«Heimat und Ferne» – nordische und östliche Klänge
01.12.2022 Musik, RheinfeldenFrischer Wind im Orchester beider Rheinfelden. Neben neuer Dirigentin und Konzertmeisterin haben viele junge Musikerinnen und Musiker am vergangenen Konzert mitgewirkt. Zugleich wurde in einer herzlichen Ansprache der langjährige Präsident Jean Jacques de Wijs verabschiedet.
Birgit Schlegel
Dass das Orchester beider Rheinfelden (OVR) nicht mehr aus der lokalen Kulturagenda wegzudenken ist und eine treue Hörerschaft hat, war am vergangenen Konzert gut sichtbar. Bis auf den letzten Platz war der Kurbrunnensaal gefüllt. «Ich bin etwas nervös geworden, als ich die vielen Besucherinnen und Besucher draussen gesehen habe», meinte der Präsident Jean Jacques de Wijs in seiner wie gewohnt humorvollen Begrüssung. Zudem informierte er über Veränderungen in der Leitung, denn mit der Dirigentin Clara Kost und der Konzertmeisterin Ursula Schnepp haben nach dem vergangenen Konzert im März zugleich zwei Frauen wichtige musikalische Funktionen übernommen. Ein sehr anspruchsvolles Programm haben die beiden Musikerinnen für ihren Einstand ausgewählt. Unter dem Titel «Heimat und Ferne» erklangen romantische Werke von Edvard Grieg und Jean Sibelius sowie zwei selten gespielte Perlen von Sergei Rachmaninoff und Alexander Borodin.
Und bereits mit Borodins «Steppenskizze aus Mittelasien» zum Konzertbeginn wurde dem Orchester alles abverlangt: Der schier unendlich lange Liegeton in den hohen Streichern, die feine Pizzicatobegleitung in der Tiefe, die für Bewegung sorgt, und darüber immer wieder solistische Melodiebögen in den Bläsern. Was für den Zuhörer ein stimmungsvoller Konzerteinstieg ist, ist für das Orchester eine delikate Angelegenheit, ist doch das eher kurze Werk sehr durchsichtig und aufs Minimum reduziert komponiert. Die Dirigentin Clara Kost lud die einzelnen Bläsersoli mit einer deutlichen Dirigiersprache zum Musizieren ein, schaffte im Mittelteil einen straffen Tuttiklang und liess mit einer ruhigen Interpretation bis zum Schlusston die weite der Steppe erahnen.
Gleich dreimal kam das Publikum in den Genuss von Gry Elisabeth Knudsens Sopran. Die norwegische Sängerin – seit vielen Jahren Lehrperson für Gesang an der Musikschule Unteres Fricktal – bot, jeweils in der Originalsprache, neben Griegs berühmtem «Solvejg’s Wiegenlied» und Sibelius’ «Finlandia» auch Rachmaninoffs selten gehörten «Chanson géorgienne» dar. Mit viel Pathos gestaltete die Sopranistin das Werk und schaffte es dadurch, obwohl in russischer Sprache gesungen, das von Elend und Sehnsucht zeugende Werk der Zuhörerschaft verständlich zu machen. Die Dirigentin Clara Kost liess sich von der Agogik der Solistin mitreissen und führte ihr Orchester lebendig durch die facettenreiche Kostbarkeit.
Im zweiten Konzertteil dominierten unbeschwerte musikalische Themen. In Edvard Griegs Peer Gynt Suite Nr. 1 sowie in der Karelia Suite von Jean Sibelius zeigte das Orchester beider Rheinfelden seine Vorliebe für tänzerische Elemente. Da war ein wunderbarer Streicherklang zu hören, weich und sauber in der Intonation, und von der Dirigentin in der Dynamik gefordert. Sauber artikulierte Bläsersätze in den Hörnern und Trompeten überzeugten in den Marschthemen. Und dazwischen immer wieder lyrische Solis in den Holzbläsern.
Das Publikum bedankte sich zum Konzertschluss mit einem langanhaltenden Applaus und zeigte seine Begeisterung für all die neuen Mitwirkenden. Man darf gespannt sein, in welche Richtung sich das Orchester beider Rheinfelden musikalisch weiterentwickeln wird.