Böllerschüsse in Wegenstetten

  02.06.2021 Wegenstetten

Fronleichnam wird lautstark gefeiert

Fronleichnam ist ein Hochfest der katholischen Kirche und wird an verschiedenen Orten auf der Welt entsprechend gefeiert. So auch in Wegenstetten.

Hans Zemp

Das Wort Fronleichnam stammt aus dem Mittelhochdeutschen und setzt sich aus «vron» oder «fron» (Herr) und «lichnam» (lebendiger Leib) zusammen. Gefeiert wird dieses Hochfest der Katholiken ursprünglich am zweiten Donnerstag nach Pfingsten. Kirchliche Schwerpunkte bei der Feier bilden der Gottesdienst und die anschliessende Prozession. Die Entstehung geht ins frühe 13. Jahrhundert zurück. Papst Urban IV. erklärte Fronleichnam zum Hochfest. Der Reformator Martin Luther beurteilte später die Prozession als Gotteslästerung. Schliesslich haben sich die beiden Konfessionen wieder gefunden. Heute wird Fronleichnam an vielen katholischen Orten am zweiten Sonntag nach Pfingsten gefeiert. Man nimmt mit dieser Verschiebung auf die auswärts arbeitenden Bevölkerungsteile der Dörfer und die Kinder, die auswärtige Schulen besuchen, Rücksicht. Vor rund 200 Jahren, eventuell sogar noch früher, entstand auch in Wegenstetten die Tradition, das Fest lautstark mit Böllerschüssen zu beehren. Damals wurde noch am Donnerstag geschossen. Heute ist es ebenfalls am Sonntag. Geschossen wurde früher mit sogenannten «Katzenköpfen», wie Gerhard Schreiber die alten Geräte nennt. Er besitzt sie noch immer. Das sind dickwandige Rohre, die hinten eine kleine Öffnung haben, das sogenannte Zündloch. Heute werden am Morgen zuerst fünf alte Geschütze, Nachfolger der «Katzenköpfe» eingesetzt. Während des Hochamtes und der Prozession zwei neuere Geräte. Von vorne wird dann Schwarzpulver eingefüllt. Darüber etwas Stroh und zuvorderst etwa ein Liter Lehm. Beim Zündloch wird die Lunte oder Zündschnur eingezogen und zur Anzündstelle gelegt.

So schiessen die Wegenstetter
Früher um fünf Uhr in der Früh, heute drei Stunden später, werden zur Feier des Hochfestes fünf Schüsse gezündet. Bei der Wandlung in der Kirche lässt man zwei weitere Böllerschüsse ertönen. Nach dem Hochamt begeben sich die Gottesdienstbesucherinnen und Besucher auf eine Prozession durch das Dorf. Im Dorf sind vier Altäre aufgestellt. Bei jedem erteilt der am Umzug teilnehmende Pfarrer den Segen. Dies führt jedes Mal zum weiteren Zünden von zwei Böllerschüssen. Das Finale hört man schliesslich nach der Rückkehr bei der Kirche beim Schlusssegen. Geschossen wird aber nicht, wenn wetter- oder wie in diesem Jahr corona-bedingt keine Prozession stattfinden kann.

Das Zünden der Böllerschüsse lag und liegt seit sehr langen Jahren mehrheitlich in der Verantwortung der Familien Schreiber und Schlienger. So hat Gerhard Schreiber während sechzig Jahren dafür verantwortlich gezeichnet. Lange Jahre stand ihm Stefan Schreiber-Schmidt zur Hand. Heute führen Andreas Schlienger als Kanonist und Hannes Schlienger die Tradition weiter. Sie werden dabei von Anita Portenier, sie ist für sie Kommunikation und das Timing zuständig, unterstützt. Die aktuell eingesetzten Kanonen wurden 1975 gefertigt.

Wie stellt sich die Bevölkerung zu dieser Tradition?
Gerhard Schreiber kann beobachten, dass die Akzeptanz im Volk gross ist und sich der Brauch einer erfreulichen Breite erfreut. Natürlich gebe es immer Leute, die gegen solche Traditionen seien und sogar dagegen opponieren. Aber mehrheitlich wolle man doch daran festhalten. Die Verantwortlichen, allen voran Veteran Gerhard Schreiber, sind natürlich ungebrochen Feuer und Flamme dafür. Darum hofft man auch, dass dieser Brauch noch lange weitergeführt werden kann. Die Abstützung im Volk sei aber wichtig.


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