Die doppelte Rheinfelderin

  19.02.2023 Persönlich, Rheinfelden

Michèle Dürrenberger verkörpert das grenzüberschreitende Rheinfelden wie kaum jemand anders. Sie ist auf Schweizer Seite aufgewachsen und wohnt heute mit ihrer Familie im Badischen. Seit vergangenem Jahr ist die Rechtsanwältin Präsidentin des musikalischen Förderfonds der Musikschule Unteres Fricktal.

Valentin Zumsteg

Wenn Michèle Dürrenberger aus dem Fenster ihrer Anwaltskanzlei in der Rheinfelder Marktgasse schaut, dann sieht sie den Rhein und das Ufer von Badisch Rheinfelden. Das passt zu der 43-Jährigen, die wie nur wenige den grenzüberschreitenden Gedanken lebt. «Ich bin auf beiden Seiten des Rheins heimisch und verwurzelt», betont sie. Aufgewachsen und zur Schule gegangen ist sie im Schweizer Rheinfelden, nach der Matura an der Neuen Kantonsschule in Aarau hat sie in Freiburg im Breisgau (D) studiert und seit elf Jahren lebt sie mit ihrem deutschen Mann und dem gemeinsamen Sohn in Nollingen, einem Ortsteil von Badisch Rheinfelden.

«Globi kennt niemand»
«Wir wohnen nur wenige Kilometer von der Grenze entfernt, doch man spürt schon, dass es ein anderes Land ist. Manchmal merkt man die Unterschiede an kleinen Dingen: Wenn ich zum Beispiel von Globi erzähle, mit dem in der Schweiz jedes Kind aufwächst, versteht das in Deutschland niemand.»

Dürrenberger hatte bereits als Jugendliche einen grossen Freundeskreis in Badisch Rheinfelden. «Das war eigentlich aussergewöhnlich, meine Schweizer Freunde kannten kaum Leute im Badischen.» Einer deutschen Freundin ist es zu verdanken, dass sie in Freiburg studiert hat. «Ich habe mit ihr zuvor eine Vorlesung besucht. Das hat mir sehr gefallen, so kam ich auf die Idee, in Deutschland Jura zu studieren.» Vorher hätte sie sich vorstellen können, Medizinerin zu werden. «Heute kann ich aber sagen, dass Rechtsanwältin zu mir passt und der richtige Beruf ist.»

Sie fühlt sich wohl in beiden Ländern, hat Verwandte und Freunde hüben wie drüben. «Ich nehme die Grenze im Alltag überhaupt nicht mehr wahr. Umso grösser war der Schock, als in der Corona-Zeit die Grenzen plötzlich geschlossen waren. Das hat mich zu Beginn emotional sehr getroffen, denn es war für mich völlig undenkbar, dass so etwas je möglich sein wird.» Eine Herausforderung war der dreimalige Lockdown auf deutscher Seite. Ihr Sohn konnte während Monaten nicht zur Schule gehen. «Glücklicherweise war die Lehrerin sehr engagiert. Sie hat den Kindern regelmässig Arbeitsblätter nach Hause gebracht und mit ihnen geredet.»

Während das Privatleben heute eher auf deutscher Seite spielt, ist sie als Rechtsanwältin vor allem in der Schweiz tätig. In der Anwaltskanzlei, die sie zusammen mit Sandra Mäder gegründet hat, arbeiten heute insgesamt vier Rechtsanwältinnen. Im Zentrum der Tätigkeit stehen Arbeitsrecht, Familienrecht sowie Kinds- und Erwachsenenschutzrecht. «Alles, was mit Menschen zu tun hat.»

Musikunterricht allen ermöglichen
Dürrenberger arbeitet aber nicht nur in der Schweiz, sie engagiert sich hier auch für die Musikschule Unteres Fricktal. Seit vergangenem Jahr ist sie Präsidentin des Musikalischen Förderfonds der Schule. Dieser setzt sich dafür ein, möglichst allen Schülerinnen und Schülern – unabhängig von der wirtschaftlichen Lage der Eltern – Musikstunden zu ermöglichen. «Die Musik ist für Kinder essenziell. Sie fördert ganz viele Fähigkeiten. Musik bringt das Kognitive und die Bewegung zusammen», sagt Dürrenberger. Pro Jahr gehen beim Fonds einige Dutzend Gesuche ein. «Einen grossen Teil können wir positiv beantworten. Das heisst, der Fonds übernimmt einen Teil der Kosten oder sogar die ganzen Kosten für den Musikunterricht, je nach finanzieller Lage der Eltern.» Zu jedem Gesuch, das ein dreiköpfiges Gremium prüft, wird ein Bericht verfasst. «Es ist schön, wenn ich den Familien anschliessend einen Brief schreiben und ihnen mitteilen kann, dass das Gesuch bewilligt worden ist. Sonst freut man sich ja nicht immer, wenn man ein Schreiben von einer Anwältin erhält.» Dank des Förderfonds kommen jährlich rund 30 Kinder in den Genuss von Musikunterricht, deren Eltern es sich sonst nicht hätten leisten können. Finanziert wird diese Unterstützung über Gemeindebeiträge, Gönner und Kollekten an Konzerten. «Es gibt immer wieder sehr grosszügige Spenden, dafür sind wir dankbar.»

2xRheinfelden jeden Tag
Michèle Dürrenberger ist selber auch musikalisch erzogen worden, ihr Vater Hans Dürrenberger ist Gründer von «Dübi’s Big Band». «Als Kind spielte ich Flöte und später Oboe. Ich habe auch immer im Chor gesungen. An der Kanti lernte ich dann noch Klavier, allerdings mit mässigem Erfolg», sagt Dürrenberger. Heute spielt sie selber nicht mehr oft Musik, sie begleitet aber ihren Sohn, der mit Flöte begonnen hat.

Das Leben in beiden Ländern gefällt Michèle Dürrenberger, sie empfindet es als Bereicherung, zwei Kulturen mitzuerleben. «Ich habe den Umzug nie bereut.» Die gemeinsame grenzüberschreitende Zeitschrift der beiden Städte heisst «2xRheinfelden». «Dieses Motto lebe ich jeden Tag.»

Weitere Informationen zum Musikalischen
Förderfonds der Musikschule Unteres Fricktal: www.mu-uf.ch/musik_foerderfonds_mff.24.html


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