bereichert eine fulminante Zumba-Show die Fasnacht. Am 22. Februar ist es wieder soweit. 1001 Nacht ist dann das Motto. Von Bauchtanz wird gemunkelt. «Eine Fasnacht für die ganze Familie ist die einzige Möglichkeit, unseren Kindern die Tradition weiterzugeben», sind sich die Frauen einig. Die Animation der Kinder haben sie mittlerweile ganz in die Hände des Nachwuchses übergeben. Und die Verjüngung im Verein soll weiter gehen, der zwar nur gerade 21 Mitglieder zählt, dafür eine Unmenge an freiwilligen Helferinnen und Helfern. «Auch unsere Männer dürfen unfreiwillig gerne mithelfen.» Gelächter. Und wie kam eigentlich Nadja De Paris in den Vorstand? «Weil ihr Mann meinte, sie solle sich in einem Verein engagieren», sagen die anderen. Gelächter schon wieder. «Mein Mann hasst Fasnacht», sagt sie, «aber auch er macht ganz selbstverständlich mit.» Alles klar. Wie es in Herznach früher war, als die turnenden Vereine die Fasnacht organisierten, als es noch Umzug mit Wagen gab? Sonja Hasler, die Einheimische, ist die einzige, die es wissen könnte – wäre sie nicht zu jung.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote