Schwerelos und frei wie ein Vogel

  09.01.2022 Gipf-Oberfrick

Als Segelflugpilotin erlebt man das «echte» Fliegen, ohne die Hilfe eines Motors

Nur etwa 4 Prozent der Segelflugbrevets in der Schweiz sind auf Frauen ausgestellt. Sarah Schröder ist eine davon. Sie erzählt, was die Faszination Segelflug ausmacht und gewährt spannende Einblicke in diese Sportart.

Mirjam Held

«Ich wünschte es jedem, einmal einen Segelf lug erleben zu dürfen und sich dabei so frei wie ein Vogel zu fühlen. Das ist einfach wunderbar.» So beschreibt Sarah Schröder den Segelflug. Bevor man diese Freiheit so unbeschwert geniessen kann, verlangt das Brevet so einiges von einem ab.

Während der Ausbildung musste Sarah Schröder alle anderen Aktivitäten zurückstellen. Jede freie Minute verbrachte sie auf dem Flugplatz in Bad Ragaz. Dieser schult als einziger Platz in der Schweiz seine Flugschüler über die Wintermonate. Eine Abmachung mit der Gemeinde ermöglicht dies. Man startet im November und ist im kommenden Frühling im stolzen Besitz eines Segelflugbrevets. Es ist eine intensive Zeit. Mit circa 100 Landungen ist man bereit für die praktische Prüfung. Natürlich wird auch eine theoretische Prüfung abgelegt.

Wie kam Sarah Schröder zum Segelflug?
Seit Kindheit wollte sie Gleitschirm f liegen. Nach ihrer Ausbildung wusste sie nicht so recht, was sie mit den langen Ferien anfangen soll. Sie befand sich damals in der Rekonvaleszenz einer Knieoperation. Skiund Bergtouren waren somit nicht möglich. Ferien ohne Sport gibt es für Sarah Schröder nicht.

Ihr Partner hatte die Ausbildung zum Segelflugpiloten einige Jahre zuvor gemacht. Damals war auch Sarah Schröder des Öfteren auf dem Flugplatz. Die Wartung und die Technik der Segelflugzeuge weckten ihr Interesse. Mit dem Gedanken «entweder es packt mich, oder es war einfach eine gute Erfahrung», startete sie in den ersten Schnupperkurs in Schänis. Bis heute hat sie der Segelf lugsport nicht mehr losgelassen.

«Eigentlich bin ich eher ängstlich»
So ganz ungefährlich ist der Segelflugsport nicht. Mittels einer Winde oder eines Schleppf lugzeugs wird man in die Höhe gezogen. Um nicht sofort im Gleitflug wieder landen zu müssen, werden Aufwinde gesucht, die man an den typischen Wolken erkennt. «Eigentlich bin ich eher ängstlich», erzählt Sarah Schröder. Jeder Flug erfordert eine gute Planung. Wichtig dabei ist, dass er so geplant wird, dass immer eine Alternative (wie beispielsweise ein gutes Feld zum Landen) da ist, wenn zum Beispiel die Thermik (Aufwinde) ausgeht. Eine Aussenlandung ist nicht etwa gleichzusetzen mit einer Notlandung. Das betont Sarah Schröder ausdrücklich. Eine Notlandung steht immer im Zusammenhang mit einem Problem, sei es ein Defekt oder ein medizinisches Problem. Eine Aussenlandung ist eine kontrollierte Landung auf einem Feld, wenn der Pilot merkt, die Thermik reicht nicht mehr auf den Flugplatz zurück. Steht also mitten auf einem Feld ein Segelflugzeug ist es meist nicht notgelandet, sondern die Landung wurde bewusst so eingeleitet.

Feuertaufe
Sarah Schröder scheute sich immer davor, in eine Situation zu kommen, bei der eine Aussenlandung notwendig ist. Sie versuchte das immer zu umgehen und flog deshalb immer im Trichter (so, dass es ihr immer auf einen Flugplatz reichte). Bis zu diesem Flug in der schwäbischen Alb. «Ich habe nie eine komfortable Höhe erreicht und flog entlang der Albkante. Zuerst wollte ich auf dem Flugplatz landen. Doch dann sah ich eine Wolke und dachte mir, die könnte gehen. Weit unten im Tal sah ich Felder, auf denen ich landen könnte, sollte diese eine Wolke nicht funktionieren. So f log ich hoch motiviert auf diese Wolke zu. Ich war fest davon überzeugt, dass es klappt. Leider war dem nicht so. Also flog ich ins Tal, suchte ein passendes Feld und machte die Landeeinteilung.»

Ohne Komplikationen landete Sarah Schröder auf dem Feld. Kaum setzte sie auf, gratulierte ihr ein Kollege am Funk, der direkt über ihr flog, zur ersten geglückten Aussenlandung.

Babajagas
Sarah Schröder ist Aktuarin im Verein der Segelfliegerinnen. Weltweit nennt man die Segelf liegerinnen auch Hexen. Der Ursprung stammt von den Polinnen. 1949, beim ersten Segelf lugwettbewerb der Damen, leisteten die Polinnen Pionierarbeit. In ihrem Logo hatten sie eine Hexe (Babajaga). Zahlreiche Vereine weltweit übernahmen danach dieses Symbol in ihr Logo. Findet heute ein internationaler Segelf lugwettbewerb der Damen statt, so zelebrieren die Hexen die Babajaga-Zeremonie. Verkleidet als Hexen tanzen sie ums Feuer und leisten den Segelfliegerinnen-Schwur.

Weitere Infos über den Segelflugsport: www.segelflug.ch www.segelfliegerinnen.ch


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