Ein Kreislauf

Helen Schmid, Wittnau

Mein Mann und ich gönnten uns im Sommer Ferien in Frankreich. Wir sind in der Nacht südwärts gefahren und am frühen Morgen in einer charmanten Stadt mit südlichem Flair angekommen. Die Läden und Restaurants noch geschlossen, entschieden wir uns für einen Morgenspaziergang durch die Altstadt mit den angrenzenden Quartieren.

Was es da alles zu entdecken gab! Der städtische Reinigungsdienst war bereits am Säubern der Strassen und am Leeren der überfüllten Mülltonnen, ab und zu fuhr ein Auto vorbei. Bei einem alten Wohnblock öffnete sich die Haustüre, eine Frau kam schlaftrunken raus, wühlte im Abfalleimer, der auf der Strasse stand, und suchte nach etwas Brauchbarem zum Essen. Eine Strasse weiter begegnete uns ein älterer Mann. Er fragte uns nach etwas Kleingeld, um Brot kaufen zu können. An einer anderen Ecke putzte ein anderer Mann eine Konservendose mit dem Finger aus.

Es ist immer noch ruhig im Städtchen, hie und da öffneten sich Fenster, es scheint wieder heiss zu werden. Allmählich erwachte das Leben und wir standen kurz vor acht Uhr vor einem Supermarkt und ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen! An einem gewöhnlichen Wochentag wartet bereits eine Schar Menschen auf das Öffnen des grossen Tores. Kaum war es so weit, stürmten sie rein in Lebensmittelgeschäfte, Kleiderläden und Restaurants. Im grossen Supermarkt wurden palettenweise Lebensmittel angeliefert und von vielen Angestellten die Gestelle aufgefüllt. Teigwaren, Reis und viele andere verpackte Produkte schickten sie einander zu. Der letzte in der Reihe füllte die Regale. Im nächsten Abteil das gleiche Bild mit Käse und Fleischpäckli, Konservendosen und anderen Nahrungsmitteln. Dabei haben die Mitarbeitenden einander Geschichten erzählt und gelacht.

Die Morgenstimmung mit der fröhlichen Musik im Geschäft war eigentlich gut, die Arbeitenden machten ihren Job. Doch irgendwie tat es mir etwas weh und ich fragte mich: Machen sich die Arbeitenden und die Menschen allgemein Gedanken, woher diese Nahrungsmittel kommen? Ist ihnen der Weg der Entstehung eines Produktes vom Landwirt bis ins Ladengestell bewusst? Alles gibt die Natur her und hinter jedem Produkt steht irgendwo ein Bauer. Es scheint hier niemanden zu jucken. Im Lautsprecher beginnt eine Stimme, die Tagesaktionen bekannt zu geben. Die riesengrosse Fläche des Ladens füllt sich immer mehr mit Menschen, die kleinere und grössere Mengen an Essbarem einkaufen. Und der Kreislauf nimmt seinen Weg. Was in den Haushalten nicht verspeist wird, fliegt zum Teil ungeöffnet in die Mülltonne. Bleibt zu hoffen, dass es wieder jemand, der in Not ist, findet.

www.landfrauen-laufenburg.ch www.landfrauen-rheinfelden.ch

LANDFRAUEN BEWEGEN

Image Title

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Ja. Ich benötige ein Abo.

Article

Image Title