Einst Pioniere, heute zwei von vielen

  28.09.2022 Brennpunkt, Schule, Oberhof, Wölflinswil

Zwei Jahrzehnte nach dem ersten Anlauf haben im Juni die beiden Gemeindeversammlungen den Kredit für Fusionsabklärungen bewilligt. Jetzt ist die Bevölkerung aufgerufen, sich in sieben Arbeitsgruppen am Prozess zu beteiligen. Intensive Diskussionen verspricht insbesondere der Bildungsbereich mit den beiden Schulen.

Simone Rufli

Wölflinswil und Oberhof gehörten vor mehr als zwanzig Jahren zu den ersten Gemeinden im Kanton, die laut über eine Fusion nachdachten. Ausgelöst durch einen Antrag an einer Gemeindeversammlung in Wölflinswil, scheiterte das Vorhaben damals allerdings bereits an der ersten Hürde: Anders als im Juni dieses Jahres wurde im Jahr 2001 der Kredit für Fusionsabklärungen in beiden Gemeinden noch wuchtig abgelehnt. Die Zusammenarbeit hingegen wurde immer intensiver: Von der Gemeinschaftsverwaltung über die Feuerwehr bis zur Musikgesellschaft wird in Dutzenden Bereichen eng und erfolgreich zusammengearbeitet. Und doch kann sich heute knapp die Hälfte der Einwohner von Wölflinswil und Oberhof eine Fusion mit einer Nachbargemeinde vorstellen, wie eine Bevölkerungsumfrage aus dem Jahr 2020 ergab.

Es fehlte die Auseinandersetzung
Alice Liechti-Wagner war um die Jahrtausendwende Frau Gemeindeammann von Wölflinswil und hat den Antrag an der Gemeindeversammlung im Jahr 2000 entgegengenommen. Die Ausgangslage sei heute ganz anders, meint sie im Gespräch mit der NFZ: «Vor 22 Jahren war Fusion so etwas wie ein Pionierthema, mit dem sich die Bevölkerung noch gar nicht auseinandergesetzt hat.» Und mit einem Augenzwinkern: «Inzwischen weiss man, dass man eine Fusion überleben kann.»

Für die Präsidentin der Die-Mitte-Ortspartei von Wölflinswil sind die Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur mitentscheidend, dass man Zusammenschlüssen heute offener gegenübersteht. «Die jungen Menschen sind noch mehr unterwegs als vor zwanzig Jahren. Man hat Kollegen in verschiedenen Nachbardörfern, Distanzen sind kaum mehr von Bedeutung. Für viele spielt es keine Rolle, ob sie in Wölflinswil, in Wittnau oder in Gipf-Oberfrick auf die Verwaltung gehen.» Sie sei gespannt auf die Diskussionen in den Arbeitsgruppen und habe sich auch bereits für die Mitarbeit angemeldet, so Alice Liechti-Wagner.

Wie Gemeindeschreiber Frank Reinhardt auf Anfrage bestätigt, sind auch schon andere Anmeldungen für die Mitarbeit in den Arbeitsgruppen auf der Verwaltung eingegangen. «Wir haben auch angeregt, dass das Gemeindepersonal mitmachen soll», so Reinhardt. Auch Gemeinderäte werden vertreten sein und Kommissionsmitglieder.

Jeder Prozess speziell
Beim Abklärungsprozess von Berufs wegen an vorderster Front mit dabei ist der von Wölflinswil und Oberhof beauftragte Projektleiter Martin Hitz (AWB Comunova AG). Er hat schon viele Gemeinden auf diesem Weg begleitet, darunter Herznach und Ueken. Trotzdem betont er: «Ich ziehe nichts Vorgefertigtes aus der Schublade. Jede Fusionsabklärung ist speziell. Jedes Mal muss man zuerst ein Gespür für die am Prozess beteiligten Gemeinden entwickeln. In diesem Fall ist sicher die ausserordentlich enge Zusammenarbeit speziell, doch beim Thema Schule wird es noch viel zu bereden geben.»

So oder so kein Geld
Die Schule, beziehungsweise die beiden Schulen, das ist auch für Oberhofs Gemeindeammann Roger Fricker das matchentscheidende Thema. «Wir haben in Oberhof in den letzten Jahren viel in die Schulanlage investiert.» Für den Fall einer Fusion meint er: «Ich kenne keine Gemeinde im Aargau, die nur rund 2000 Einwohner zählt, so viel Finanzausgleich bekommt wie wir und dann noch zwei funktionierende Schulhäuser hat.» Er befürchte, dass nach einer allfälligen Fusion der Druck vom Kanton nicht lange auf sich warten lassen würde, die Schule auf einen Standort zu konzentrieren. «Das müssen wir auch bei der Nutzungsplanung mitbedenken.» Ob mit oder ohne Fusion, das Grundproblem bleibe sich gleich, so Roger Fricker: «Wir haben kein Geld. Das Geld, das der Kanton bei einer Fusion auszahlt, ist schnell weg.» Er sei gespannt auf die bevorstehenden Diskussionen, auch weil die Bevölkerung in etwa hälftig für und gegen die Fusion sei.

Angenommen es kommt zu einer Fusion. Was würde er als Ortsname bevorzugen, Wölf linswil-Oberhof oder Oberhof-Wölflinswil? Fricker lacht: «Natürlich Oberhof-Wölflinswil – wegen der Reihenfolge im Alphabet.» Und ernst: «Weder noch. Für mich persönlich müsste dann ein neuer Name her. Als Zeichen, dass wir zum Neuen stehen.»

Anmeldungen für die Mitarbeit in den Arbeitsgruppen sind bis am 9. Oktober 2022 möglich: gemeindekanzlei@woelflinswil.ch gemeindekanzlei@oberhof.ch per Telefon 062 867 60 40 oder persönlich auf der Gemeinschaftsverwaltung Wölflinswil-Oberhof.


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